Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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andererseits sind der Zwangsvollstreckung ent— 
zogen die für die Hebammen zur Ausübung 
ihres Berufs erforderlichen Gegenstände sowie 
anständige Kleidung (ZPO. 8 811 Ziff. 7). Bei 
fahrlässiger Körperverletzung infolge mangeln- 
der Aufmerksamkeit bei ihren beruflichen Ver- 
richtungen unterliegt die Hebamme verschärf- 
ten Strafen (St#B. 8 230). Eine subsidiäre 
Anzeigepflicht hinter anderen vor ihr Ver- 
pflichteten liegt der Hebamme ob für Geburts- 
fälle nach § 18 PSt. vom 6. Febr. 1875 
(RGEBl. 23) und für Erkrankungen und Todes- 
fälle an Kindbettfieber der von ihr behandel- 
ten Wöchnerin §8§ 1, 2 des G., betr. Bekämp- 
fung übertragbarer Krankheiten, vom 28. Aug. 
1905 (GS. 373). Das Prüfungszeugnis kann 
zurückgenommen werdens; s. Entölehung ge- 
werblicher Genehmigungen, ferner O## 
3, 265; 5, 168; 15, 352; 17, 365; 22, 331; 
50, 317 sowie G##r##. 1, 284. Hebammen, 
welche bei der Entbindung oder im Wochen- 
bett einer am Kindbettfieber Erkrankten tätig 
gewesen sind, ist von Beendigung dieser Tätig- 
keit ab acht Tage lang jede andere Berufstätig- 
keit untersagt (G. vom 28. Aug. 1905 — GS. 
373 — 8§8 Ziff. 3 Abs. 3) und nach Ablauf dieser 
Frist die Wiederaufnahme nur nach gehöriger 
Desinfektion nach Anweisung des Kreisarztes 
gestattet (s. auch Rö#St. 24, 436). In den 
Grenzorten der Bundesstaaten dürfen Heb- 
ammen ihren Beruf ebenso ausüben wie in 
ihrem Heimatsstaat, sofern sie die Verwal- 
tungsvorschriften des andern Bundesstaats be- 
folgen und sich in demselben nicht dauernd 
niederlassen. Die Ausübung des Hebammen- 
berufs in den Grenzgebieten außerdeutscher 
Staaten ist ebenso wie für den ärztlichen Be- 
ruf durch Staatsverträge geregelt mit Belgien, 
den Aiederlanden, Luxemburg, Osterreich-Un- 
garn und der Schweiz (s. die einzelnen Staats- 
verträge unter Arzte). Vgl. auch Bezirks- 
hebammen, Hebammenlehranstalten. 
Hebammenlehranstalten, Hebammenunter- 
richt. Derartige Anstalten, deren erfolgreicher 
Besuch die Voraussetzung für die Ausübung 
der Hebammentätigkeit bildet (Allg Vf. über 
das Hebammenwesen vom 6. Aug. 1883 — 
AMBl. 211 — 8929), bestehen zurzeit als staatliche 
in Königsberg i. Pr. und Marburg, als pro- 
vinzielle in Gumbinnen, Danzig, Frankfurt 
a. O., Lübben, Stettin, Posen, Breslau, Oppeln, 
Wagdeburg, Wittenberg, Erfurt, Hannover, 
Celle, Osnabrüchk, Paderborn, Cöln und Elber- 
feld. Die Unterhaltung und Verwaltung die- 
ser nichtstaatlichen Anstalten ist Sache der 
Provinzialverbände (s. Dotationsgesetz vom 
8. Juli 1875 — GS. 497 — § 13) und ge- 
schieht auf Grund genehmigter Provinzial- 
reglements. Die Unterrichtskurse dauern regel- 
mäßig sechs Monate, doch ist die Aus- 
dehnung auf neun Monate empfohlen; der 
Unterricht ist theoretisch und praktisch an 
Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen; 
die Anstalten sind zu diesem Zweck gleichzeitig 
als Entbindungsanstalten zur Aufnahme von 
Schwangeren eingerichtet. Die Fortbildung 
der Hebammen und ihre Befestigung in den 
erworbenen Renntnissen erfolgt in Wieder- 
holungskursen, die teils aus Provinzial-, teils 
  
Hebammenlehranstalten, Hebammenunterricht — Hebegebühren. 
aus Staatsmitteln an den Hebammenlehr- 
anstalten in verschiedenen Provinzen einge- 
richtet sind (s. auch unter Hebammen). 
Hebeberechtigung. Nach ALR. I, 15 § 138 
ist jeder Privatinhaber einer zur Unterhaltung 
von Wegeanlagen staatlich verliehenen Brückhen-, 
Fähr= oder Wegegeldberechtigung öffentlich- 
rechtlich (OV V. 11, 214; 16, 300; 28, 240) ver- 
pflichtet, die Straßen, Wege, Fähren oder 
Brücken innerhalb des ihm angewiesenen 
Distrikts, d. h. hinsichtlich des Objekts, auf 
das sich die H. bezieht (O. 28, 233; 35, 279), 
auf eigene Kosten in sicherem und tauglichem 
Zustande zu erhalten. Als Inhaber gilt, so- 
fern die H. mit einem Grundstücke verbunden 
ist, der jeweilige Eigentümer (OV. 26, 220). 
Die Verleihung erfolgt durch kgl. Verordnung 
.(ALR. IL, 15 §§ 90—93), die Erhebung selbst 
auf Grund vorgeschriebenen Tarifs. Die Ein- 
nahmen dürfen die zur Unterhaltung und ge- 
wöhnlichen Herstellung der Verkehrsanstalt 
erforderlichen Kosten nicht übersteigen (s. Ver- 
kehrsabgaben, Wegebaulast ). 
Hebegebühren erhielten bis 1. April 1895 
die Gemeinden und Gutsbezirke der östlichen 
Provinzen vom Staate für die Erhebung und 
Ablieferung der Gebäude-, Gewerbe-, Betriebs- 
und der Einkommensteuer von den Einkom- 
men bis zu 3000 M.; die Einkommensteuer 
von höheren Einkommen und in den west- 
lichen und neuen Provinzen die sämtlichen 
direkten Staatssteuern wurden von den staat- 
lichen Steuererhebern unmittelbar eingehoben. 
Die H. der Gemeinden und Gutsbezirke be- 
trugen bei der Gebäudesteuer 3, bei den beiden 
anderen Steuern 2% der erhobenen Beträge. 
Dieselben H. bezogen in den westlichen und 
neuen Provinzen die Steuererheber, soweit sie 
nicht fixierte Gehälter erhielten. Die Grund- 
steuer war von den Gemeinden und Guts- 
bezirken der östlichen Provinzen unentgeltlich 
zu erheben, während in den westlichen und 
neuen Provinzen die Steuerpflichtigen 3% 
der Steuer als Hebegebühren an den Steuer- 
erheber bzw. die Staatskasse zu entrichten 
zatten (Gebäudesteuergesetz § 14; Gewöte. 
75; Eink St G. § 73; Grundsteuergesetz f. d. 
westl. Provinzen §8 2a, 3; Grundsteuergesetz 
für die neuen Provinzen vom 11. Febr. 1870 
§ 11). Ebenso erhielten in den Hohenzollern- 
schen Landen die Gemeinden für die Erhebung 
der Grund-, Gebäude-, Gefäll= und Gewerbe- 
steuer 4% H., für die Erhebung der Kapitalien- 
und Dienstertragssteuer die Ortsvorsteher 2%. 
Durch §8§ 15, 16 des St AG. vom 14. Juli 1893 
bzw. Art. IX, X des G., betr. Umgestaltung 
der direkten Staatssteuer in den hohenzoll. 
Landen, vom 2. Juli 1900 sind alle an die Ge- 
meinden und Gutsbezirke zu entrichtenden H. 
beseitigt, ebenso durch § 15 Abs. 2 die Bestim- 
mungen über die von den Steuerpflichtigen 
der westlichen und neuen Provinzen zu ent- 
richtenden Beischläge behufs Bestreitung der 
Grundsteuererhebungskosten. Den Gemein- 
den und Gutsbezirken ist auf Grund des 
§ 16 Abs. 2 des erstgedachten G. durch 
ugl. V. vom 22. Jan. 1894, in Hohenzollern 
durch Art. X des G. vom 2. Juli 1900 die 
Verpflichtung zur unentgeltlichen Erhebung
	        
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