352 Rechtsanwälte
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21. Mai 1900 (RGBl. 233). Nur gewerbsmäßig
betriebene Auskunfteien usw. fallen unter die
Vorschriften der GewO.; nicht gewerbsmäßig
betriebene Arbeitersekretariate, Volksbureaus usw.
also nicht (StenB. des RT. 1900/02, 2966).
Die mit festem Gehalt angestellten Sekretäre
solcher gewerkschaftlichen Vereinigungen (Ar-
beitersekretäre) sind keine Gewerbetreibenden (Erl. setze als ein Beweis der ihm abgehenden Be-
vom 3. März 1902 — HMhl. 119). Die Er= fähigung und also auch der erforderlichen Zu-
hebung von Gebühren bildet noch keinen Nach= verlässigkeit für seinen Beruf anzurechnen sei.
weis für die Gewerbsmäßigkeit, es muß viel= Was von ihm im Sinne des Gesetzes billiger-
mehr die Absicht des Erwerbs vorliegen, also weise nur gefordert werden darf, ist, daß er sich
dauernd ein Uberschuß der Einnahmen an Ge= mit der Erledigung von Aufträgen nicht befaßt,
bühren über die Ausgaben erzielt werden (Erl. wenn sie Gebiete betreffen, für die es ihm an
vom 5. Aug. 1904 — HMl. 453). der Kenntnis der maßgebenden Vorschriften der-
II. Vorschriften für den Ge art fehlt, daß er ohne Benachteiligung des seine
schäftsbetrieb. Auf Grund der GewO. Hilfe in Anspruch nehmenden Publikums den
§ 38 Abs. 4 hat der HM. Vorschriften darüber 3 Auftrag nicht zu erledigen vermag. Darin allein,
erlassen, in welcher Weise die Rechtskonsulenten daß gelegentlich aus Unkenntnis der Gesetze ein
usw. ihre Bücher zu führen und welcher polizei= Antrag gestellt wird, der nach Lage der Gesetz-
lichen Kontrolle über den Umfang und die Art gebung keinen Erfolg haben kann oder abgelehnt
ihres Geschäftsbetriebs sie sich zu unterwerfen werden muß, ohne daß sonst die Möglichkeit der
haben (s. die Vorschriften vom 28. Nov. 1901 — Benachteiligung des Antragstellers gegeben ist,
HMl. 349; MBl. 1902, 11, abg. durch Erl. vom läßt sich ein Beweis der Unzuverlässigkeit noch
4. Dez. 1906 — HMl. 309). Danach hat jeder nicht erblicken. Es wird hierfür vielmehr, wenn
Gewerbetreibende ein Geschäftsbuch und ein nicht etwa mit der Absicht einer Ausbeutung des
Geld= und Urkundenbuch nach vorgeschriebenen Publikums durch entgeltliche Erledigung offen-
Formularen zu führen, sowie jedes Schriftstück, bar nutzloser Aufträge zu rechnen ist, im wesent-
das er an Behörden oder Privatpersonen richtet, lichen darauf ankommen, ob nach den Umständen
sowie alle Eingaben an Behörden, die er für des einzelnen Falles anzunehmen ist, daß die
Dritte aufsetzt, links oben mit seinem Namen, bei Erledigung von Aufträgen betätigte Un-
seiner Wohnung und der laufenden Nummer kenntnis zur Benachteiligung der Auftraggeber
des Auftrags im Geschäftsbuche zu versehen. geführt hat oder führen konnte, und daß größere
Die Rechtsgültigkeit dieser Bestimmungen ist an- Vorsicht des Gewerbetreibenden auch für die
erkannt durch Entsch, des KG. vom 8. Dez. 1902; Zukunft als ausgeschlossen zu erachten ist (OVG.
21. Sept. 1903 (OMBl. 1903 S. 6, 362; K#. 25 41, 330). Die Untersagung erstreckt sich auf
C 50). Verstöße gegen die Vorschriften werden den ganzen Gewerbebetrieb, mag auch nur ein
nach GewO. § 148 Ziff. 4 a bestraft. Teil des Gewerbes betrieben sein (O#V#G. 49,
III. Auftreten vor Gericht. Nach #303). Die Polizeibehörden haben den Geschäfts-
8#. § 157 Abs. 2, 4 kann das Gericht Bevoll= betrieb des Rechtskonsulenten sorgfältig zu über-
mächtigte und Beistände, die das mündliche wachen (AusfAnw. z. Gew. Hif# 60)0.
V. echtsbera-
(OBG. 39, 291). Der Rechtskonsulent muß die
erforderlichen Kenntnisse besitzen, um Nachteile
für das von ihm bediente Publikum fernzu-
halten. Es kann aber nicht die Anforderung ge-
stellt werden, daß er auf allen Rechtsgebieten ge-
nügend bewandert sein müsse, oder daß ihm
gar jede rechtsirrtümliche Auslegung der Ge-
Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig betrei-
ben, zurückweisen, sofern ihnen nicht durch den
Landgerichtspräsidenten das mündliche Verhan-
Unentgeltliche
tung. Zur Bekämpfung des Winkelkonsulenten-
tums und zur Förderung der unentgeltlichen
deln vor Gericht gestattet worden ist (s. die Rechtsberatung minderbemittelter Bevölkerungs-
Allg Vf. vom 25. Sept. 1899 — JlM Bl. 272). kreise ist im Staatshaushaltsetat (Kap. 69 Tit. 16)
Das gleiche gilt für das Verhandeln vor den ein Betrag von 65 000 A eingestellt, der zu
Verwaltungsgerichten (LVG. §§ 73, 92), den Beihilfen verwendet wird (Erl. vom 2. Juli
Schiedsgerichten für Arbeiterversicherung und 1904 — HMBl. 351 — und vom 4. April 1906
vor dem RVA. (V. vom 22. Nov. 1900 —
RGBl. 1017 — §5. 10 Abs. 2; und vom 19. Okt.
1900 — RGBl. 938 — F 31 Abs. 2). Zum Ver-
handeln vor den Gewerbegerichten und Kauf-
mannsgerichten werden Rechtskonsulenten über-
haupt nicht zugelassen (Gewe G. — RGBl. 1901,
353 — § 31; Kfme. 8§ 119.
IV. Untersagung des Gewerbe-
betriebs s. Untersagung von Ge-
werbebetrieben. Ein Rechtskonsulent
gilt als unzuverlässig, wenn er weder geistig
noch wissenschaftlich genügend vorgebildet ist,
um die ihm übertragenen Eingaben, Straf-
anzeigen usw. richtig aufzufassen, abzuschätzen
und wiederzugeben (O#G. 27, 329). Eine
Person, der wegen Geisteskrankheit oder Geistes-
schwäche die Geschäftsfähigkeit in ihren eigenen
Angelegenheiten völlig entzogen oder beschränkt
ist, ermangelt der erforderlichen Zuverlässigkeit
für den Gewerbebetrieb eines Rechtskonsulenten
— HMl. 179).
Rechtsanwälte. I. Die R. waren in Preußen
früher Beamte, haben aber seit 1879 nach der
Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 (REBl.
177), welche durch das G. vom 22. Mai 1910
(RGBl. 772) einige Anderungen erfahren hat,
keine Beamteneigenschaft mehr. Sie sind in-
dessen auch nicht Gewerbetreibende — anders
RG. 55, 167 für das G. wegen Beseitigung der
Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870 (REBl.
119), dagegen O##GSt. 10, 5; O# G. 15, 41;
RGZ. 38, 137 —, die GewO. findet also auf
ihre Praxis keine Anwendung und sie zahlen
keine Gewerbesteuer (AusfAnw. z. Gewöt.
wom 4. Nov. 1895 Art. 9 Ziff. 3), sondern üben
als Organe der Rechtspflege einen freien —
soweit nicht die Gesetze, namentlich die Rechts-
anwaltsordnung, Schranken ziehen —, öffentlich-
rechtlichen Beruf im Dienste des Rechtes und
der Rechtspflege aus, bei dem sie jedoch zu