Freihaltung der Uberschwemmungsgebiete.
stehungsgeschichte des Gesetzes sich stützenden
Rechtsprechung des O#. erstreckte sich diese
Vorschrift nur auf einen Teil der deichähn-
lich wirkenden Anlagen, namentlich nicht
auf Gebäude. Sowohl zur Ausfüllung dieser
Lücke als auch zur sonstigen Ergänzung der
gesetzlichen Bestimmungen für die Uberschwem-
mungsgebiete ist das G. zur Verhütung
von Hochwassergefahren vom 16. Aug.
1905 (GS. 342) ergangen. Dieses tief ein-
greifende Gesetz gilt für die ganze Monarchie,
mit Ausnahme der im § 13 bezeichneten Marsch-
distrikte von Hannover und Schleswig-Holstein.
Zur Charakteristik des Gesetzes ist zu bemer-
ken, daß es nicht auf positive Maßnahmen
zur Beseitigung vorhandener schädlicher An-
lagen abzielt, die sog. Freilegung der Uber-
schwemmungsgebiete (s. d.), sondern lediglich
einer weiteren Verschlechterung der be-
stehenden Abflußverhältnisse vorbeugen will
und zu diesem Behufe das Verfügungsrecht
des Grundeigentümers weitgehenden Beschrän-
kungen unterwirft. Eben wegen dieser gesetz-
lichen Beschränkungen des Eigentums, für die
eine Entschädigung nicht gewährt wird, hat
das Gesetz erhebliche Widersprüche auch im
Landtage überwinden müssen. Sein Inhalt
ist wie folgt zusammenzufassen. Abgesehen
von der direkten Verbotsbestimmung des
§ 8 — des Einbringens von Schlamm, Sand
usw. in die Wasserläufe — unterstellt das Ge-
setz gewisse Anlagen unmittelbar der staatlichen
Genehmigung und schreibt für andere vor,
daß sie im Polizeiverordnungswege der
staatlichen Einwirkung unterstellt werden
können. Die wichtigste Bestimmung des Ge-
setzes enthält der § 1, welcher lautet: „Für
die bei Hochwasser gefahrbringenden Wasser-
läufe wird das nicht hochwasserfrei eingedeichte
Uberschwemmungsgebiet, welches den Bestim-
mungen dieses Gesetzes unterliegen soll, fest-
gestellt. In diesem Gebiete dürfen nicht ohne
Genehmigung 1. Erhöhungen der Erdober-
fläche und über die Erdoberfläche hinaus-
ragende Anlagen (Deiche, Dämme, Gebäude,
Mauern und sonstige bauliche Anlagen, Feld-
ziegeleien, Einfriedigungen, Baum= und
Strauchpflanzungen und ähnliche Anlagen) neu
ausgeführt, erweitert, verlegt, 2. Deiche, deich-
ähnliche Erhöhungen und Dämme ganz oder
teilweise beseitigt werden. Schutzmaßregeln,
die in Votfällen für die Dauer der Gefahr
getroffen werden, bedürfen keiner Genehmi-
gung im Sinne des Gesetzes.“ Gegenüber
1 des Deichgesetzes vom 28. Jan. 1848 ent-
hält diese Vorschrift einmal die wesentliche Er-
weiterung des Kreises der genehmigungs-
pflichtigen Anlagen und ferner die Ausdeh-
nung auf sämtliche Deichanlagen, während
der frühere § 1 sich nur auf solche Deiche be-
3og, die einem Deichverbande nicht angehören.
Enger ist die neue Vorschrift, sofern sie nicht
sämtliche ausufernde Wasserläufe betrifft,
sondern nur die bei Hochwasser gefahr-
bringenden und ferner infofern, als aus der
Definition des Uberschwemmungsgebietes die
Bezugnahme auf den höchsten Wasserstand
fortgelassen ist. Nach § 2 hat der Oberpräsi-
dent ein Verzeichnis derjenigen Wasserläufe
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aufzustellen, auf welche der § 1 Anwendung
finden soll, unter gesonderter Aufführung der
schiffbaren und der besonders hochwasser-
gefährlichen sowie der sonstigen Wasserläufe.
In dem Verzeichnis ist für jeden Wasserlauf
Bestimmung zu treffen, ob die Vorschrift des
§ 1 für die ganze Breite des Uberschwem-
mungsgebiets und für den Wasserlauf in seiner
ganzen Länge oder nur für Teile des Uber-
schwemmungsgebiets oder des Wasserlaufs
Anwendung finden soll. Zugleich kann Be-
stimmung getroffen werden, für welche Unter-
nehmungen die Vorschriften des § 1 Anwen-
dung finden. Uber Einwendungen gegen den
bekanntzumachenden Entwurf des Verzeich-
nisses beschließt nach § 2 der Provinzialrat,
gegen dessen Beschluß innerhalb zwei Wochen
die Beschwerde an den ML. zulässig ist. Die
endgültige Feststellung der Verzeichnisse wird
durch die Amtsblätter veröffentlicht. Abände-
rungen des Verzeichnisses erfolgen in demselben
Verfahren. Genehmigungsbehörde im
Sinne des 8 1 ist nach § 3 bei schiffbaren und
bei besonders hochwassergefährlichen Wsser-
läufen der BezA., im übrigen der KrSt)A.,
das Verfahren ist ähnlich wie nach dem Deich-
gesetz von 1848; gegen den Beschluß der Ge-
nehmigungsbehörde findet innerhalb vier
Wochen die Beschwerde an den Al##. statt
6E 6). Die Genehmigung darf nach § 4 nur
aus Rüchsichten des Hochwasserschutzes versagt
oder an Auflagen und Einschränkungen ge-
knüpft werden. § 4 schreibt ferner vor, daß
die Genehmigung auch dann nicht versagt
werden darf, wenn: 1. die zu errichtenden An-
lagen an die Stelle von vorhandenen treten
und durch den neuen Zustand der Abfluß des
Hochwassers nicht mehr wie bisher erschwert
wird; 2. die durch die Errichtung genehmi-
gungspflichtiger Anlagen hervorgerufenen Ein-
engungen des Hochwasserprofils durch eine auf
Kosten der Antragsteller vorzunehmende ander-
weitige Regulierung wieder ausgeglichen wer-
den. Diese weitgehende Ausnahme ist im
Interesse der bebauten Grundstücke im Herren-
hause in das Gesetz ausgenommen. Eine
weitere Einschränkung des Grundsatzes im § 1
enthält der § 7, wonach der Regierungspräsi-
dent durch einen mit Zustimmung des Bez .
gefaßten Beschluß für alle oder auch für ein-
zelne Wasserläufe des Reg.-Bez. (§ 2) die-
senigen Unternehmungen bezeichnen kann, bei
denen wegen ihrer unerheblichen Einwirkung
auf den Hochwasserabfluß von dem Erforder-
nis einer Genehmigung entweder für das
ganze Uberschwemmungsgebiet oder für Teile
abgesehen werden soll. Der Beschluß kann
durch den M'L. abgeändert oder außer Kraft
gesetzt werden. Diese schon im Begierungs-
entwurf enthaltene Vorschrift hat durch die
im Landtage erfolgte Gestaltung des § 2
wesentlich an Bedeutung verloren. — Die
zweite Gruppe der gesetzlichen Bestimmungen
bezieht sich auf die Erweiterung des Polizei-
verordnungsrechtes. Danach kann (§ 9) im
Wege der Regierungs (Oberpräsidial-polizei-
verordnung, und zwar für alle Wasserläufe,
nicht bloß für die im Verzeichnis eingetragenen,
vorgeschrieben werden, daß bestimmte im Ge-