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Paßwesen
sonstige Reisepapiere erteilt werden sollen, wenn Stempeldruckformularen, die von den Steuer-
ihrer Befugnis zur Reise gesetzliche Hindernisse behörden zu beziehen sind. Amtliche Zeugnisse,
nicht entgegenstehen, und daß ferner auch von!
Ausländern weder beim Eintritt in das Reichs-
gebiet, noch während ihres Aufenthalts oder ihres
Reisens innerhalb desselben ein Reisepapier ge-
auf Grund deren ein Paß oder eine Paßkarte
ausgestellt werden soll, sind stempelfrei (TSt. 77
a. a. O.). S. Atteste sowie Genehmi-
gungen (Stempelpflicht). Wegen
fordert werden soll (Paßgesetz §§ 1, 2). Welche der Ausfertigungsgebühren s. Erl. vom 30. Dez.
Hindernisse im Sinne des § 1 als gesetzliche an-
zusehen sind, ist im Gesetze selbst nicht angegeben.
Die zuständigen Behörden haben daher pflicht-
mäßig zu prüfen, ob durch die Erteilung des
Passes dem Gesuchsteller die Verletzung gesetz-
licher Pflichten ermöglicht oder erleichtert wird,
in welchem Falle der Paß zu versagen ist. Als
Versagungsgründe kommen vorzugsweise —
ähnlich wie bei den Heimatsscheinen (s. d.) —
Rücksichten auf die Militärpflicht (Wehr O. 8 107
Ziff. 1), sowie Rücksichten auf Steuerpflicht,
Strafverfolgung und Strafvollstreckung, Polizei-
aussicht usw., in Betracht (Ausf E. vom 30. Dez.
1867). Reichsangehörigen, welchen
gesetzliche Hindernisse nicht entgegenstehen, m ß
das Reisepapier erteilt werden.
Zuständig hierfür ist im allgemeinen die Behörde
des Wohnsitzes; der Schwerpunkt der Entschei-
dung ist jedoch auf eine ausreichende Legitima-
tion des Antragstellers zu legen. Unter der Vor-
aussetzung, daß in dieser Beziehung keine Be-
denken vorliegen, kann daher deutschen Staats-
angehörigen auch an ihrem vorübergehenden Auf-
enthaltsorte ein Paß ausgestellt werden (Erl. vom #
9. Juli 1868 — MBl. 249; Erl. vom 1. Juli 1898
— Ml. 142). Aktive Offiziere, Sanitätsoffiziere
und obere Beamte des Landheeres oder der Ma-
rine haben ihren Anträgen auf Erteilung eines
Passes eine Bescheinigung der betreffenden
Dienststelle (Generalkommando, Marinestations=
kommando) darüber beizufügen, daß der Ertei-
lung des Passes keine Bedenken entgegenstehen.
An Reichsausländer sollen Pässe im
allgemeinen nicht erteilt werden. Wenn
Personen einen Paß nachsuchen, welche die
Reichsangehörigkeit ehemals besessen und eine
andere Staatsangehörigkeit nicht erworben
haben (Heimatlose, Staatslose), oder Per-
sonen, deren Staatsangehörigkeit zweifelhaft
erscheint, so kann ihnen ein Paß in besonders
dringenden Fällen unter Aufnahme eines ent-
sprechenden Vermerks erteilt werden (Erl. vom
1. Dez. 1892 — Mhl. 1893, 5). Russischen
Staatsangehörigen werden zur Reise nach Ruß-
land keine Pässe erteilt (Erl. vom 11. Sept. 1909
— Ml. 198). Die zu erteilenden
Reisepapiere sind entweder Paßkar-
ten (s. d.) oder Reise pässe. Die Unter-
scheidung zwischen Inlands= und Auslands-
pässen ist in Fortfall gekommen (Erl. vom 30. Dez.
1867). Für die Pässe und sonstigen Reisepapiere
sind übereinstimmende Formulare eingeführt
(Paßgesctz § 7; Erl. vom 30. Dez. 1867). An
Stempelabgaben und Ausfertigungsgebühren
darf nicht mehr als höchstens 3 .X erhoben werden
(Paßgesetz § 8). In der Regel sind Reisepässe
und Paßkarten mit 3 .K zu versteuern. Wer-
den sie für Handwerksburschen, Dienstboten,
Lohnarbeiter und andere Personen ähulichen
Standes ausgestellt, so bedarf es nur eines
Stempels von 1. (TSt. 49 LStG.). Die
Versteuerung erfolgt durch Verwendung von
1867 und wegen der Verrechnung derselben Erl.
vom 20. Mai 1881, Md J. II 4845. Die Aus-
fertigung und Erteilung besonderer Wanderpässe
und Wanderbücher für reisende Gewerbegehilfen
findet nicht mehr statt (Erl. vom 30. Dez. 1867),
ebensowenig eine Verlängerung der Gültigkeits-
dauer der Pässe, welche letztere in der Regel auf
ein Jahr, längstens auf zwei Jahre zu bemessen
ist (Erl. vom 12. Okt. 1899 — MBl. 211). Zur
Erteilung von Pässen sind befugt,
und zwar zum Eintritt in das Reichsgebiet die
diplomatischen Vertreter des Reichs und der
Einzelstaaten, sowie die Konsuln des Reichs, für
die Erteilung von Auslandspässen und sonstigen
Reisepapieren die Regierungspräsidenten (in
Berlin der Polizeipräsident), die Landräte und
die von den Regierungspräsidenten hierzu er-
mächtigten, durch das Amtsblatt bekanntzuma-
chenden städtischen Polizeiverwaltungen (Paß-
gesetz § 6; Erl. vom 30. Dez. 1867). Außerdem
werden, jedoch nur, wenn ein über das Maß des
Gewöhnlichen hinausgehendes öffentliches Inter-
esse an dem Schutze und der Förderung des Paß-
inhabers im Auslande besteht, insbesondere,
wenn es sich um Reisende von besonderer sozialer
und wirtschaftlicher Stellung oder um Reisen im
amtlichen Auftrage, bzw. zu allgemeinen, be-
deutsamen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder
wirtschaftlichen Zwecken handelt, auf Grund
der älteren Vorschriften des Paßedikts vom
22. Juni 1817 von dem Auswärtigen Amt sog.
Kaiserpässe (früher Kabinettspässe ge-
nannt) und von dem MdJ. sog. Ministe-
rialpässe ausgestellt. Die von der zustän-
digen Behörde eines Bundesstaats ausgestellten
Reisepapiere, sowie andere Legitimationsur-
kunden haben, wenn sie nicht eine ausdrückliche
Beschränkung in dieser Beziehung enthalten,
Gültigkeit für das ganze Reichsgebiet (Paß-
gesetz § 4). Pässe nach den afrikanischen oder
Südsee-Schutzgebieten für Beamte und Militär-
personen der Reichs-Kolonialverwaltung und
deren Angehörige ist das Reichs-Kolonialamt
auszustellen befugt (Bek. vom 30. Juni 1910 —
RBl. 914).
2. Wenn die Sicherheit des Reichs oder eines
einzelnen Bundesstaats oder die öffentliche Ord-
nung durch Krieg, innere Unruhen oder sonstige
Ereignisse bedroht erscheint, kann die Paß-
pflichtigkeit überhaupt oder für einen be-
stimmten Bezirk oder zu Reisen aus und nach
bestimmten Staaten des Auslandes durch An-
ordnung des Bundespräsidiums vorübergehend
eingeführt werden (Paßgesetz § 9). Von dieser
Befugnis ist u. a. Rußland gegenüber durch die
V. vom 14. Juni 1879 (RöEBl. 155) Gebrauch
gemacht, die gleichzcitig eingeführte Visierungs-
pfslicht für die Pässe der aus Rußland kommen-
den Reisenden ist indessen durch V. vom 29. Dez.
1880 (RG l. 1881, 1) und 30. Juni 1894 (RBl.
501) wieder ausgehoben worden, während die
übrigen Bestimmungen der V. vom 14. Juni