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für die nach der Zerstückelung eines Grundstücks
dessen einzelne Teile solidarisch haften würden,
können durch die Generalkommission auf die
einzelnen Teile verteilt werden (AG. z. GBO.
Art. 31).
Abgesehen von diesen gemeinsamen Be-
stimmungen sind für die Gesetzgebung zu
unterscheiden: 1. die älteren Gebietsteile, und
zwar die Prov. Ostpreußen, Westpreußen, Bran-
denburg, Pommern, Schlesien, Posen, Sachsen,
Westfalen und die Rheinprovinz; 2. der Reg.=
Bez. Kassel, ausschließlich der vormals groß-
herzogl. hess. Gebietsteile; 3. der Reg.-Bez.
Wiesbaden, einschließlich der zum BReg.-Bez.
Kassel gehörigen vormals großherzogl. hess.
Gebietsteile; 4. die Prov. Schleswig-Holstein,
einschließlich des Kreises Herzogtum Lauen-
burg; 5. die Prov. Hannover; 6. die hohen-
zollernschen Lande.
II. 1. Die älteren Gebietsteile und
zwar die Provinzen Westpreußen, Bran-
denburg, Pommern, Schlesien, Posen,
Sachsen, Westfalen und die Rheinpro—
vinz: Durch zahlreiche Gesetze war zwar in
der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
die A. von Reallasten geregelt worden; der
dadurch geschaffene Rechtszustand ließ aber
manches zu wünschen übrig. Die Ereignisse
des Jahres 1848 gaben daher Veranlassung
zu einer Revision der Gesetzgebung, die zu
den beiden G. vom 2. März 1850, betr. die A.
der Reallasten und die Regulierung der guts-
herrlich-bäuerlichen Verhältnisse (G.77) (nach-
stehend als Abl b. 50 bezeichnet] und über
die Errichtung von Rentenbanken (G. 112)
führten. Beide ergingen für den ganzen Um-
fang der Monarchie mit Ausnahme der auf
dem linken Rheinufer belegenen Landesteile;
letztere wurden lediglich deshalb ausgenom-
men, weil dort die Zwecke des Gesetzes be-
reits durch die franz. Gesetzgebung insofern
erreicht waren, als durch diese bereits eine
große Anzahl Reallasten unentgeltlich auf-
gehoben, die übrigen aber den beweglichen
Sachen gleichgestellt worden waren, und durch
Kapitalzahlung abgelöst werden konnten.
Das Abl. 50 hat die älteren Gesetze nahezu
vollständig beseitigt, und wo das nicht geschehen
ist, haben sie doch in Wirklichkeit kaum noch
praktische Bedeutung. Sodann hat es eine
große Anzahl Berechtigungen, die der freien
Verfügung über das Grundeigentum hindernd
in den Weg traten und entweder gar keinen
Geldwert hatten oder nur einen rein zufälligen
Vorteil gewährten, ohne Entschädigung
aufgehoben. Hierzu gehören: das Ober-
eigentum des Lehnsherrn (mit Ausnahme der
Thronlehne), des Guts= oder Grundherrn und
des Erbzinsherrn, ebenso das Eigentumsrecht
des Erbverpächters (mit dem Tage der Rechts-
kraft des Gesetzes haben daher der Erbzinsmann
und der Erbpächter das volle Eigentum ihrer
Stellen erlangt), der Anspruch auf Allodi-
fikationszins für die aufgehobene Lehnsherr-
lichkleit; — das grundherrliche oder gutsherr-
liche Heimfallsrecht; — die Berechtigung des
Erbverpächters oder des Zinsberechtigten, den
ihm zustehenden Kanon oder Zins willkürlich
zu erhöhen; — die Vorkaufs-, Aäher= und
Ablösung der Reallasten.
Retraktrechte von Grundstücken mit Ausnahme
der durch Verträge oder letztwillige Ver-
fügungen begründeten des aus dem Mit-
eigentumsrecht entspringenden, sowie des
gesetzlichen Vorkaufsrechtes bei enteigneten
Grundstücken, wenn diese nicht weiter not-
wendig sind und veräußert werden sollen; —
die auf Grundstüchen haftende Verpflichtung,
gegen das in der Gegend übliche Tagelohn
zu arbeiten; — die Befugnis, zu verlangen,
daß ein Privatgrundbesitzer sein Grundstück
mit Maulbeerbäumen bepflanze oder solche
unterhalte; — die Verpflichtung des sog.
flämingschen Kirchganges. Ferner wurden
nachstehende aus dem früheren gerichts= und
schutzherrlichen Verbande, der früheren Erb-
untertänigkeit oder der früheren Steuer= und
Gewerbeverfassung herrührenden Berechtigun-
en ohne Entschädigung aufgehoben: das
echt, einen Anteil oder ein einzelnes Stück
aus einer Erbschaft zu fordern; — das BRecht,
der Zerstückelung eines mit Abgaben oder
Leistungen belasteten Grundstüchs zu wider-
sprechen; — Leistungen der Nichtangesessenen
aus jenem Verhältnis, soweit sie nicht auf
anderweitigen Verträgen beruhen; — Bei-
träge und Leistungen zur Tragung der Lasten
der Privatgerichtsbarkeit und gutsherrlichen
Polizeiverwaltung; — Abgaben und Leistungen,
abgesehen von den gesetzlichen Gebühren, für
einzelne gerichtliche A#te; — alle in Beziehung
auf die Jagd oder die Bewachung gutsherr-
licher Gebäude und Grundstücke obliegenden
Dienste und Leistungen; — alle Dienste zu
persönlichen Bedürfnissen der Gutsherrschaft
und ihrer Beamten; — Abgaben zur Aus-
stattung oder bei Taufen von Familienmit-
gliedern des Guts= oder Grundherrn; — Ab-
gaben und Leistungen, welche, ohne zum öffent-
lichen Steuereinkommen zu gehören, die Natur
der Steuern haben; — Abgaben für die Er-
laubnis, auf eigenem Grund und Boden ge-
wisse Vieharten oder Bienen zu halten; — die
Verpflichtung zum Verkauf von Wachs und
anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen an
die Gutsherrschaft; — die Befugnis, die auf
fremden Hofräumen, Gärten, Ackern, Wiesen
zerstreut stehenden Bäume und Sträucher zu
benutzen und sich anzueignen; — die Ansprüche
auf Besitzveränderungsabgaben bei Besitzver-
änderungen in der Hand des Berechtigten und
auf alle unfixierten Besitzveränderungsabgaben,
die erst nach Einführung des Landeskultur-
edikts vom 14. Sept. 1811 neu entstanden sind.
Aufgehoben wurden endlich auch alle unmittel-
baren Gegenleistungen, welche bei den nach
Vorstehendem aufgehobenen Leistungen dem
Berechtigten oblagen, sowie die von dem Guts-
herrn zu leistenden Leichenfuhren, Hochzeit-
und Kindtauffuhren, Doktor= und Hebammen-
fuhren. Ausgenommen von der Aufhebung
blieben jedoch die vorbezeichneten Dienste, Ab-
gaben und Leistungen, insofern sie für die
Verleihung oder Veräußerung eines Grund-
stüchts ausdrückhlich übernommen worden sind.
Hervorzuheben ist, daß mit der Aufhebung des
Obereigentums des Grundherrn, Erbverpäch-
ters usw. nicht etwa gleichzeitig auch die auf
diesem Verhältnisse beruhenden Abgaben und