Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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bunden sind, auf die der U. noch nicht unter- 
worfenen Zweige der Seefischerei, auf den 
Kleinbetrieb der Seeschiffahrt mit Segelfahr- 
zeugen von nicht mehr als 50 chm Bruttoraum- 
gehalt und auf Personen, welche, ohne zur 
Schiffsbesatzung zu gehören, auf deutschen See- 
fahrzeugen in inländischen Häfen beschäftigt wer- 
den, sofern sie nicht bereits der U. unterliegen. 
Zugleich sind die Gewerbebetriebe, welche sich 
überhaupt auf Bauarbeiten erstrecken, in ihrem 
ganzen Umfange der U. unterstellt und die Be- 
triebe mit durch tierische Kraft bewegten Motoren 
den Fabriken gleichgestellt. Die Bestimmungen 
über die Schiedsgerichte und die Organisation 
des RV. und der Landesversicherungsämter sind 
aus den einzelnen Gesetzen in das Gesetz, betr. 
die Abänderung der U#., genommen. An 
Stelle der Schimedsgerichte für die einzelnen 
Träger der U. sind territorial abgegrenzte Schieds- 
gerichte für Arbeiterversicherung (s. d.) getreten. 
II. Umfang der Versicherung. Ge- 
genstand der U. ist die Versicherung gegen Min- 
derungen der Erwerbsfähigkeit, die durch Körper- 
verletzungen eintreten, und gegen die durch das 
Ableben des Versicherten herbeigeführte wirt- 
schaftliche Schädigung der Hinterbliebenen. Die 
Versicherung tritt aber nur ein, wenn es sich um 
einen Betriebsunfall oder um einen Unfall 
handelt, der einen Versicherten bei Leistung 
häuslicher oder anderer Dienste betroffen hat, 
zu welchen er von dem Arbeitgeber oder sei- 
nem Beauftragten herangezogen wurde. Ein ent- 
schädigungspflichtiger Unfall liegt nur vor, wenn 
der Betroffene entweder durch äußere Verletzung 
oder durch organische Erkrankung eine Schädigung 
seiner körperlichen oder geistigen Gesundheit 
(Körperverletzung oder Tod) erleidet, und wenn 
diese Schädigung auf ein plötzliches, d. h. zeitlich 
bestimmbares, in einen verhältnismäßig kurzen 
Zeitraum eingeschlossenes Ereignis zurückzufüh- 
ren ist, welches in seinen möglicherweise erst all- 
mählich hervortretenden Folgen den Tod oder die 
Körperverletzung verursacht (Handb. d. U. 1, 69; 
RG3. 21, 27; 66, 433). Gewerbekrankheiten, 
Einflüsse ungesunder Betriebsstätten, allmählich 
bei der Betriebsart und unter deren Einfluß ent- 
stehende äußere Verletzungen, sowie die allmäh- 
liche Abnutzung der körperlichen Kräfte und all- 
mähliche Verschlimmerung krankhafter Anlagen 
sind keine Unfälle, sondern begründen einen An- 
spruch auf Invalidenrente (Handb. 1, 69 ff.; 
RG3Z. 21, 77; 29, 42; 44, 254; 66, 433). Die aus 
betriebsgemäßen Zuständen oder Handlungen 
hervorgehenden Unfälle, von denen die im Be- 
triebe Beschäftigten betroffen werden, sind 
keineswegs grundsätzlich von der Behandlung 
als Betriebsunfälle ausgeschlossen, wenn sonst 
deren Voraussetzungen vorliegen (RG# Z. 44, 253). 
Der Unfall muß sich beim Betrieb ereignet haben. 
lber den Begriff „Betrieb“ s. Versiche- 
rungspflicht II 1. Bei den Wegen des 
Arbeiters von seiner außerhalb der Betriebs- 
stätte befindlichen Wohnung zur Betriebsstätte 
und von dieser zur Wohnung muß die eigenwirt- 
schaftliche Tätigkeit des Arbeiters im Gegensatz 
stellt werden. Diese Wege sind Handlungen, die 
  
  
Unfallversicherung 
selben nach Hause zurückzukehren. Um dem Be- 
triebe zugerechnet werden zu können, muß der 
Umstand hinzutreten, daß der Gang nach seiner 
zweifellosen und unmittelbaren Zweckbestim- 
mung noch im Banne des versicherungspflichtigen 
Betriebes erfolgt. Soweit die Wege über die 
Betriebsstätte führen, sind sie ein Teil der auf 
der Arbeitsstätte zu verrichtenden Arbeiten 
(Handb. 1 S. 97, 109; AN. 22, 271; 23, 470; 
26 S. 412, 413). Die Instandsetzung eines Ar- 
beitsgeräts zwecks demnächstiger Benutzung bei 
der Betriebsarbeit ist keine versicherte Betriebs- 
tätigkeit (AN. 17, 360). S. auch SuG. 8 8. 
Unfälle, die bei häuslichen und anderen Dienst- 
leistungen vorkommen, begründen nur dann 
einen Anspruch auf Entschädigung, wenn diese 
Verrichtungen im Auftrage des Arbeitgebers 
oder seines Beauftragten ausgeführt werden und 
wenn der Betroffene in seiner Haupttätigkeit 
versichert ist, nicht auch dann, wenn nur nebenher 
versicherungspflichtige Arbeiten verrichtet wer- 
den (AN. 18, 186; s. auch 20, 198). Die Ver- 
sicherung erstreckt sich aber nicht auf solche Hand- 
lungen, welche aus dem Rahmen des Auftrags 
hinausfallen (AN. 22, 509) oder gegen ein Ver- 
bot des Arbeitgebers verstoßen (AN. 24, 510). 
S. auch AN. 26, 435. Es kommen nur Arbeiten 
in Frage, die dem Interesse des Arbeitgebers 
dienen, nicht solche, die im Privatinteresse des 
Beaufstragten liegen (AN. 24, 511). Der Be- 
griff „andere Dienste“ umfaßt auch eine ständige 
gewerbliche Nebenbeschäftigung (AN. 20, 411). 
Auch das Vorführen von Pferden zur militärischen 
Musterung durch einen Arbeiter gehört hierher 
(AN. 18, 676; s. auch AN. 25, 453). Ist der 
Verletzte bei zwei Berufsgenossenschaften ver- 
sichert, so ist diejenige Genossenschaft entschädi- 
gungspflichtig, welcher der Betrieb angehört, 
in der der Versicherte überwiegend beschäftigt 
war (AN. 20, 446). S. auch Versiche- 
rungspflicht II, Ausländer. Die 
Versicherung sich selbst versichernder Betriebs- 
unternehmer (s. Selbstversicherung) und 
statutarisch der Versicherungspflicht unterwor- 
fener Betriebsunternehmer (s. Versiche- 
rungspflicht II) erstreckt sich grundsätzlich 
nur auf die Unfälle, die sich beim Betriebe er- 
eignen. Nur bei land= und forstwirtschaftlichen 
Betriebsunternehmern, die hauptsächlich in der 
Land= und Forstwirtschaft beschäftigt sind, kann 
durch Statut die Versicherung auf die mit der 
Land= und Forstwirtschaft im Zusammenhange 
stehenden hauswirtschaftlichen Verrichtungen er- 
streckt werden (LUVG. § 3). Dem Verletzten und 
seinen Hinterbliebenen steht ein Anspruch nicht 
zu, wenn er den Unfall vorsätzlich herbeigeführt 
hat. Vorsätzliche Herbeiführung des Unfalls ist 
nicht anzunehmen, wenn Selbstmord infolge 
geistiger Gestörtheit im Zustande der Unzurech- 
nungsfähigkeit begangen ist (Handb. 1, 253). Ein 
entschädigungspflichtiger Unfall liegt auch dann 
vor, wenn der Verletzte bei einem bewußten Zu- 
widerhandeln gegen ein gehörig wirksam gemach- 
  
tes Verbot verunglückt ist, sofern sich der Unall 
bei einer zweisellos dem Betriebe zuzurechnenden 
zur Betriebstätigkeit in den Vordergrund ge= Verrichtung ereignet hat (AN. 18, 674). 
Es 
ist aber der unbedingt sichere Nachweis erforder- 
nur zu dem Zweck erfolgen, um erst zu dem Be= lich, daß die unfallbringende Tätigkeit dem Be- 
triebe zu gelangen und nach Beendigung des- 
triebe gedient hat (AN. 19, 565). Unfälle bei
	        
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