Beeidigung und öffentliche Anstellung von Gewerbetreibenden.
(GS. 41) sind da, wo besondere Bestimmungen
sehlen, die Winisterien befugt, über die An-
stellung nähere Bestimmungen zu erlassen
(68 51, 52 a. a. O.). In Ermangelung beson-
derer Bestimmungen . nach Polizeigesetz
vom 11. März 1850 (GS. 265) die Polizei-
behörden als zuständige Staatsbehörden an-
zusehen (OME. vom 21. Sept. 1881). Die B.
und Anstellung der Auktionatoren erfolgt durch
die Regierungspräsidenten, in Frankfurt a. O.
durch den Magistrat, in den hohenzollernschen
Landen durch die Ortspolizeibehörden (Vor-
schriften vom 10. Juli 1902 Nr. 62, 67 — PMl-
Bl. 279). Dispacheure dürfen von Staats= und
Kommunalbehörden nicht angestellt werden.
Chemiker werden von den Regierungspräsi-
denten angestellt, doch Kkann auch die Ver-
eidigung den Landräten und städtischen Polizei-
behörden übertragen werden (HME. vom
21. Sept. 1881 und vom 18. Jan. 1882). Nach
Handelskammergesetz §§ 42, 44 Abs. 1 sind
die Handelskammern (s. d.) und khaufmänni-
schen Korporationen (s. d.) befugt, mit Aus-
nahme der Auktionatoren alle in GewO.
§ 36 aufgeführten Gewerbetreibenden und
Dispacheure zu beeidigen und anzustellen.
Soweit die Handelskammern zur Anstellung
von Gewerbetreibenden befugt sind, sollen die
Staats= und Kommunalbehörden eine An-
stellung nicht vornehmen. Wenn im Einzel-
fall ein Bedürfnis hervortritt, eine Anstellung
durch Behörden vornehmen zu lassen, so ist die
Entscheidung des HMl. einzuholen. Uber jede
Anstellung ist dem Präsidenten des Land-
gerichts, für dessen Bezirk die Anstellung er-
folgt ist, Mitteilung zu machen; das gleiche
gilt, wenn in der Anstellung Veränderungen
eintreten (AusfAnw. z. Gew O. vom 1. Mai
1904 — HMnMl 123 — Ar. 51). Die Form
des Eides ist für Auktionatoren durch die
Vorschriften vom 10. Juli 1902 Nr. 62 und
für die Vereidigungen der Handelskammern
und kaufmännischen Korporationen durch HME.
vom 29. Sept. 1897 und vom 29. März 1900
vorgeschrieben. Die Anstellung erfolgt nur
nach Maßgabe des Bedürfnisses (OME. vom
6. Juni 1901; Vorschriften für Versteigerer
vom 10. Juli 1902 Nr. 61); sie kann, da
GewO. 8 40 Abs. 1 keine Anwendung findet,
auf Widerruf erfolgen. Die Anstellung ist
bekanntzumachen.
UI. Befugnisse der Angestellten. Die
Gewerbetreibenden werden durch ihre An-
stellung nicht ohne weiteres öffentliche Be-
amte; sie sind vielmehr Gewerbetreibende,
deren Handlungen gesetzlich eine besondere
Glaubwürdigkeit beigelegt oder an deren
Handlungen gesetzlich besondere Wirkungen
geknüpft sind (RSt. 4, 422; 17 S. 94, 291;
18, 37; O. 21, 336). Eine ausschließliche
Gewerbeberechtigung besitzen die Gewerbe-
treibenden, auch wenn ihre Anstellung für
bestimmte Bezirke erfolgt ist, nicht (OB.
20, 343; OVe#. vom 15. Sept. 1884 — Pr VBil.
6, 19; vom 20. Jan. 1890 — Pr VWl. 11, 547;
R# 2, 272; 5, 310; 16, 462). Für das Ge-
biet des Zivilprozesses Kommt ihnen eine be-
sondere Glaubwürdigkeit nicht zu, da die be-
treffenden landesrechtlichen Vorschriften durch
203
EG. z. ZPO. 8§ 14 aufgehoben sind. Die be-
eidigten und angestellten Gewerbetreibenden
gelten, im Gegensatze zu den „allgemein be-
eidigten Sachverständigen"“, als „döffentlich
bestellte Sachverständige- im Sinne der
Prozeßgesetze (vgl. 3P. 88 404, 407, 410;
St PO. 88 73, 75, 79; 56GB. 8§ 488, 492).
Bei den zuerst genannten Sachverständigen
genügt die Berufung auf den allgemein ge-
leisteten Eid, während bei den anderen Sach-
verständigen das Gericht im Einzelfalle zu
entscheiden hat, ob noch eine Eidesleistung er-
forderlich ist. Offentlich bestellte Sachverstän-
dige sollen von den Gerichten vorzugsweise
zu Sachverständigen in der einzelnen Rechts-
sache gewählt werden und sind verpflichtet,
der gerichtlichen Ernennung zum Sachverstän-
digen Folge zu leisten. Die Gerichte ver-
eidigen Sachverständige im allgemeinen nur
für gerichtliche Angelegenheiten. Uber die
allgemeine B. von Sachverständigen für ge-
richtliche Angelegenheiten s. AG. z. GV.
§ 86 (GS. 1899, 277) und Erl. vom 5. Febr.
1900 (JM,l. 48), vom 19. März 1901 (Jll.
77), vom 25. März 1902 (JMWBl. 75). Be-
sondere rechtliche Wirkungen hat die B. und
Anstellung von Auktionatoren zur Folge (s. d.).
Disziplinarbefugnisse besitzen die Anstellungs-
behörden gegenüber den Gewerbetreibenden
nicht; wenn die Anstellung auf Widerruf er-
folgt ist, Kann die Anstellung bei Ordnungs-
widrigkeiten des Angestellten widerrufen
werden (Erl. vom 5. Dez. 1901 — HM.
404). S. auch Stellvertreter.
IV. Entziehung der Bestallung. Ist
die Anstellung nicht auf Widerruf erfolgt, so
kann die Bestallung nur entzogen werden,
wenn die Unrichtigkeit der NAachweise dargetan
wird, auf Grund deren die Anstellung erfolgte,
oder wenn dem Gewerbetreibenden die bürger-
lichen Ehrenrechte aberkannt werden, für die
Dauer des Ehrverlustes, oder wenn aus
Handlungen oder Unterlassungen des Ange-
stellten der Mangel derjenigen Eigenschaften,
welche bei der Anstellung vorausgesetzt werden
mußten, klar erhellt (Gew O. 8 53 Abf. 1, 2).
Uber die Entziehung entscheidet auf Klage der
Ortspolizeibehörde des Ortes, an dem das
Gewerbe betrieben wird, der BezA. (836.
§ 120 Ziff. 1). Soll einem Feldmesser die
Bestallung entzogen werden, so ist die Er-
mächtigung des Regierungspräsidenten zur
Erhebung der Klage einzuholen. Durch die
Entziehung der Bestallung geht die Befugnis
zur Ausübung des Gewerbebetriebs nicht ver-
loren, nur die Auktionatoren dürfen die den
beeidigten Auktionatoren vorbehaltenen Rechts-
geschäfte nicht mehr vornehmen. Die Orts-
polizeibehörde hat den Geschäftsbetrieb der
beeidigten und angestellten Gewerbetreibenden
sorgfältig zu überwachen und ihre Zuverlässig-
keit regelmäßig wiederkehrenden Untersuchun-
gen zu unterziehen. Ist die Bestallung rechts-
kräftig entzogen, so hat die Ortspolizeibehörde
nötigenfalls im Wege des Zwangs (LVG.
8§ 127 ff., 132 ff.) die Herausgabe der Bestal-
lungsurkunde herbeizuführen. Das Verwal-
tungsgericht erster Instanz hat von jeder Ent-
ziehung der Bestallung der Ortspolizeibehörde