Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Freie Innungen. 
fähig sind (GVG. 88 31, 32). Durch das 
Statut kann bestimmt werden, daß Mitglieder, 
welche mit der Zahlung der Beiträge wieder- 
holt im Rüchstande geblieben sind, weder wahl- 
berechtigt noch wählbar und von der Teil- 
nahme an den Geschäften der Innung für 
gewisse Zeit ausgeschlossen sind, und daß In- 
nungsmitglieder, die sich nicht im Besitze der 
bürgerlichen Ehrenrechte befinden, oder durch 
gerichtliche Anordnung in der Verfügung über 
ihr Vermögen beschränkt sind, von der Teil- 
nahme an den Geschäften der Innung aus- 
geschlossen sind (Gew O. § 93a). Beschwerden 
gegen die Rechtsgültigkeit der Wahlen sind 
nur binnen vier Wochen nach der Wahl zu- 
lässig. Sie werden durch die Aufsichtsbehörde 
endgültig entschieden. Dieselbe hat auf er- 
hobene Beschwerde Wahlen, welche gegen das 
Gesetz oder auf Grund des Gesetzes erlassene 
Wahlvorschriften verstoßen, für ungültig zu er- 
klären (GewpO. 8 94). Die Annahme der Wahl 
kann nur aus Gründen erfolgen, die zur Ab- 
lehnung eines besoldeten Gemeindeamts ((. d.) 
berechtigen. Ablehnungsgründe des Gewählten 
sind nur zu berückhsichtigen, wenn sie binnen 
zwei Wochen, nachdem der Gewählte von seiner 
Wahl in Kenntnis gesetzt ist, schriftlich geltend 
gemacht werden. Uber den Ablehnungsantrag 
entscheidet die Aufsichtsbehörde endgültig. Mit- 
glieder der Innungsvorstände, der Ausschüsse, 
der Gesellenausschüsse und des Organs zur 
Entscheidung von Lehrlingsstreitigkeiten, hin- 
sichtlich deren Umstände eintreten oder bekannt 
werden, die die Wählbarkeit ausschließen, 
haben aus dem Amt auszuscheiden. Im Falle 
der Weigerung erfolgt die Enthebung des Be- 
teiligten vom Amte durch die Aufsichtsbehörde 
nach Anhörung des Beteiligten und der Körper- 
schaft, welcher er angehört. Gegen die Ver- 
fügung der Aufsichtsbehörde ist binnen vier 
Wochen die Beschwerde zulässig. Die Ent- 
scheidung über die Beschwerde ist endgültig. 
VII. Bermögensverwaltung. Die In- 
nungen sind nach GewO. 8 88 Abs. 3 befugt, 
für die Benutzung der von ihnen getroffenen 
Einrichtungen, Fachschulen, Herbergen, Arbeits- 
nachweis u. dgl. Gebühren zu erheben. Die 
aus der Errichtung und der Tätigkeit der In- 
nung und ihres Gesellenausschusses (s. d.) er- 
wachsenden Kosten sind von den Innungsmit- 
gliedern aufzubringen. Die auf Grund des 
tatutes oder der A-ebenstatuten umgelegten 
Beiträge, die für die Benutzung der Innungs- 
einrichtungen zu entrichtenden Gebühren sowie 
Ordnungsstrafen werden auf Antrag des In- 
nungsvorstands wie Gemeindeabgaben ((. d.) 
zwangsweise eingezogen. Streitigkeiten wegen 
Entrichtung der Beiträge und Gebühren ent- 
scheidet die Aufsichtsbehörde. Die Entscheidung 
kann binnen zwei Wochen durch Beschwerde 
beim Regierungspräsidenten, im Stadttkreise 
Berlin beim Oberpräsidenten angefochten wer- 
den, der endgültig entscheidet (GewO. 8 89a). 8 
die Einnahmen und Ausgaben der Innung 
sind von allen ihren Zwecken fremden Ver- 
einnahmungen und Verausgabungen getrennt 
festzustellen; ihre Bestände sind gesondert 
zu verwahren (GewO. 8§ 89a Abs. 1). Das 
Vermögen der Innungskrankenkassen, Unter- 
  
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stützungskassen und gemeinsamen Geschäfts- 
betriebe ist von dem übrigen Innungsver- 
mögen gesondert zu verwalten (GewO. 8§ 85 
Abs. 2). Die Bestände müssen wie Mlündel- 
geld (s. d.) angelegt werden. Zeitweilig ver- 
fügbare Gelder dürfen mit Genehmigung der 
Aufsichtsbehörde auch in anderer Weise vorüber- 
gehend angelegt werden. Uber die Aufbewah- 
rung von Wertpapieren trifft die Aufsichts- 
behörde Bestimmung (GewO. 8 89a). Zum Er- 
werbe, der Veräußerung oder der dinglichen 
Belastung von Grundeigentum, zu Anleihen, 
sofern ihr Betrag nicht nur zur vorübergehen- 
den Aushilfe dient und aus den Uberschüssen 
der laufenden Einnahmen über die Ausgaben 
einer Voranschlagsperiode zurückerstattet wer- 
den kann, und zur Veräußerung von Gegen- 
ständen, welche einen geschichtlichen, wissen- 
schaftlichen oder Kunstwert haben, ist die Ge- 
nehmigung der Aussichtsbehörde nach Gew). 
§ 89b erforderlich. S. auch die AusfAnw. z. 
Gew). Ziff. 92. 
VIII. Aufsicht (GewO. 8§ 96). Die In- 
nungen unterliegen der Aufsicht der unteren 
Verwaltungsbehörde (s. d.), in deren Bezirke 
sie ihren Sitz haben. Die Aussichtsbehörde 
überwacht insbesondere die Befolgung der ge- 
setzlichen und statutarischen Vorschriften und 
kann sie durch Androhung, Festsetzung und 
Vollstreckung von Ordnungsstrafen (LV. 
§8 132 ff.) gegen die Inhaber der Innungs- 
ämter, gegen die Innungsmitglieder und gegen 
ihre Gesellen, soweit diese an den Geschäften 
der Innung teilnehmen, erzwingen. Die Geld- 
strafen fließen in die Innungskasse. Die Auf- 
sichtsbehörde ist befugt, der Innung, wenn sie 
es unterläßt, ihr zustehende Ansprüche geltend 
zu machen, einen Vertreter zur gerichtlichen 
Verfolgung der Angelegenheit zu bestellen. 
Sie entscheidet Streitigkeiten über die Auf- 
nahme und Ausschließung der Mlitglieder, so- 
wie unbeschadet der Rechte Dritter über die 
Bechte und Pflichten der Inhaber der Innungs- 
ämter, über Wahlen und über die Entrichtung 
von Beiträgen und Gebühren. Sie hat das 
Recht, einen Vertreter zu den Prüfungen zu 
entsenden. Sie beruft und leitet die Innungs- 
versammlung, wenn der Innungsvorstand die- 
selbe zu berufen sich weigert. Gegen die Ent- 
scheidungen der Aufsichtsbehörde über Auf- 
nahme und Ausschluß der Mitglieder und 
über die Rechte und Pflichten der Inhaber 
der Amter ist binnen vier Wochen die Klage 
beim BezA. zugelassen, der endgültig ent- 
scheidet 35. 125 Abs. 3). Die Entscheidung 
der Aufsichtsbehörde über die Wahlen ist end- 
gültig (GewO. 88 94, 94 a Abs. 2), diesenige 
über die Entrichtung der Beiträge und Ge- 
bühren kann binnen zwei Wochen auf Be- 
schwerde bei dem Regierungspräsidenten (im 
Stadtkreise Berlin beim Oberpräsidenten) ange- 
fochten werden, der endgültig entscheidet (GewO. 
89 Abs. 4). Gegen alle übrigen Verfügungen 
und Entscheidungen der Aufsichtsbehörde ist nur 
die Beschwerde an die vorgesetzte Behörde zu- 
gelassen (ZG. 8 125 Abs. 2; OV. 18, 320). Strei- 
tigkeiten innerhalb der Innung über den Um- 
fang der den einzelnen Mitgliedern bezüglich 
des Innungsvermögens oder der sonstigen
	        
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