Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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es, daß die Rechte Dritten an dem zu er— 
werbenden Grundstücke zustehen, sei es, daß 
Rechte für das Unternehmen unentbehrlich 
sind, welche Dritte an einem Grundstücke 
haben, das selbst nicht erworben zu werden 
braucht (5 6; BGB. 88 1012 - 1203). Ein Be—- 
dürfnis, die E. von beweglichen Gegenständen 
zu regeln, ist seither nur hervorgetreten in den 
erwähnten Gesetzen über Militärleistungen und 
über Seuchen. Einen Fall enthält noch ALR. 
1 11 § 7 über den Verkauf von Getreide bei 
Hungersnot (s. auch Baustoffe). 
III. Zulässigkeit der E. Uber die Frage, 
ob einem Unternehmen Gründe des öffentlichen 
Wohles zur Seite stehen und ob, wie das 
Enteignungsgesetz zur Klarstellung des Art. 9 
der Verfassung ausdrücklich hervorhebt, seine 
Ausführung die Ausübung des Enteignungs- 
rechtes fordert, wird von Fall zu Fall durch 
Allerh V. auf Antrag des zuständigen Ministers 
entschieden (§§ 1, 2; Vll. Art. 44). Eine Aus- 
nahme, in der ein förmliches Gesetz erfordert 
wird, enthält Art. 41 RV. für den Bau von 
Reichseisenbahnen. Die Arten von Unterneh- 
mungen, denen das Enteignungsrecht zu- 
gestanden werden kann, sind in dem G. von 
1874 nicht einzeln festgelegt. Indessen betont 
sein § 23 für die Ausdehnung des Rechtes 
bei Eisenbahnen noch besonders, daß Grund 
und Boden für Warenmagazine und gleiche 
Anlagen, die nur dem Privatinteresse des Unter- 
nehmers dienen, nicht beansprucht werden kann. 
Eine Verleihung des Enteignungsrechtes nach 
Fertigstellung des Unternehmens zur nachträg- 
lichen Regelung von Entschädigungsfragen ist 
ausgeschlossen (Pr VBl. 22, 364). Die kgl. Ver- 
ordnung bezeichnet den Unternehmer und die 
Unternehmung. Die Verordnung wird in dem 
Amtsblatt bekanntgemacht und eine bezügliche 
Anzeige in die GSE. aufgenommen (G. vom 
10. April 1872 — GS.357 — 885, 3; Ml. 1876, 
43). Der Staat macht von dem Enteignungs- 
rechte nicht nur für sich und seine Zweche Gebrauch. 
Es wird gleichfalls für Körperschaften sowie 
für einzelne Privatpersonen erwirkt. Stets 
ist das Recht jedoch an die Person des Unter- 
nehmers gebunden (Or. 63, 94; RE. 9, 270). 
Andererseits kann sich das Enteignungsrecht 
richten gegen jede physische und juristische 
Person. Grundstücke, welche schon Eigentum 
des preuß. Staates sind, werden für dessen 
Unternehmungen nicht enteignet; unterstehen 
sie einem anderen Ressort als das staatliche 
Unternehmen, so erfolgt die Uberweisung durch 
Verfügung des Ministers, und zwar unent- 
geltlich (ab O. vom 17. Juni 1826 — GS. 57). 
Wegen entbehrlicher, ehemals preuß. Reichs- 
grundstüchke s. Reichsverwaltung. In 
Ausnahmefällen ist die Entscheidung über 
Anträge auf Verleihung des Enteignungs- 
rechtes dem Bezirksausschusse (Polizeipräsidium 
in Berlin) übertragen und dagegen die Be- 
schwerde an den Mdö l. mit zwei Wochen 
Frist zugelassen (3. § 150; LW. 8 51). Es 
ist dies geschehen für die Geradelegung oder 
rweiterung öffentlicher Wege sowie zur Um- 
wandlung von Privatwegen in öffentliche 
Wege (§8 3), für die Auferlegung vorüber- 
gehender Beschränkungen bis auf die Dauer 
  
Enteignung, gütliche Einigung. — Enteignungsverfahren. 
von drei Jahren, sofern dadurch nicht die 
Beschaffenheit des Grundstückes wesentlich 
oder dauernd verändert wird (8 4), für die Ver- 
pflichtung der Grundeigentümer, die von der 
Landespolizeibehörde oder sonst zuständigen Be- 
hörde gestatteten Vorarbeiten (Erl. vom 22. Okt. 
1874 — WBl. 241; Eisenbahngeset von 1838 8 4 
Kleinbahngeses § 5 und Erl. vom 13. Jan. 
1896 — I. 14) auf ihrem Grund und Bo- 
den zu dulden (§ 5). Ein Beschluß des KRreis- 
(Stadt-ausschusses genügt für die Erlaubnis 
zur Entnahme von Materialien für den Bau 
und die Unterhaltung öffentlicher Wege (8§ 50 
bis 53) Is. Baustoffel. Wegen der E. für 
unc#schbäse s. Wasserstraßengesetz von 1905 
§ 15 (GS. 189). S. im übrigen Enteignungs- 
verfahren und Entschädigung bei E. 
Enteignung, gütliche Einigung. Das 
Gesetz fördert durch Gewährung weitgehender 
Vorteile das Zustandekommen einer gütlichen 
Einigung unter den Parteien, auch wenn die 
Enteignungsbehörde dabei nicht mitwirkt (Ent- 
eignungsgesetz vom 11. Juni 1874 § 26). Es 
ist zulässig, das Ubereinkommen auf den 
Gegenstand der E. zu beschränken und damit 
das Planfeststellungsverfahren entbehrlich zu 
machen. Die Höhe der Entschädigung braucht 
nicht sofort mit dem Verkäufer endgültig ver- 
abredet zu werden. Ihre Festsetzung Rann 
einem Dritten, dem förmlichen Enteignungs- 
verfahren mit oder ohne Planfeststellung (Erl. 
vom 8. März 1897 — UM.Bl. 47), sowie dem 
Rechtswege überlassen bleiben. ndlich ist 
vorgesehen, daß der Eigentümer sich nur auf 
die Abertragung des Besitzrechts, auf die Bau- 
erlaubnis einläßt (B B. 8 854), alle weiter- 
gehenden Rechte ihm aber vorbehalten bleiben 
(Erl. vom 8. Aüärz 1897 — Ml. 47). Vor- 
bedingung für die Erlangung der gesetzlichen 
Begünstigungen ist indessen in jedem Falle, 
daß der Plan bereits vorläufig oder endgültig 
festgestellt worden ist, und das Grundstück 
danach der E. unterliegt. Die Verträge ge- 
nießen Stempelfreiheit (6 43; LStG. vom 
31. Juli 1895 — GS. 413 — 8 42) wegen der 
Umsatzsteuer (OVE.34, 193; OV. vom 20. Okt. 
1903 — Pr WWl. 25, 472; R J. 12, 160). Für 
den. Abschlußt genügt schriftliche Form (B. 
§ 313; EcBE. Art. 142; AG. z. BGB. 
Art. 12). Gewisse Veräußerungsbeschränkungen 
fallen fort und wird die Aktivlegitimation des 
Verkäufers erleichtert (§ 17). Auf Grund des 
Vertrags läßt sich die Lastenfreiheit der Grund- 
stücke wie im Enteignungsverfahren erzwingen, 
falls ein Vorbehalt über dessen Durchführung 
— zwechmäßig „ohne Berührung der Ent- 
schädigungsfrage“ — „behufs Regelung der 
Rechte Dritter“ ausgenommen wurde ( 46). 
Vgl. wegen der Verzinsungspflicht REZ. 47, 
311, wegen der Eintragung der geschehenen Ab- 
findung in das Grundbuch Erl. vom 16. Dez. 
1901 (MIl. 1902, 19). 
Enteignungsverfahren. 1. Das E. zerfällt 
in vier in sich gesonderte Abschnitte: a) vor- 
läufige Planfeststellung; b) endgültige 
Planfeststellung:c) Entschädigungsfest- 
stellungjo) Vollziehung der Enteignung. 
Die vorläufige Planfeststellung muß der Aus- 
führung jedes Unternehmens vorhergehen, selbst
	        
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