Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Wohnung (widerrechtliches Eindringen in die W.) 961 
lassen. Diese dem Reichsgesetz über die Beseiti= Unterkunft zu gewähren, nicht also bloße Ab- 
gung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870, steigequartiere (OBGt. 7, 209; 10 S. 2 u. 8; 
dessen auf den Begriff des W. bezügliche Be= 12 S. 1 u. 8; OV. 53, 151). Die „Absicht 
stimmung das neue Doppelsteuergesetz vom dauernder Beibehaltung" braucht auch hier nicht 
22. März 1909 (Rehl. 332) unverändert über= auf ein Wohnen von unbegrenzter Dauer ge- 
nommen hat, dem ErgSt G. (§1) und dem KA. richtet zu sein (O#G#t#.# 12 S. 1 u. 9); dagegen 
(833) entsprechende Begriffsbestimmung (s. u. 1II) genügt nicht die Absicht, nur vorübergehend zu 
ist denn auch in die LO. f. d. ö. Pr. vom 6 wohnen. Die Absicht muß rechtswirksam sein; es 
3. Juli 1891 (§ 7), für Schleswig-Holstein vom genügt also nicht die Absicht eines nicht oder nur 
4. Juli 1892 (§ 7), die St O. für Hessen-Nassau beschränkt Handlungsfähigen, sondern eine solche 
vom 4. Aug. 1897 (§5 3), die LG#O. für Hessen= muß durch die Absicht des gesetzlichen Vertreters 
Nassau vom 4. Aug. 1897 (§7) und die Hohenzoll= ergänzt werden (OV. 13, 111; O###t. 
GemO. vom 2. Juli 1900 (§X 7) ausgenommen 1, 86). Beide Momente, Innehaben der Woh- 
worden. Im Geltungsberciche dieser Gesetze nung und Absicht dauernder Beibehaltung, 
kann hiernach ein W. ohne den Besitz einer Woh- 
nung weder erworben noch beibehalten werden. 
Mit dem Besitz der Wohnung muß die Absicht 
verbunden sein, die betreffenden Räume zum 
Wohnen und nicht nur vorübergehend als sog. 
„Absteigequartier“ zu benutzen (O## G. 53, 151). 
Räume, die nur zur Aufbewahrung von Möbeln 
dienen und noch nicht bewohnbar eingerichtet sind, 
können nicht als Wohnung gelten (O#W . 26, 72; 
30, 24), ebensowenig ein Geschäftsbureau (OVG. 
15, 41). Ob eine Absicht der dauernden Bei- 
behaltung der Wohnung besteht, die nicht auf 
ein Wohnen von unbegrenzter Dauer gerichtet 
zu sein braucht, ist nach den tatsächlichen Um- 
ständen jedes einzelnen Falles zu beurteilen. Die 
polizeiliche An= und Abmeldung ist hierbei nicht 
entscheidend. — Der Wille, einen W. zu be- 
gründen, ist als vorhanden anzusehen, wenn aus 
dem tatsächlichen Aufenthalt in bestimmten Räu- 
men der Wille ersichtlich wird, diese Räume als 
Wohnung entweder ununterbrochen oder für ge- 
wisse Zeiträume zu benutzen und beizubehalten. 
Ein ununterbrochener Aufenthalt in der Wohnung 
braucht nicht beabsichtigt zu sein. Das Innehaben 
der Wohnung besteht auch während ihrer Nicht- 
benutzung fort, solange sie besessen wird und der 
Wille regelmäßiger Benutzung fortbesteht (OV#G. 
vom 18. Febr. 1898 — Pr VBl. 20, 46). Geistes- 
kranke, die in eine öffentliche Irrenanstalt auf- 
genommen worden sind, haben in der Regel dort 
keinen W., weil das Verfügungsrecht an den dort 
von den Kranken benutzten Räumen nicht deren 
Vertretern, sondern der Anstaltsleitung zusteht, 
die in der Unterbringung der Kranken sowie 
in der Einrichtung der hierzu dienenden Räume 
und der Art ihrer Benutzung gewöhnlich völlig 
freie Hand hat (OV G. vom 4. April 1892 — 
Pr VBl. 24, 421). 
III. Im steuerlichen Sinn ist nach 
8 1 Eink G., § 33 KA. für den Begriff des 
W. die Begriffsbestimmung im § 1 Abs. 2 des 
G. wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung 
vom 13. Mai 1870 (Rel. 119), an dessen Stelle 
jetzt, ohne in dieser Beziehung eine Anderung 
zu bringen, der § 1 Abs. 2 des Doppelsteuergesetzes 
vom 22. März 1909 getreten ist, maßgebend 
(s. o. II). Das „Innehaben“" einer Wohnung be- 
deutet auch hier die faktische Herrschaft über die 
Räume mit dem ausschließlichen Verfügungsrecht 
(OV##t. 7, 213; 12, 1). Als „Wohnung“ gelten 
nur geschlossene Räume, die nach Zahl und Ein- 
richtung geeignet erscheinen, demjenigen, um 
dessen W. es sich handelt, für sich und seinen 
Haushalt standesgemäße, wenn auch nicht unter 
  
allen Umständen für seine Bedürfnisse ausreichende 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 2. Aufl. II. 
müssen zusammentreffen (OV## G. vom 14. Nov. 
1902 — Pr l. 24, 321). Der Begriff des 
W. im Sinne des Eink t G. und des K2. 
deckt sich nicht mit dem des § 7 BG B. (s. o. 1); 
dagegen war letzterer bis zum Inkrafttreten des 
neuen Kreis= und Provinzialabgabengesetzes vom 
23. April 1906 maßgebend für die Kreisbesteue- 
rung (OVG. vom 16. Dez. 1902 — PrBl. 
24, 166) und ist auch maßgebend für die Kirchen- 
steuerpflicht (OV.G. 51, 182). — „Dienstlicher 
W.“ im Sinne des § 2 Abs. 3 des Doppelsteuer- 
gesetzes vom 22. März 1909 und § 1 EinkSt G. 
ist der durch das Amt oder den Dienst dauernd 
angewiesene Ort, gleichviel ob er mit dem Orte 
der tatsächlichen Wohnung zusammentrifft oder 
nicht (BR Drucks. für 1872 Nr. 90; OV Gt. 
11 S. 10 u. 15). Einen dienstlichen W. können 
nur im unmittelbaren oder mittelbaren Reichs- 
oder Staatsdienste stehende Personen haben 
(OVt. 9, 178; 8, 6; 11 S. 7 u. 15). Vor- 
aussetzung eines dienstlichen W. ist ferner dauernde 
Verleihung der amtlichen oder dienstlichen Stelle 
oder doch Kommittierung „bis auf weiteres“ 
(O###GSt. 1, 180; 11, 15 ff.; vgl. auch 8, 6; 
11, 18). Für die Kommunalbesteuerung kommt 
der dienstliche W. nach § 41 KA. nicht in Be- 
tracht (s. Steuerdomizil). 
IV. üÜber den Begriff, den Erwerb und Ver- 
lust des Unterstützungswohnsitzes 
im armenrechtlichen Sinne (. d. 
Wohnung (widerrechtliches Eindringen in die 
W.). Die W. ist unverletzlich (V U. Art. 6). Als 
W. ist der Jubegriff der Räumlichkeiten anzu- 
sehen, welche einer einzelnen oder mehreren zu- 
sammengehörenden Personen zum ständigen 
Aufenthalte dienen oder zur Benutzung frei- 
stchen (RGt. 12, 132). Das Eindringen in 
eine W., in das befriedete Besitztum oder in ab- 
geschlossene Räume, welche zum ösffentlichen 
Dienst bestimmt sind, ist auf Antrag als Haus- 
friedensbruch (St GB. § 123) strafbar, wenn es 
widerrechtlich, d. h. gegen den Willen des In- 
habers und ohne ein dem Eindringenden zur 
Seite stehendes stärkeres Recht, also unter Ver- 
letzung des Hausrechtes erfolgt. Dem wider- 
rechtlichen Eindringen in eine W. steht hinsicht- 
lich der Strafbarkeit gleich, wenn jemand sich 
aus einer W., in der er ohne Befugnis weilt, auf 
Aufforderung des Berechtigten nicht entfernt. 
Schwere Fälle des Hausfriedensbruches liegen 
vor, wenn solcher verübt wird von einer mit 
Waffen versehenen Person, von mehreren ge- 
meinschaftlich oder von einer öffentlich zu- 
sammengerotteten Menschenmenge in der Ab- 
sicht, mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten 
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