Richteramt
Amtsenthebung, welche kraft Gesetzes eintritt,
wird hierdurch nicht berührt. Auch können bei
einer Veränderung in der Organisation der Ge-
richte oder ihrer Bezirke unfreiwillige Ver-
setzungen an ein anderes Gericht oder Ent-
fernungen vom Amte unter Belassung des vollen
Gehaltes durch die Landesjustizverwaltung ver-
fügt werden (GVG. § 8; vgl. hierzu G. vom
1. Juni 1909— RGBl. 475 — Art. VIII). S. auch
die die Disziplinarverhältnisse betreffenden Art.
VI. Zulässig ist eine zeit weilige Wahr-
nehmung richterlicher Geschäfte
(GBG. § 10). Mit einer solchen können durch
die Justizverwaltung beauftragt werden: 1. Ge-
richtsassessoren; bei den Landgerichten und bei
den Strafkammern an den Sitzen der Amts-
gerichte sind sie jedoch zur Wahrnehmung richter-
licher Geschäfte nur befugt, wenn sie als Hilfs-
richter bestellt sind (AEGWV G. 8§ 5); 2. bei den
Amtsgerichten außerdem im Falle des Be-
dürfnisses Referendare, welche im Vorbereitungs-
dienste seit mindestens zwei Jahren beschäftigt
sind; zur Urteilsfällung und zu gewissen anderen,
besonders wichtigen Geschäften sind sie aber
augt# befähigt (AGGVG. 8 2; Pr FdGG. Art. 130
iff. 2).
VII. Über die persönlichen Verhält-
nisse der Mitglieder des Reichs-
gerichts gelten besondere Bestimmungen
(RBG. in der Fassung vom 18. Mai 1907 —
RGBl. 245 — § 158). Zum Mitgliede des RG.
kann nur ernannt werden, wer die Fähigkeit
zum Richteramt in einem Bundesstaat erlangt
und das 35. Lebensjahr vollendet hat. Die
Ernennung erfolgt auf Vorschlag des BR.
durch den Kaiser. Ein Mitglied des RG. kann
nur durch Plenarbeschluß des R. und nur
dann seines Amtes und Gehalts für verlustig
erklärt werden, wenn es zu einer Strafe wegen
einer entehrenden Handlung oder zu einer Frei-
heitsstrafe von längerer als einjähriger Dauer
verurteilt ist. Wenn ein Mitglied durch ein
körperliches Gebrechen oder durch Schwäche
seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur
Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig
wird, so tritt seine Versetzung in den Ruhestand
gegen Gewährung eines Ruhegehalts ein; wird
diese Versetzung in den Ruhestand von dem
Mitgliede selbst auch auf Aufforderung des Präsi-
denten nicht beantragt, so ist sie durch Plenar-
beschluß auszusprechen (GV G. §§ 127, 128, 130
Abs. 1, 131). Unter bestimmten Voraussetzungen
ist auch die vorläufige Amtsenthebung eines
Mitgliedes des R. zulässig (GVG. 8§ 129).
Nach Vollendung des 50. Dienstjahres wird
das volle Gehalt als Ruhegehalt gewährt. Auf
Grund von Art. XII des G., betr. die Zu-
ständigkeit des Reichsgerichts, vom 22. Mai 1910
(RGBl. 767) sind vorübergehend, bis längstens
zum 31. Dez. 1913, Hilfsrichter einberufen worden.
Wegen der Ernennung der Richter bei den
gemeinschaftlichen Gerichten s. diesen Art.,
wegen der Verhältnisse der richterlichen Beamten
bei den besonderen Gerichten, namentlich den
Verwaltungsgerichten, die Art. über diese
besonderen Gerichte und wegen der Haftung
für Schäden durch Amtshandlungen den Art.
Haftbarkeit der Beamten. — In
neuester Zeit ist der Deutsche Richterbund ge-
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bildet worden, der den gesamten deutschen
Richterstand (einschließlich der Staatsanwalt-
schaft) umfassen soll und 1909 den ersten Deut-
schen Richtertag abgehalten hat.
Vgl. die Art. Amtsgerichte; Land-
gerichte; Oberlandesgerichte und
Reichsgericht, sowie Richteramt und
Justizbeamte.
Stammler, Die grundsätzlichen Aufgaben des
Juristen in Rechtsprechung und Verwaltung, Verwllrch.
15, 11 Rumpf, Gesetz und Richter; Kade, Der
deutsche Richter, 1910; Düringer, Richter und
Rechtsprechung; Schneider, Die Haftbarkeit des sog.
Spruchrichters nach dem BG#., Arch Ziv Pr. 91, 209;
Brie, Die richterliche Hastung bei Urteilen; Deutsche
Richter. Zeitung. %
Richteramt. I. Die Fähigkeit zum
Richteramte wird durch die Ablegung
zweier Prüfungen erlangt (GV. § 2 Abf. 1).
Der ersten Prüfung muß ein dreijähriges Siu-
dium der Rechtswissenschaft auf einer Universität
— nicht auch der Kriegsakademie, der Kais.
Marineschule in Kiel oder einer technischen Hoch-
schule — vorangehen. Wegen der Zulassung
zu diesem Studium, außer für diejenigen, welche
das Zeugnis der Reise von einem deutschen
(JIMBl. 1874, 228) humanistischen Gymnasium
besitzen, auch für solche, welche das Zeugnis
der Reise von einem deutschen Realgymnasium
oder von einer preußischen Oberrealschule er-
worben haben s. Bek. vom 1. Febr. 1902 (JMl.
30) und Erl. vom b. April 1902, 19. Aug. 1903,
30. Mai, 2. Juni und 5. August 1905 (U 8Bl. 1902,
347; 1903, 462; 1905, 447, 418, 571). Von
dem dreijährigen Zeitraume sind mindestens drei
Halbjahre dem Studium auf einer deutschen Uni-
versität, d. i. einer Universität innerhalb des
Deutschen Reichs, nicht auch einer auswärtigen,
in welcher in deutscher Sprache gelehrt wird,
zu widmen (GV. 8 2 Abs. 2). Über den
Studiengang f. JMl. 97, 19; 99, 150. Die erste
Prüfung wird vor einer der Prüsungskommissio-
nen abgelegt, welche bei den hierfür bestimmten
Oberlandesgerichten gebildet sind, und zwar bei
der Kommission, in deren Bezirke die Beschäfti-
gung als Referendar in Aussicht genommen
oder die Universität gelegen ist, an der der
Rechtskandidat das letzte und mindestens ein
früheres Studienhalbjahr zugebracht hat. Sie
besteht aus einer schriftlichen — Erledigung der
zugeteilten Ausgabe zu einer rechtswissenschaft-
lichen Arbeit binnen sechs Wochen und Anferti-
gung von drei unter Aussicht herzustellenden
Arbeiten — und einer mündlichen (G. vom
6. Mai 1869 über die juristischen Prüfungen
und die Vorbereitung zum höheren Justizdienste
— GS. 656 — §§ 2—4; AG#. § 1; Regul.
vom 1. Mai 1883 — JMl. 131 — 895 1—10
in der durch die Allg. Vf. vom 30. März 1908 —
Il Bl. 180 — abgeänderten Gestalt). Wer die
Prüfung nicht bestanden hat, darf sie einmal
wiederholen, regelmäßig aber erst nach Ablauf
eines auf sechs bis zwölf Monate zu bestimmen-
den Zeitraums und nach einem fortgesetzten
Rechtsstudium von einem Halbjahr an einer
Universität; ausnahmsweise können das weitere
Rechtsstudium oder die rechtswissenschaftliche
Arbeit oder die drei unter Aussicht zu fertigenden.
Arbeiten oder die mündliche Prüfung erlassen
oder mehrere dieser Vergünstigungen zugleich
bewilligt werden (Regul. § 11). Die Prüfungs-
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