Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Militärstrafgerichtsordnung — Militärtierärzte (Veterinäroffiziere) 
Militärstrafgerichtsordnung s. Militär- 
gerichte. 
Militärstrafrecht. I. Das M. ist geregelt 
durch das Militärstrafgesetzbuch für 
das Deutsche Reich vom 20. Juni 1872 
(Rel. 174) mit EG. vom gleichen Tage (RG- 
Bl. 173), ersteres ergänzt durch G. vom 6. Febr. 
1911 (Rl. 31) wegen des Veterinärkorps. 
Materielles Strafrecht enthält auch § 18 des 
EGMSt GO. vom 1. Dez. 1898 (REGBl. 1289). 
Die durch das MStEB. mit Strafe be- 
drohten Handlungen und Unterlas- 
sungen sind entweder solche, welche gegen 
militärische Pflichten oder gegen 
die militärische Ordnung und Si- 
cherheit verstoßen (Kriegsverrat; Gefährdung 
der Kriegsmacht im Felde; unerlaubte Entfer- 
nung und Fahnenflucht; Feigheit; strafbare 
Handlungen gegen die Pflichten der militärischen 
Unterordnung; Mißbrauch der Dienstgewalt; 
Berletzung der Dienstpflichten bei Ausführung 
besonderer Dienstverrichtungen; sonstige Hand- 
lungen gegen die militärische Ordnung) oder 
solche, welche auch in den allgemeinen Straf- 
gesetzen mit Strafe bedroht sind, deren Begehung 
aber durch Militärpersonen entweder an sich 
oder im Felde die Strafbarkeit verschärft (Hoch- 
verrat; Landesverrat; Selbstbeschädigung und 
Vorschützung von Gebrechen; widerrechtliche 
Handlungen gegen Personen und Eigentum) 
[§# 56—152 a. a. O.]l. Die in dem Gesetze für 
strafbare Handlungen im Felde gegebenen Vor- 
schriften, die sog. Kriegsgesetze, gelten 
für die Dauer des mobilen Zustandes (s. Mo- 
bilmachung), des erklärten Kriegszustandes 
(s. Art. 68 RPV. und Belagerungszustand), 
bedingungsweise auch für die Dauer eines Auf- 
ruhrs usw. und für Kriegsgefangene (§ 9). Von 
den Kriegsgesetzen sind die Kriegsartikel 
(s. d.) zu unterscheiden, welche nicht ein eigent- 
liches Militärstrafgesetz, sondern nur eine mili- 
tärische Pflichtenlehre bilden. 
II. Eine Handlung, welche das Militärstraf- 
gesetzbuch mit dem Tode, mit Zuchthaus oder mit 
Gefängnis oder Festungshaft von mehr als fünf 
Jahren bedroht, ist ein militärisches 
Verbrechen, eine Handlung, welche es mit 
Freiheitsstrafe (Gefängnis, Festungshaft, Arrest, 
§ 16) bis zu fünf Jahren bedroht, ein mili- 
tärisches Vergehen (§ 1). Diejenigen 
Bestimmungen, welche nach den Vorschrif- 
ten des deutschen St GB. in Beziehung 
auf Verbrechen und Vergehen allgemein gelten, 
finden auf militärische Verbrechen und Vergehen 
entsprechende Anwendung (MSte#B. § 2); die 
§+ 46—55 enthalten jedoch eine Reihe von Be- 
sonderheiten. Strafbare Handlungen der Militär- 
personen, welche nicht militärische Verbrechen 
oder Vergehen sind, werden nach den allge- 
meinen Strafgesetzen beurteilt (a. a. O. 
#§ 3). Außer strafbaren Handlungen der Mili- 
tärpersonen gibt es aber noch Disziplinar- 
verfehlungen, das sind Handlungen gegen 
die militärische Zucht und Ordnung und gegen 
die Dienstvorschriften, für welche die Militär- 
gesetze keine Strafbestimmungen enthalten. Ihre 
Bestrafung erfolgt im Disziplinarwege (s. Mili- 
tärdisziplinarstrafordnungen), 
während auf Grund des MSt#B. grundsätzlich 
  
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 
  
  
  
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nur mittels gerichtlichen Erkenntnisses gestraft 
werden kann, abgesehen von bestimmten leichteren 
Fällen, für welche gleichfalls der Disziplinarweg 
zugelassen ist (EGM tGB. 8§ 3). 
III. Dem MStGB. sind unterworfen die 
Personen des Soldatenstandes 
(s. d.), sowie die Mitglieder der Landgendar- 
merie (sJ. Gen darmerie V); im Felde 
auch die Militärbeamten (s. d.) nach 
Maßgabe des § 153; ferner die Personen 
des Beurlaubtenstandes in der Zeit, 
in welcher sie sich im Dienste befinden, während 
außerhalb dieser Zeit auf sie nur die Vorschriften 
über Verstöße gegen die militärische Unterordnung 
(§§ 89 ff.) und über Mißbrauch der Dienstgewalt 
(58 114 ff.) unter bestimmten Voraussetzungen 
(vgl. §§ 113, 126), die Vorschriften über uner- 
laubte Entfernung und Fahnenflucht, darunter 
auch Nichtgestellung nach bekanntgemachter Kriegs- 
bereitschaft (§§ 64 ff.) und die Vorschriften 
über Selbstbeschädigung und Vorschützung von 
Gebrechen (§8§ 81 ff.) Anwendung finden (vygl. 
RMil G. 8 60 Ziff. 3). In Kriegszeiten 
unterstehen dem MStG. auch das sog. Ge- 
folge des Heeres, alle Personen, die sich in irgend 
einem Dienst= oder Vertragsverhältnisse bei dem 
kriegführenden Heere befinden oder sonst sich 
bei ihm aufhalten oder ihm folgen, die Kriegs- 
gefangenen, sowie wegen gewisser auf dem 
Kriegsschauplatze begangener Straftaten jeder 
Ausländer und Deutsche (8§8 155 ff.). 
IV. Die militärstrafrechtlichen Strafarten 
bestehen in: 1. Todesstrafe, die für eine 
Reihe von militärischen Verbrechen im Felde 
vorgesehen ist und durch Erschießen vollstreckt 
wird (§ 14 a. a. O.); 2. lebenslänglichem oder 
zeitigem Zuchthaus von mindestens ein- 
jähriger Dauer, dessen Vollstreckung auf die 
bürgerlichen Behörden übergeht (§ 15 Abs. 3); 
3. lebenslänglicher oder höchstens 15 Lhrier 
zeitiger Freiheitsstrafe (§ 16 Abs. 2), 
und zwar bei einer Dauer von mehr als sechs 
Wochen Gefängnis oder Festungshaft, 
deren Zeit auf die gesetzliche Dienstzeit im 
stehenden Heere oder in der Flotte nicht ange- 
rechnet wird, bei kürzerer Dauer Arrest (8 17). 
Der Arrest zerfällt in Stubenarrest (bei Offi- 
zieren), gelinden, mittleren oder strengen Arrest, 
letzterer im Höchstbetrage von vier Wochen 
nur bei Gemeinen (88 19, 20); 3. Ehren- 
strafen — Entfernung aus dem Heere oder der 
Marine, Dienstentlassung gegen Offiziere, De- 
gradation gegen Unteroffiziere und Versetzung in 
die zweite Klasse des Soldatenstandes gegen Unter- 
offiziere und Gemeine (88 30 ff. a. a. O). Wegen 
der Strafen gegen Militärbeamte s. 88 43—45 
und Militär (Marine) beamte. 
V. Wegen der Strafvollstreckung 
s. Mil. Strafvollstreckungsvorschrift vom 9. Febr. 
1888, und wegen der fortdauernden Geltung der 
§§ 48 Abs. 2 u. 3 und 188 des St GB. für das 
preuß. Heer vom 3. April 1845 (GS. 288) für 
Gendarmen Gendarmerie V. 
Schlayer, Militärstrafrecht 1904, weitere Lit. das. 
S. 2 Anm. 1. 
Militärtechnische Akademie s. Militär- 
bildungswesen I. 
Militärtierärzte (Beterinäroffiziere) s. Mili- 
tärveterinärwesen. 
2. Aufl. II. 10
	        
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