Landgemeinden (Gemeinderecht)
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hat). Steht ein Wohnhaus in geteiltem oder übrigen s. über den Verlust dieser Ämter unter
ungeteiltem Miteigentum mehrerer, so kann das Gemeinde (Kommunal)ämter. — Die
Gemeinderecht auf Grund dieses Besitzes nur Ausübung des Gemeinderechts ruht (vgl. O G.
von einem unter ihnen ausgeübt werden. 40,147), wenn gegen ein Gemeindeglied gerichtliche
Falls die Miteigentümer sich über die Person Haft verfügt oder wegen eines Verbrechens oder
des Berechtigten nicht einigen können (vgl. Vergehens, welches die Aberkennung der bürger-
O#G. 26, 113 und 44, 148), ist derjenige be= lichen Ehrenrechte zur Folge haben kann, das
fugt, das Gemeinderecht auszuüben, der den Hauptverfahren eröffnet ist, solange bis das
größten Anteil besitzt. Bei gleichen Anteilen Strafverfahren beendet ist; serner wenn ein
wird die Person des Berechtigten durch das Los Gemeindemitglied in Konkurs verfällt bis zur
bestimmt, welches durch die Hand des Gemeinde-Beendigung des Verfahrens (in Hessen-Nassau
vorstehers gezogen wird. In den Fällen, wo und in Hohenzollern auch, solange ein Gemeinde-
ein Wohnhaus durch Vererbung auf einen ande= glied entmündigt ist); wenn ein Gemeindeglied
ren übergeht, kommt den Erben bei Berechnung Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln
der Dauer des einjährigen (zweijährigen) Wohn= empfängt, während sechs Monate nach dem
sitzes die Besitzzeit des Erblassers zugute. Die Empfang der Unterstützung, sofern es nicht früher
Übertragung unter den Lebenden an Verwandte die empfangene Unterstützung erstattet; endlich
in absteigender Linie steht der Vererbung gleich wenn ein Gemeindeglied die geschuldeten Ge-
Steuerzahlungen, Einkommen und Grundbesitz meindeabgaben nach Mahnung durch den Steuer-
der Ehefrau werden dem Ehemanne, Steuer= erheber (vgl. OV G. 40, 147) nicht (in Hessen-
zahlungen, Einkommen und Grundbesitz der in Nassau und in Hohenzollern nicht innerhalb acht
elterlicher Gewalt befindlichen Kinder werden Tagen) gezahlt hat, bis zur Entrichtung dieser
dem Vater angerechnet (vgl. O G. 34, 142). Abgaben (in den bezeichneten Landesteilen von
Als selbständig wird betrachtet, wer das 24. Le-
bensjahr vollendet hat und einen eigenen Haus-
stand (s. d.) besitzt, sofern ihm nicht das Ver-
fügungsrecht über die Verwaltung seines Ver-
mögens durch richterlichen Beschluß entzogen ist
(vgl. OVG. 9, 64). Inwiefern über die Erlangung
des Gemeinderechts von dem Gemeindevorsteher
eine Urkunde zu erteilen ist, bleibt statutarischen
Anordnungen vorbehalten. Eine Verleihung
des Gemeinderechts kann durch den Gemeinde-
vorsteher im Einverständnis mit der Gemeindever-
sammlung (Gemeindevertretungg schon vor Ablauf
der gesetzlichen Wohnsitzfrist von einem Jahre (in
Hessen-Nassau und Hohenzollern von zwei Jah-
ren) erfolgen, sofern die sonstigen Voraus-
setzungen für seinen Erwerb vorliegen, wenn ein
Ablauf der acht Tage ab). — Während das volle
Gemeinderecht nur männlichen Personen zusteht,
können weibliche Personen (ebenso wie
Forensen, juristische Personen und gewisse Gesell-
schaften) unter gewissen Voraussetzungen in der
Gemeinde das Stimmrecht (s. Landge-
meinden Stimmrecht, Wahl-
recht) besitzen. Der Gemeindevorsteher hat eine
Liste der Gemeindeglieder (und sonstigen
Stimmberechtigten) zu führen und alljährlich im
Januar zu berichtigen (LG#O. f. d. ö. Pr. und für
Schleswig-Holstein § 39; für Hessen-Nassau § 9;
für Hohenzollern § 9). Das Gemeinderecht ist
von der Eintragung in diese Liste nicht abhängig
(O#V. 53, 75). Gegen Eintragungen oder die
Versagung von solchen kann Einspruch und Klage
Gemeindeglied seinen Wohnsitz in eine andere Ge= erhoben werden (OW#G. 49, 133; vgl. auch 49,
meinde oder der Besitzer eines selbständigen Gutes 1 und 51, 30). Über die Eintragung eines Ver-
seinen Wohnsitz in eine Landgemeinde verlegt. — merks über das Ruhen des Gemeinderechts
Der Verlust des Gemeinderechts und der un= s. O##. 40, 147; 56, 60.
besoldeten Gemeindeämter (vogl. OVG. 49, 103) II. In Westfalen und in der Rhein-
tritt ein, sobald eins der vorgeschriebenen Er= provinz, wo die nach den dortigen L.
fordernisse für seinen Erwerb nicht mehr zutrifft verwalteten Ortschaften sich weder als reine
(vgl. OV G. 53, 74; 26, 102) oder der Wohnsitz Einwohnergemeinden noch als Grundbesitzerge-
in dem Gemeindebezirk aufgegeben wird. In
Hessen-Nassau und in den hohenzollernschen
Landen verbleiben sie jedoch demienigen, bei
welchem die oben unter a bis c erwähnten Er-
fordernisse des Hausbesitzes oder der Steuer-
veranlagung deshalb nicht mehr vorhanden sind,
weil er seinen Grundbesitz, unter Vorbehalt
von Einsitzberechtigungen, Altenteilen, Auszugs-
rechten, Leibgedingen oder sonstigen Leistungen
an seine Abkömmlinge oder andere Personen
verteilt oder übergeben hat. Auch ist dort bei Ein-
führung der neuen Gem. das Gemeinderecht für
seine damaligen Besitzer nicht deshalb verloren ge-
gangen, weil bei ihnen die eben erwähnten Er-
fordernisse nicht zutrafen. Wer durch rechts-
meinden, sondern als eine Verbindung beider
Arten darstellen, ist zu unterscheiden zwischen
a) Ein wohnern, b) Gemeindemit-
gliedern undc) Gemeindeberechtig-
ten (Gemeindebürgern).
Nach der westfälischen L#O. steht den
„Einwohnern“ der Gemeinde (Personen, die in
der Gemeinde ihren Wohnsitz haben) das Recht
zur Mitbenutzung der öffentlichen Gemeinde-
anstalten (s. d.) zu (§ 2), während „Mitglieder“
der Gemeinden nur die „selbständigen“, d. h.
mindestens 24 Jahre alten, einen eigenen Haus-
stand besitzenden und in der Verfügung über
ihr Vermögen durch richterliche Anordnung
nicht beschränkten Einwohner und in den Land-
kräftiges Erkenntnis der bürgerlichen Ehrenrechte gemeinden (nicht in den nach der GemO. ver-
verlustig gegangen ist, verliert dadurch dauernd walteten Städten) auch noch die im Gemeinde-
die bisher von ihm bekleideten Amter in der bezirk mit einem Wohnhause angesessenen, aus-
Verwaltung und Vertretung der Gemeinde und wärts wohnenden Personen sind (§8 14, 17, 66).
für die im Urteile bestimmte Zeit das Gemeinde- Gemeindemitglieder können nur natürliche (phy-
stimm- und Wahlrecht, sowie die Fähigkeit es zu sische) Personen sein. Ihnen steht nach Maßgabe
erwerben und Gemeindeämter zu bekleiden. Im der Verfassung jeder Gemeinde die Teilnahme