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der Vollkommenheit zu heben, sowie die Eigen-
tümlichkeiten des Kriegsdienstes und der für ihn
erforderlichen Verrichtungen begründen eine
Sonderstellung der Angehörigen des Heeres und
Militärpersonen
Gewerbes (§ 43, s. zu V); e) bei der An-
nahme von Amtern in der Verwaltung und
Vertretung der kirchlichen oder
politischen Gemeinden und wei-
der Marine auf den verschiedensten Gebietenteren Kommunalverbände (F 47 a.
des staatlichen Lebens. Diese Sonderstellung
äußert sich in' erster Linie, entsprechend den be-
sonderen Bedürfnissen des Heeresdienstes und
der Disziplin, in strafrechtlicher und strafprozes-
sualischer Hinsicht und findet außerdem ihren
Ausdruck in mannigfachen Beschränkungen der
staatsbürgerlichen und bürgerlichen Rechte, wie
vertretung und -verwaltung weder aktiv noch
andererseits den Angehörigen des Heeres und
der Marine bestimmte Vorrechte eingeräumt
sind. Die wesentlichsten Bestimmungen über die
sich danach ergebenden Abweichungen von dem
allgemeinen Rechte sind in den Art. 37—39 Vl.,
§& 39—49 RMil G., den auf Grund derselben
erlassenen Gesetzen, insbesondere dem Militär-
strafgesetzbuche und der Militärstrafprozeßord-
nung, sowie den Kommunalverfassungsgesetzen
und den Kommunalabgabengesetzen enthalten.
III. 1. In bezug auf die Sonderstellung der
M. auf strafrechtlichem bzw. straf-
prozessualischem Gebeiecte, ferner betreffs
Zustellungen, Ladungen, Zwangsvollstreckung
und freiwilliger Gerichtsbarkeit s. Militär-
gerichtsbarkeit, Zustellungen,
Zeugen, Ungehorsamsstrafen ge-
gen Zeugen und Sachverständige,
auch Prozeß und Prozeßordnun-
gen. 2. Für die Beurkundung des
Personenstandes von M., welche ihr
Standquartier nicht innerhalb des Deutschen
Reichs oder dasselbe nach eingetretener Mobil-
machung verlassen haben, oder welche sich auf
den in Dienst gestellten Schiffen oder anderen
Fahrzeugen der Marine befinden, sind auf Grund
des § 71 PSt G. vom 6. Febr. 1875 (RBl. 23)
ergangen die V. vom 4. Nov. 1875 (RGBl. 313),
vom 20. Jan. 1879 (RGhBl. 5) und vom 20. Febr.
1906 (Rl. 359); vgl. Personenstands-
gesetz. 3. Beschränkungen sind den
M. auferlegt: a) in der Ausübung des poli-
tischen Wahlrechts und Teilnahme
an politischen Vereinen. Nach § 2
des Wahlgesetzes für den RT. vom 31. Mai 1869
(B #l. 145) ruht für Personen des Soldaten-
standes des Heeres und der Marinc das aktive
Wahlrecht so lange, als sich dieselben bei der
Fahne befinden. Diese, der preuß. Verfassung
fremde Bestimmung ist durch § 49 RMilG. für
die zum aktiven Heere gehörigen M. (§ 38
a. a. O.), ausschließlich der Militärbeamten, aus-
drücklich bestätigt und auf die Landesvertretungen
ausgedehnt worden und wird in gleicher Weise
für die Marine gehandhabt. Da zu den M.
nicht die Offiziere und Mannschaften der Land-
gendarmerie und ebensowenig Offi-
ziere zur Dispositinvn gehören, so sind
diese wahlberechtigt. Auch die Teilnahme an
politischen Vereinen und Versammlungen ist
nach Abs. 2 § 49 den zum aktiven Heere ge-
hörigen M. untersagt; b) bei der Ver-
heiratung (s. Ehekonsens:; 8 40 a. a.
O.; vgl. auch Eheschließung); c) bei der
Übernahme von Vormundschaften (§ 41
a. a. O.; vgl. Vormund und Vormund-
schaft III); d) beim Betriebe eines
a. O.), was hinsichtlich der letzteren für Preußen,
soweit es sich um Angehörige des Soldaten-
standes handelt, in der Hauptsache Erledigung
darin sindet, daß die servisberechtigten M. des
aktiven Militärstandes, soweit sie nicht als Grund-
besitzer in Betracht kommen, nicht Gemeinde-
angehörige (s. d.) und daher für die Gemeinde-
passiv wahlberechtigt sind. 4. An Vorrechten
stehen den M. zu: a) die Exemtion von den
Kirchengemeinden (s. Militärkir-
chen wesen), b) Befreiung bzw. Ermäßi-
gung von Steuern und Diensten (s. Ge-
meindebesteuerung der M.), c) vom
Geschworenen= und Schöffendienste
(GVG. §8§ 34, 85; vgl. Schöffengerichte
III und Schwurgerichte III), d) von
Chausseegeld bei Offizieren und in glei-
chem Range stehenden Militärbeamten (Chaussee-
geldtarif vom 29. Febr. 18410 — GS. 94;
Brücken, Chausseegeld), e) die Ver-
sorgung im Zivildienst ([s. Militäran-
wärter). 5. In Betracht kommen außer-
dem noch § 9 BGB., wonach eine Militär-
person ihren. Wohnsitz am Garnisonorte hat
und als Wohnsitz einer Militärperson, deren
Truppenteil im Inlande keinen Garnisonort hat,
der letzte inländische Garnisonort des Truppen-
teils gilt, diese Vorschriften aber keine Anwen-
dung auf M. finden, die nur zur Erfüllung der
Wehrpflicht dienen, oder die nicht selbständig
einen Wohnsitz begründen können — pgl. dazu
und wegen des Gerichtsstandes G. vom
28. Mai 1901 (RBl. 185) § 8 Abf. 2; V.
vom 16. Nov. 1902 (Röl. 280) und 8P.
§* 14 —, sowie § 570 BGB. wegen Kün-
digung von Miet wohnungen im Falle
der Versetzung (s. Kündigungsfristen
bei Wohnungen), Beschränkung der Ab-
tretung, Verpfändung oder sonstigen Übertra-
gung des Anspruches auf Zahlung von Dienst-
einkünften, Wartegeldern oder Pensionen (RMil-
G. § 45 Abs. 1; vgl. Abtretungund Pfän-
dung), Beschränkungen in der Zwangsvoll-
streckung (§ 45; ferner ZPO. 8§§ 752, 790, 850,
904, 905, 912; V., betr. das Verwaltungs-
zwangsverfahren, vom 15. Nov. 1899 — GS. 545)
§& 8, 46), Errichtung privilegierter Testa-
mente (§ 44; vgl. Testamente III), Be-
günstigungen in bezug auf die Besteuerung der
Reliktenversorgung (§ 48) und die Möglichkeit
der Konfliktserhebung (vgl. Konflikte und
Konfliktserhebung lIII).
IV. Hinsichtlich des Unterstützungs-
wohnsitzes (s. d. II) der M. gilt folgendes:
M., die nicht bloß zur Erfüllung ihrer Militär-
pflicht dienen, erwerben durch den Aufenthalt
an ihrem Garnisonorte den Unterstützungswohn-
sitz und verlieren ihn durch Abwesenheit von dort
in gleicher Weise wie andere Personen. Zu
diesen M. gehören auch die Gendarmen. Da-
gegen ist der Dienst zur Erfüllung der gesetzlichen
Dienstpflicht (auch als Freiwilliger, BAH. 29,
45) und der Dienst als Reservist oder Land-