Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Lehrlinge 
mit Geldstrafe bis zu 150 A bestraft (HGB. 8 82 
Abs. 2). Streitigkeiten zwischen L. und Lehr- 
ling aus dem Lehrverhältnis entscheiden die 
Kaufmannsgerichte (s. d.). 
III. In Apotheken (s. d.). Der Apo- 
thekenvorstand ist für die sachgemäße Ausbildung 
des Lehrlings verantwortlich. Er hat für die er- 
forderlichen Lehrmittel zu sorgen, dem Lehrlinge 
hinreichend geschäftsfreie Zeit zum Studium, 
im Sommer zum Sammeln von Pflanzen zu 
gewähren, die Anlegung und Ordnung der Pflan- 
zensammlung zu überwachen sowie selbst oder 
durch einen Gehilfen den Lehrling in den prak- 
tischen Arbeiten zu unterweisen und für die Ein- 
tragung des Verlaufs dieser Arbeiten in das 
Arbeitsbuch Sorge zu tragen (Apothekenbetriebs- 
ordnung vom 18. Febr. 1902 — M Bl. 63 — 
§ 4). Einem Apothekenvorstand, der seine Pflich- 
ten als Lehrherr nicht erfüllt oder sich anderweit 
in sachlicher oder sittlicher Beziehung unzuver- 
lässig erweist, kann die Befugnis, Lehrlinge aus- 
zubilden, durch den Regierungspräsidenten auf 
Zeit oder dauernd entzogen werden (Apotheken- 
betriebsordnung § 45). Die Ausbildung erfolgt 
unter Aufsicht des Kreisarztes. 
S. auch Taubstumme. 
Lehrlinge. I. Begriff. Die neuere Gesetz- 
gebung enthält keine Bestimmung des Begriffs 
„L.“ Die Frage, ob ein Lehrverhältnis vorliegt, 
ist nach den Umständen des Einzelfalles ohne 
  
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wenn sie sich im Besitze der bürgerlichen Ehren- 
rechte befinden (GewO. § 126). Die Befugnis 
kann solchen Personen ganz oder auf Zeit ent- 
zogen werden, welche sich wiederholt grober 
Pflichtverletzungen gegen die ihnen anvertrau- 
ten L. schuldig gemacht haben, oder gegen welche 
Tatsachen vorliegen, die sie in sittlicher Beziehung 
zum Halten oder zur Anleitung von L. ungeeignet 
erscheinen lassen. Die Befugnis zur Anleitung 
von L. kann durch die untere Verwaltungsbehörde 
(s. d.) ferner solchen Personen entzogen werden, 
welche wegen geistiger oder körperlicher Gebre- 
chen zur sachgemäßen Anleitung eines L. nicht 
geeignet sind. Gegen die die Entziehung anord- 
nende Verfügung der unteren Verwaltungs- 
behörde ist binnen zwei Wochen die Klage beim 
KroSt)A. zulässig; gegen seine Entscheidung ist 
binnen zwei Wochen die Berufung beim Bez. 
gegeben, dessen Entscheidung endgültig ist (Allerh. 
V. vom 19. Aug. 1897 — GS. 401). Die Be- 
fugnis kann durch den Regierungspräsidenten, 
im Stadtkreise Berlin durch den Polizeipräsiden= 
ten nach Ablauf eines Jahres wieder verliehen 
werden (GewO. 126 a). 
2. In Handwerksbetrieben ist nach 
GewO. § 129 in der Fassung der Nov. vom 
28. Mai 1908 (RöBl. 356) für die Anleitung von 
L., soweit es sich nicht um die Unterweisung in 
einzelnen technischen Handgriffen und Fertig- 
keiten handelt, ferner, abgesehen von einer be- 
Rücksicht darauf, ob ein Lehrvertrag (s. d.) ge= sonderen Erlaubnis des Regierungspräsidenten, 
schlossen ist, ob Lehrgeld gezahlt wird oder die im Stadtkreise Berlin des Polizeipräsidenten, 
Arbeitsleistung gegen Lohn erfolgt, zu beurteilen; oder von etwaigen Ausnahmen, die der BR. für 
ein Lehrverhältnis kann auch dann als vorliegend 
angenommen werden, wenn im Arbeitsvertrage 
vereinbart ist, daß ein Lehrverhältnis nicht be- 
stehen soll (Sten B. zur Nov. z. GewO. vom 
26. Juli 1897 S. 6199; Röt. 7, 105; 32, 59). 
Die väterliche Gewalt schließt ein Lehrverhältnis 
zwischen Vater und Sohn nicht aus (K G , 142). 
ls wesentliches Moment für die Eigenschaft als 
L. ist anzusehen, daß die Beschäftigung ausschließ- 
lich oder wenigstens hauptsächlich zum Zwecke der 
Ausbildung in dem betreffenden Gewerbe oder 
Gewerbszweige erfolgt (OV G. vom 5. März 1898 
— PrBl. 19, 426). Der Begriff des L. hat zur 
Voraussetzung, daß dem Arbeitsverhältnisse haupt- 
sächlich die Absicht zugrunde liegt, demjenigen 
Arbeiter, der als L. beurteilt werden soll, die 
Ausbildung in dem Gewerbszweige seines Ar- 
beitgebers zu ermöglichen (OVG. vom 9. Mai 
1901 — Pr VBl. 22, 592). Voraussetzung ist ein 
Vertragsverhältnis. Auf das Lehrverhältnis fin- 
den die Bestimmungen des BGB. 8§ 617, 618, 
628 Anwendung. S. auch Lehrvertrag und 
RKKek., betr. den Betrieb von Bäckereien (s. d.) 
und Konditoreien, vom 4. März 1896 II (RGBl. 
55) und betr. den Betrieb von Getreidemühlen 
(s. d.), vom 26. April 1899 II (RGBl. 273). Da 
die L. zu den gewerblichen Arbeitern (s. Ar- 
beiter) gehören, so finden auf sie auch die Vor- 
schriften der GewO. Tit. VII mit Ausnahme 
der Abschn. II u. III 6 Anwendung. 
. Befugnis zum Halten und 
Anleiten. 1. In gewerblichen Be- 
trieben (s. Gewerbez steht die Befugnis 
zum Halten und Anleiten selbständigen Gewerbe- 
treibenden, Werkmeistern und anderen mit der 
Unterweisung der L. befaßten Personen nur zu, 
  
einzelne Gewerbe zuläßt, erforderlich, daß die 
betreffende Person das 24. Lebensjahr voll- 
endet und die Meisterprüfung (s. Meister- 
titel) bestanden hat. Hat eine solche Person 
die Meisterprüfung nicht für das Gewerbe oder 
den ganzen Zweig des Gewerbes bestanden, in 
dem die Anleitung der L. erfolgen soll, so hat 
sie die Befugnis dann, wenn sie in diesem Ge- 
werbe oder Gewerbszweige entweder die von 
der Handwerkskammer vorgeschriebene Lehrzeit 
zurückgelegt oder fünf Jahre hindurch persönlich 
das Handwerk selbständig ausgeübt hat oder als 
Werkmeister oder in ähnlicher Stellung tätig ge- 
wesen ist. Die Landeszentralbehörden können den 
Prüfungszeugnissen von Lehrwerkstätten, ge- 
werblichen Unterrichtsanstalten oder von staat- 
lichen Prüfungsbehörden die Wirkung der Be- 
fugnis zur Anleitung von L. beilegen. Von dieser 
Befugnis ist in Preußen bis jetzt kein Gebrauch 
gemacht. Wegen der Fortsetzung des Gewerbe- 
betriebs durch Witwen oder minderjährige Erben 
s. Witwe, Minderjährige. Die untere 
Verwaltungsbehörde (s. d.) kann auch in anderen. 
Fällen Personen die Anleitung des L. auf die 
Dauer eines Jahres übertragen und der Regie- 
rungspräsident (im Stadtkreise Berlin der Ober- 
präsident — Erl. vom 12. Juli 1908 — HMBl. 
305) diese Frist nach Anhörung der Handels- 
kammer verlängern. Wer die Befugnis zur An- 
leitung von L. in einem Gewerbe oder in einem 
selbständig betriebenen Gewerbszweige besitzt, 
darf die L. auch in verwandten oder gleichzeitig 
betriebenen Gewerben oder in den übrigen Ge- 
werbszweigen anleiten (Gew O. § 129 a Abs. 1, 2). 
Dem Unternehmer eines Betriebs, in dem meh- 
rere Gewerbe vereinigt sind, kann die untere Ver-
	        
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