Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Deichwege. 
der die Qualifikation eines Regierungsbau- 
meisters haben muß (§ 36 das.). Unter ihnen 
stehen der Deichrentmeister und die erforder- 
lichen Unterbeamten, sowie die Deichschöp- 
pen (Deichgeschworenen) als lokale Organe 
der Deichaufsicht. Die korporative Vertretung 
des D. ist das Deichamt, das über alle nicht 
ausschließlich dem Deichhauptmann oder Deich- 
inspektor überwiesenen Angelegenheiten be- 
schließt (6§ 48 ff. das.). Die Wahlen des Deich- 
gauptmanns und Deichinspektors bedürfen der 
estätigung des Regierungspräsidenten (88 29, 
36 das.). Der Deichhauptmann und die übrigen 
Beamten des D. sind mittelbare Staatsbeamte. 
Der Deichhauptmann hat wegen deichpolizei- 
lichen Ubertretungen das Recht der vorläufigen 
Straffestsetzung nach dem G. vom 23. April 
1883 — GS. 65 (Allg. Bestimmungen von 1853 
§ 34). Die Organisation der D. in den oben 
bezeichneten Marschgebieten ist im ganzen eine 
ähnliche. Vgl. auch den Artikel Deichpolizei. 
III. Unterhaltung und Schutz der Deiche. 
Wan unterscheidet Kommuniondeichung, d. h. 
die gemeinschaftliche Unterhaltung durch den 
D., und Pfanddeichung, d. h. Unterhaltung 
der einzelnen Deichstrechen (Pfänder, Kaveln, 
Lose) durch die anliegenden Gemeinden oder 
Grundbesitzer. Das zweite System ist das 
ältere und besteht für die gewöhnliche Deich- 
unterhaltung (die ordentliche Deichlast, im 
Gegensatz zu großen Wiederherstellungsarbeiten 
und Hauptreparaturen, der außerordentlichen 
Peichlalh noch jetzt nach den Deichordnungen 
r 
stfriesland, Lüneburg, Schleswig-Holstein 
und einigen anderen älteren Deichreglements. 
Das Deichgesetz von 1848 und die Allg. Be- 
stimmungen von 1853 haben das System der 
Kommuniondeichung allgemein durchgeführt, 
nur in Motfällen besteht eine, nicht auf die 
Mitglieder des D. beschränkte, Verpflichtung 
4 aturalhilfsleistungen (Allg. Bestimmungen 
13 ff.; Deichgesetz § 25). Wegen Verteilung 
der Deichlast auf die Deichgenossen und der 
rechtlichen Natur dieser Verpflichtung s. Deich- 
oflicht. Die Verantwortung für die technische 
Unterhaltung der Deiche liegt dem Deich- 
inspektor ob; verweigert das Deichamt die 
Genehmigung zur Ausführung der von ihm 
lür notwendig befundenen Arbeiten, so muß 
die Entscheidung der Aufsichtsbehörde eingeholt 
werden (Allg. Bestimmungen von 1853 38). 
m Interesse der Deichunterhaltung sind ge- 
wisse Eigentumsbeschränkungen sowohl 
rt die eingedeichten Ländereien wie für die 
orlande eingeführt (Deichgesetz von 1848 
15e, 21; Allg. Bestimmungen von 1853 
19—22). Die Aufsichtsbehörde kann eine 
enutzung der Deiche, welche deren Wider- 
gandssähiggeit zu schwächen geeignet ist, nach 
des Deichgesetzes von 1848 untersagen. 
b em Schutze der Deiche gegen vorsätzliche und 
ahrlässige Beschädigungen dienen die straf- 
geseblichen Vorschriften der 88 305, 312—314, 
21. 325, 326 StCB. 
nan- Staatsaufsicht. Sie liegt der Regel 
ach dem Regierungspräsidenten als Landes- 
5 eibehörde, in zweiter Instanz dem Wi. 
Ceichgesetz von 1848 § 15 d; Allg. Bestim- 
ungen von 1853 § 24: AE. vom 26. Nov. 
  
  
335 
1849 — GS. 1850, 3). Bei Wassergelahr ist 
auch der Landrat zu Anordnungen an Ort und 
Stelle befugt (Allg. Bestimmungen § 26). In 
der Prov. Hannover sind in unterer Instanz 
als Organe des Regierungspräsidenten die 
Landräte gemeinsam mit den Wasserbauinspek- 
toren zuständig (Hann V. über das Wasserbau- 
wesen §8 3, 4; HannkrO. vom 16. Mai 1884 824; 
vgl. auch Art. 1 Ziff. 1 des G. vom 11. April 
1872). Aach § 97 36. können die Aussichts- 
befugnisse des Regierungspräsidenten durch 
Statut oder Statutenänderung den Kreis- 
(Stadt-hausschüssen, den Bezirksausschüssen 
oder Provinzialräten übertragen werden, eine 
Vorschrift, von der kaum Gebrauch gemacht 
werden wird. Inhalt und Umfang der Auf- 
sicht sind dieselben wie bei der Aufsicht über 
die Gemeinden (Allg. Bestimmungen § 24). Der 
Genehmigung des Regierungspräsidenten be- 
dürfen Projekte über den Bau neuer Schleusen 
und Deiche, über Erhöhung und Abtragung 
von Deichen und über den Verschluß von 
Deichbrüchen (Allg. Bestimmungen § 57 Abs. 2), 
ferner die in § 57 der Allg. Bestimmungen be- 
zeichneten Deichamtsbeschlüsse. In den Deich- 
ordnungen der Marschdistrikte ist zum Teil eine 
weitergehende Mitwirkung der Staatsbehörden. 
in der Richtung einer unmittelbaren Leitung 
und Beaufsichtigung der Deichverbandangele- 
genheiten vorgesehen; diese Befugnisse sollen 
bei Aeuregelung der Statuten auf das Recht 
der Oberaufsicht beschränkt werden (Art. 4 des 
G. vom 11. April 1872). 
V. Die Bildung von D. Sie erfolgt durch 
landesherrlich zu erlassendes Statut, wenn die 
Ausführung einer Deichvorlage zur Abwen- 
dung gemeiner Gefahr oder zur erheblichen 
Förderung der Landeskultur erforderlich ist. 
Eine Zustimmung der beteiligten Grundbesitzer 
ist, abweichend von den Vorschriften für die 
Wassergenossenschaften, hier nicht erforderlich 
Ceichgesetz von 1848 §8 11 ff.). In den Prov. 
Schleswig-Holstein und Hannover be- 
darf es jedoch nach Art. 1 Ziff. 4 des G. vom 
11. April 1872 der Zustimmung der Mehrheit 
der Grundbesitzer nach der Fläche, sofern die 
Bildung des D. lediglich im Interesse der 
Landeskultur erfolgt. Regelmäßig sollen die 
Besitzer aller der Uberschwemmung auggesetzten 
Grundstüche einer Aiederung zu einem D. 
vereinigt werden (Deichgesetz von 1848 88 11, 
13). In derselben Weise können mehrere D., 
die ein gemeinsames Interesse haben, zu einem 
D. verbunden oder unter eine gemeinsame Deich- 
verwaltung gestellt und zur gegenseitigen Unter- 
stützung verpflichtet werden (Deichgesetz von 
1848 § 14 und mit einer Abweichung Art. 1 
Ziff. 5 des G. von 1872). In dem Deich- 
statut sind die im § 15 des Deichgesetzes be- 
zeichneten Punkte zu regeln. Für das Ver- 
fahren zur Bildung von D. bestehen besondere 
gesetzliche Borschriften nicht, maßgebend ist die 
nicht publizierte Instr. des MfL. vom 24. August 
1850. 
Deichwege. Deiche und Dämme, welche nach 
den Deichordnungen und Deichstatuten zugleich 
als Verkehrswege dienen, sind in der Regel keine 
öffentlichen Wege (Wegeerdnung für Sachsen 
vom 11. Juli 1891 — SS. 316 — §8. 14; Wege-
	        
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