Städtisches Kassen- und Rechnungswesen
die Ortspolizeiverwaltung gemäß § 2 des Po-
lizeigesetzes vom 11. März 1850 (GS. 265),
B. vom 20. Sept. 1867 (GS. 1529) besonderen
staatlichen Beamten übertragen ist (s. Polizei-
behörden), hat der MdJ. die Befugnis,
der städtischen Polizeibehörde einzelne Zweige
der Polizei zur eigenen Verwaltung auf Kosten
der Stadt (s. Polizeikosten) unter Auf-
sicht des Staates zu überweisen. In Schleswig-
Holstein darf nach § 89 Abs. 3 der dortigen
St O. vom 14. April 1869 (GS. 589) nur die
Sicherheitspolizei, insbesondere die Verfolgung
von Kriminal-= und Polizeivergehen, Staats-
beamten übertragen und nur aus dringenden
Gründen zeitweilig dieselbe Einrichtung auch auf
andere Zweige der Ortspolizei ausgedehnt wer-
en.
II. Infolge dieser Teilung der Ortspolizei
ist es häufig nötig, die einzelnen Zweige der
Polizeiverwaltung fest zu umgrenzen, zumal bei
dem Nebeneinanderbestehen königlicher und st. P.
auch im Falle zweifelhafter Zuständigkeit immer
nur eine der beiden Behörden zum Erlasse einer
einheitlichen ortspolizeilichen Verfügung zustän-
sind (OCV. 47, 224). Das Nähere über die
Abgrenzung der verschiedenen Polizeizweige s.
bei Polizei III (Sicherheits= und
Wohlfahrtspolizei); Baupolizei
I, III; Wegepolizei II.
III. Den einzelnen Städten sind folgende
Zweige der Wohlfahrtspolizei übertragen: in
Berlin die Schul= und Straßenbaupolizei,
sowie die polizeiliche Aufsicht über die Ent-
und Bewässerungsanlagen der Grundstücke; in
Breslau die Hochbau-, Tiefbau= und Wege-
baupolizei; in Frankfurt a. M. die Bau-
polizei, Markt-, Feuerlösch-, Feld-, Forst= und
Hafenpolizei; in Hannover ein Teil der
Gewerbe= und Handelspolizei, die landwirt-
schaftliche, Flur-, Feld-, Forst= und Jagdpolizei,
die Medizinal-, Bau-, Straßenbau= und Feuer-
löschpolizeit; in Cöln die Hafsen-, Markt-,
Schul-, Feld-, Forst-, Jagd-, Bau-, Hoch= und
Tiefbau-, Wegebau= und Gesundheitspolizei,
letztere mit Ausnahme der Veterinärpolizei und
der sittenpolizeilichen Kontrolle; in Königs-
berg und Potsdam die Schulpolizei; in
Magdeburg die Feuerlösch-, Bau= und Feld-
polizei; in Stettin das Feuerlöschwesen,
die Armenpolizei, die Straßenbau-, Wegebau-,
Tiefbau= und Hochbaupolizei, die Markt-, Feld-,
Forst= und Jagdpolizei, letztere mit Ausnahme
der Erteilung der Jagdscheine; in Aachen die
Feld-, Markt-, Bau= und Straßenbaupolizei;
in Kassel die Feldpolizei; in Koblenz die
Feld-- und Forstpolizei; in Kiel alle polizei-
lichen Gebiete mit Ausnahme der Sicherheits-
polizei, insbesondere des Preß-, Vereins= und
Versammlungswesens, der Fremden-, Kriminal-
und Sittenpolizei, einiger gewerblichen Funk-
tionen und der Ausstellung von Jagdscheinen;
in Posen die Bau-- und Straßenbaupolizei;
in RNixdorf und Schöneberg die
Straßenbaupolizeiji in Wiesbaden die
Feldpolizei und das Feuerlöschwesen; in Hanau
die Markt-, Gesinde-, Schul-, Bau= und Feld-
polizei; in Fulda das Meldewesen, die Feld-,
Forst-, Jagd= und Fischereipolizei; in Saar-
597
brücken die Feld= und Forstpolizei. In
Charlottenburg und Danzig liegen
sämtliche Zweige der Polizeiverwaltung in der
Hand der kgl. Behörde.
Städtisches Kassen= und Rechnungswesen.
a) Im Bereiche der StO. f. d. ö. Pr. vom
30. Mai 1853 (GE. 261) gehört die städtische
Kassenverwaltung einschließlich des Erlasses der
sie im einzelnen regelnden Instruktionen zu der
Zuständigkeit des Magistrats bzw. in den
gemäß § 72 ohne kollegialischen Gemeinde-
vorstand bestehenden Stadtgemeinden zum Ge-
schäftskreise des Bürgermeisters. Er weist die
Stadtkasse an, bestimmte Beträge zu verein-
nahmen und zu verausgaben, und ist für die
Rechtmäßigkeit dieser Anweisungen verantwort-
lich. Die Kassenbeamten haben lediglich seine
Anordnungen auszuführen. Das Recht zur
Anweisung des Empfanges von Einnahmen und
zur Zahlungsleistung kann an einzelne Magistrats-
mitglieder, Verwaltungsdeputationen oder an-
dere städtische Organe delegiert werden. Zah-
lungen ohne Anweisung der zuständigen Stelle
sind unzulässig und von dem zahlenden Beamten
zu vertreten. Der Stadtverordnetenversamm-
lung steht eine Einwirkung auf die Kassen-
führung nicht zu. Im einzelnen ist die Ver-
waltung des Kassen= und Rechnungswesens
Sache des Kämmerers (s. d.). Zur Besorgung
der Kassengeschäfte und der Buchführung sind
dem Gemeindeeinnehmer (s. d.) die nach dem
Umfange der Kassenverwaltung erforderlichen
Kassierer, Buchhalter, Kassenboten und sonstigen
Hilfskräfte beizugeben. Zur Beaussichtigung
der Kassen und zur Aufrechterhaltung der Ord-
nung in der Kassenverwaltung dienen die regel-
mäßigen und die außerordentlichen Kassen-
revisionen, welche für alle staatlichen und kom-
munalen Kassen jedes Orts genau zur gleichen
Zeit (Tag und Stunde) stattfinden sollen. Ist für
die obere Kontrolle der Kasse ein besonderes Kassen-
kuratorium (s. Deputationen städtische, IV)
eingesetzt, so hat dieses die regelmäßigen Kassen-
revisionen vorzunehmen. Der Stadtverordneten-
versammlung ist von jeder regelmäßigen Kassen-
revision Kenntnis zu geben, damit sie in der
Lage ist, eins oder mehrere Mitglieder zur Teil-
nahme abzuordnen. Bei außerordentlichen
Kassenrevisionen ist der Vorsitzende oder ein von
ihm ein für allemal bezeichnetes Mitglied der
Stadtverordnetenversammlung zuzuziehen. Die
Stadtverordnetenversammlung erscheint im Hin-
blick auf das ihr allein zustehende Recht der
Finanzkontrolle befugt, jederzeit die Vornahme
einer außerordentlichen Kassenrevision zu for-
dern (§8 56 Ziff. 4, 59, 73). Im übrigen übt
sie ihr Aufsichtsrecht gelegentlich der ihr nach
§ 69 zustehenden Prüfung und Dechargierung
der Jahresrechnung.
b) Gleichartige Bestimmungen bestehen für
die Prov. Westfalen und für Frank-
furt a. M.; in der Rheinprovinz kann
bei außerordentlichen Kassenrevisionen ein Mit-
glied der Stadtverordnetenversammlung zuge-
zogen werden (Wests St O. vom 19. März 1856
— GS. 237 — 8§8§ 56 Ziff. 4, 59, 72, 73; Rhein-
St O. vom 15. Mai 1856 — GS. 406 — 8§§ 53
Ziff. 4, 66, 74; Frankf. Gem VG. vom 25. März
1876 — GS. 401 — 88§ 63 Ziff. 4, 66, 73).