Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

554 
jahrs gestattet. Eine Anseige über den Aus- 
tritt Kkann frühestens sechs Monate vorher ver- 
langt werden. Die Ausschließungsgründe sind 
nach GewO. § 83 Abs. 1 Ziff. 3 im Statute 
zu regeln. Personen, die den Aufnahmebe- 
dingungen entsprechen, dürfen nicht ausge- 
schlossen werden (uvgl. GewO. § 87 Abs. 5). Da 
die Innung ihren Mitgliedern in der Fest- 
setzung der Preise ihrer Waren oder Leistungen 
(Minimaltarife) oder in der Annahme von 
Kunden Beschränkungen auferlegen kann 
(Kommer. 4 Aov. z. Gew O. vom 26. Juli 
1897 — R2T Drucks. Nr. 819 S. 10, 11, 27), so 
werden Mitglieder, die diesen Vorschriften 
nicht nachkommen, ausgeschlossen werden kön- 
nen, sofern sie nicht den freiwilligen Austritt 
vorziehen. Bei Verlegung des Gewerbebetriebes 
oder des Wohnsitzes außerhalb des Innungs- 
bezirks geht die Mitgliedschaft nur verloren, 
wenn dies im Statute vorgesehen ist (Ausf- 
Anw. z. GewO. Ziff. 92). Ausscheidende Mit- 
glieder verlieren alle Ansprüche an das In- 
nungsvermögen und, soweit nicht statutarisch 
abweichende Bestimmungen getroffen sind, an 
die von der Innung errichteten Aebenkassen; 
sie bleiben zur Zahlung dersenigen Beiträge 
verpflichtet, deren Umlegung am Tag ihres 
Austritts bereits erfolgt war. Wird nach dem 
Tode eines Innungsmitglieds dessen Gewerbe 
für Rechnung der Witwe oder minderjähriger 
Erben fortgesetzt, so gehen die Befugnisse und 
Obliegenheiten des Verstorbenen mit Aus- 
nahme des Stimmrechts auf die Witwe wäh- 
rend des Witwenstandes oder auf die minder- 
jährigen Erben für die Dauer der Minder- 
jährigkeit über. Durch das Statut kann der 
Witwe das Stimmrecht eingeräumt werden. 
Streitigkeiten über die Ausschließung ent- 
scheidet die Aufsichtsbehörde, deren Entscheidung 
binnen vier Wochen beim BezA. mittels Klage 
angefochten werden kann; diese entscheidet end- 
gültig (GewO. § 96 Abs. 7; 3G. 8 125 Abs. 2). 
VI. Organe der Innung sind der Vorstand, 
das Organ zur Entscheidung von Lehrlings- 
streitigkeiten, die Innungsversammlung und 
der Gesellenausschuß (s. d.). Zur Wahrneh- 
mung einzelner Angelegenheiten können Aus- 
schüssse bestellt werden (GewO. § 92 Abs. 2). 
Die Mitglieder der Organe verwalten ihr Amt 
als Ehrenamt unentgeltlich, doch kann ihnen 
nach näherer Bestimmung des Statuts Ersatz 
barer Auslagen und eine Entschädigung für 
Zeitversäumnis gewährt werden. 
1. Der Vorstand wird von der Innungs- 
versammlung auf die im Statute festgesetzte 
Zeit mittels geheimer Wahl gewählt. Der Vor- 
stand hat nach näherer Bestimmung des Sta- 
tuts die laufende Verwaltung zu führen; er 
vertritt die Innung gerichtlich und außer- 
gerichtlich. Die Vertretung erstreckt sich auch 
auf diesenigen Geschäfte und Rechtshandlungen, 
für welche nach den Gesetzen eine Spezialvoll- 
macht erforderlich ist. Durch das Statut kann 
einem Mitglied oder mehreren Mitgliedern 
des Vorstands die Vertretung nach außen 
übertragen werden. Zur Legitimation des 
Vorstands genügt bei allen Kechtegeschaften 
die Bescheinigung der Aussichtsbehörde, daß 
die darin bezeichneten Personen zurzeit den 
  
Freie Innungen. 
Vorstand bilden. Die Mitglieder des Vor- 
stands haften für pflichtmäßige Verwaltung 
wie Vormünder ihren Mündeln. Der Vor- 
stand ist berechtigt, über Innungsmitglieder 
bei Verstößen gegen statutarische Vorschriften 
Ordnungsstrafen, insbesondere Geldstrafen bis 
zum Betrage von 20 M. zu verhängen. Uber 
Beschwerden entscheidet die Aufsichtsbehörde. 
Der Betrag der Geldstrafen fließt in die In. 
nungskasse. Der Vorstand hat über jede An- 
derung in seiner Zusammensetzung und über 
das Ergebnis jeder Wahl der Aufsichtsbehörde 
binnen einer Woche Anzeige zu erstatten (Gewd. 
§§ 92—92c). 
2. Das Organ zur Entscheidung vom 
Lehrlingsstreitigkeiten entscheidet alle 
Streitigkeiten zwischen Lehrherrn und Lehr- 
ling nach Maßgabe der Zuständigkeit der 
Gewerbegerichte. Die Entscheidungen müssen 
schriftlich abgefaßt sein und gehen in Rechtskraft 
über, wenn sie nicht binnen einer Notfrist von 
einem Monate durch Klage bei den ordent- 
lichen Gerichten angefochten werden (Gew). 
§ 91b). Wegen der Vollstreckbarkeit der Ent- 
scheidungen gelten die für die Innungeschieds- 
Frichte (. d.) maßgebenden Bestimmungen. 
ie Bildung des Organs und das Verfahren 
vor ihm wird durch das Innungsstatut (s. d.) 
geregelt. Eine Mitwirkung der Gesellen ist 
gesetzlich nicht vorgeschrieben. 
3. Die Innungsversammlung besteht 
nach Bestimmung des Statutes entweder aus 
allen Innungsmitgliedern oder aus Vertretern, 
die von den Innungsmitgliedern aus ihrer 
Mitte gewählt werden (GewO. § 92 Abs. 3). Die 
Innungsversammung beschließt nach Gewy. 
93 über alle Angelegenheiten der Innung, 
deren Wahrnehmung nicht nach Vorschrift des 
Gesetzes oder des Statuts dem Vorstand ob- 
liegt. Die Beschlußfassung über die in GewO. 
§ 93 Abs. 2 bezeichneten Angelegenheiten muß 
ihr vorbehalten bleiben. Innungsversamm- 
lungen bedürfen, wenn in ihnen öffentliche 
Angelegenheiten besprochen werden und Micht- 
mitglieder teilnehmen sollen, in Preußen der 
vorherigen schriftlichen Anmeldung (Vereins- 
gesetz vom 11. März 1850 §§ 1, 12; 863. 
12, 247). Uber die Abänderung des Innungs- 
statutes oder der Aebenstatuten und über die 
Auflösung der Innung darf nur im Beisein 
eines Vertreters der Aufsichtsbehörde beschlossen 
werden (GewO. 8 96 Abs. 6). 
4. Gemeinsame Bestimmungen. Die 
Wahlen der Vertreter und des Innungsvor- 
stands finden unter ’ des Innungsvor- 
stands statt (Gewp O. § 92 Abs. 5). Berechtigt 
zur Wahl der Vertreter zur Innungsversamm- 
lung und stimmberechtigt in der Innungs- 
versammlung sind nur die volljährigen 
Innungsmitglieder mit Ausnahme derzjeni- 
gen, welche sich nicht im Besitze der bürger- 
lichen Ehrenrechte befinden oder durch ge- 
richtliche Anordnung in der Verfügung über 
ihr Vermögen beschränkt sind. Wählbar 
u Mitgliedern des Vorstandes und der 
Kueschüff sowie zu Mitgliedern des Organs 
zur Entscheidung von Lehrlingsstreitigkeiten 
sind nur solche wahlberechtigte Innungsmit- 
glieder, welche zum Amte eines Schöffen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.