Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Zirkusgebäude — Zivilprozeßordnung 
stimmter Zahl in „Zinsscheinbogen“ ausgegeben 
werden, und gegen deren Vorlegung die Zins- 
rate, über welche der Z. lautet, nach deren 
Fälligkeit gezahlt wird. Nachdem sämtliche Z. 
des ausgegebenen Zinsscheinbogens fällig ge- 
worden sind, wird gegen Einlieferung der mit 
dem letzteren ausgegebenen „Zinsscheinanwei- 
sung" (Talon) ein neuer Zinsscheinbogen verab- 
folgt (vgl. die Artikel Inhaberpapiere 
und Talons). Z. verjähren in vier Jahren 
nach Ablauf des Jahres, in dem der verbriefte 
Zinsbetrag fällig geworden ist (B#B. 88 197, 
206). Eine Kraftloserklärung abhanden gekom- 
mener oder vernichteter Z. findet nicht statt 
(vgl. den Artikel Kraftloserklärung 
von Inhaberpapieren). 
Zirkusgebände s. Theatergebäude. 
Zivilanwärter s. Zivilsupernume- 
rare. 
Zivilbehörden werden im Gegensatz zu den 
Militärbehörden (s. d.) die bei dem 
Militärersatzgeschäft beteiligten Behörden und 
Beamten der inneren Verwaltung und im 
weiteren Sinne alle Staats= und Reichsbehörden, 
die nicht zum Ressort des Kriegsministeriums 
sowie des Reichsmarineamtes gehören, genannt. 
Zivilehe. Sic bildet den Gegensatz zur kirch- 
lichen Ehe im früheren Sinne, d. i. der Ehe, 
deren Begründung und staatliche Anerkennung 
von der Mitwirkung kirchlicher Organe ab- 
hängig ist (bei Katholiken seit dem Tridentiner 
Konzil 1545—1563 Erklärung des Eheschließungs- 
willens vor dem zuständigen Pfarrer und zwei 
Zeugen — passive Assistenz —, bei Protestanten 
Zusammensprechung der Verlobten durch 
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mehr rechtmäßig verbundene Eheleute seien 
(§ 1318), um klarzustellen, daß es sich lediglich 
um die rechtliche Seite der Ehe handelt und die 
religiösen Verpflichtungen der Eheleute in keiner 
Weise berührt werden (§ 1588). Neben der 
obligatorischen Z. ist die kirchliche Ehe bloß 
fakultativ und bedeutet dann nur noch die 
unter Mitwirkung der Kirche begründete Ehe 
von ausschließlich kirchlicher Bedeutung. Die 
Eigenschaft der Z. als obligatorisch hat noch 
besonderen Ausdruck gefunden in der grund- 
sätzlichen Strafbarkeit eines Geistlichen oder 
eines anderen Religionsdieners, welcher — nicht 
bloß aus fahrlässigem Irrtum (R#St. 4, 233) — 
zu den religiösen Feierlichkeiten einer Ehe- 
schließung schreitet, bevor ihm nachgewiesen 
worden ist, daß die Ehe vor dem Standes- 
beamten geschlossen sei (PStE. § 67 Abs. 1 
und EGBG#B. Art. 46 Ziff. III). Vgl. Ehe 
und Eheschließung. 
Zivilkabinett s. Kabinett. » 
Zivilkammerui.Landgettchtell 
und III. 
Zivilliste ist ursprünglich die Bezeichnung für 
denjenigen Teil des englischen Staatshaushaltes, 
welcher im Gegensatz zu den gesondert bewil- 
ligten Ausgaben für das Heer und die Marine 
die Ausgaben der Zivilverwaltung und des 
kgl. Hofhaltes (eivil list) gemeinschaftlich umfaßte 
und der Disposition des Königs unterlag. Von 
hier aus hat sich die Bezeichnung auf diejenigen 
Staatsausgaben übertragen, welche in Ländern 
mit monarchischer Verfassung für den Unterhalt 
des Staatsoberhauptes, sowie seiner Familie 
und des Hofhaltes mit freier Verfügungsfähigkeit 
  
  
einen Geistlichen zuerst als übliche, später meist " bestimmt sind. Das Reich kennt keine derartigen 
als notwendige Form, letzteres namentlich Bewilligungen für den Kaiser; wegen der- 
nach dem AL., nach diesem aber auch für jenigen in Preußen s. Kronfideikommiß. 
Katholiken), und ist dieienige Ehe, bei welcher Zivilprozeßordmung. I. Dem Zivilprozeß 
kein kirchliches Organ, sondern ein staatlich war bei den Römern schon frühzeitig eine sorg- 
angestellter Bramter, der Standesbeamte, mit- fältige Pflege zuteil geworden, während er sich 
wirkt. Die Mitwirkung besteht dabei nicht in in Deutschland bis zur Rezeption des römischen 
einer bloß passiven Assistenz, sondern entweder Rechtes in weit geringerem Maße entwickelt 
in dem sich an die Erklärung der Verlobten hatte. Von der italienischen Doktrin wurde der 
anschließenden Ausspruch des Standesbeamten, justinianische Zivilprozeß von der Zeit der 
daß diese nunmehr kraft Gesetzes rechtmäßig Glossatoren an mit durch das kanonische Recht 
verbundene Eheleute seien, wic im Personen- 
standsgesetz vom 6. Febr. 1875 (Röl. 23), 
oder darin, daß zwar die Ehe durch die Er- 
klärungen der Verlobten selbst zustande kommt, 
aber wesentlich ist, daß die Erklärungen nicht 
bloß vor dem Standesbeamten abgegeben wer- 
den, sondern dieser auch zu ihrer Entgegennahme 
getroffenen Anderungen zu einem einheitlichen 
Ganzen verarbeitet und dieses dann, freilich nicht 
ohne erhebliche Abweichungen infolge des Ein- 
flusses deutscher Auffassung und einzelner er- 
lassenen Vorschriften (besonders Reichskammer- 
gerichtsordnung von 1495), als gemeiner Zivil- 
prozeß in Deutschland ausgenommen und an- 
  
  
bereit ist, wie jetzt nach dem BGB. § 1317. gewendet. Für Preußen erfolgte eine be- 
Man spricht von einer fakultativen Z., sondere Ordnung durch den ersten Teil der 
wenn sie den Brautleuten wahlweise mit der Allg. Gerichtsordnung vom 6. Juli 1793 (s. d.). 
kirchlichen Ehe zur Verfügung gestellt ist, und ! In der Rheinprovinz, in Rheinhessen und der 
von obligatorischer Z., wenn sie die Rheinpfalz fand der code de procédure civile 
rechtlich allein verbindliche, ausschließlich staat= von 1806 Eingang und behielt auch nach dem 
lich anerkannte Ehe ist, wie zuerst in Frankrcich 
und dann in Preußen seit dem G. vom 9. März 
1874 (GS. 95) und in Deutschland seit dem G. 
vom 6. Febr. 1875, sowie nach dem BGB. 
Das letztere bedient sich des Ausdrucks „bürger- 
liche Ehe“ (Überschrift zum 1. Abschn. des 
4. Buches) und läßt den Standesbeamten nur 
aussprechen, daß die Verlobten kraft dieses 
Gesetzes, d. h. des BB., nicht etwa kraft 
des Rechtes oder Gesetzes im allgemeinen, nun- 
Aufhören der Fremdherrschaft fortdauernde Gel- 
tung. Andere deutsche Staaten gaben sich 
eigene Prozeßordnungen; die wichtigste davon 
ist die hannoversche vom 8. Nov. 1850. Nach 
mehrfachen Entwürfen kam für das Deutsche 
Reich die 8 PO. vom 30. Jan. 1877 mit einem 
EG. zustande. Beide Gesetze traten am 1. Okt. 
1879 in Kraft und haben, mit Ausnahme von 
zwei geringfügigen Anderungen (G. vom 30. April 
  
1886 — RBl. 130 — und vom 29. März 1897
	        
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