VIII. Abschnitt.
Die Organisation in den Reichslanden.
1. Kapitel.
Die Verfassung und Verwaltung Elsaß-Lothringens.
S
(I. bwohl Elsaß-Lothringen Unterthanenland, d. h. ungeteiltes Ge-
meingut der deutschen Bundesstaaten (unmittelbares Reichsland)
ist, hat es sich immer mehr gezeigt, daß es notwendig ist, im Interesse
einer zweckmäßigen Verwaltung dem Lande eine den Verhältnissen ent-
sprechende Verfassung und Verwaltung unter Wahrung der Oberhoheit
des Reichs zu geben. Diesem Ansinnen gab zunächst ein von 74 Ab-
geordneten am 26. Februar 1879 eingebrachter Antrag Ausdruck, der
dahin ging, „der Reichstag wolle beschließen: den Reichkanzler zu er-
suchen, darauf hinzuwirken, daß Elsaß-Lothringen eine selbständige, im
Lande befindliche Regierung erhalte.“ (Anl. 37, S. 397.) Diesem am
27. März 1879 angenommenen Antrage entsprechend wurde in der Folge
am 4. Juli 1879, S. 165 und 281 mit Wirkung vom 1. Juli 1879
folgendes Gesetz erlassen:
§ 1. Der Kaiser kann landesherrliche Befugnisse, welche ihm kraft
Ausübung der Staatsgewalt in Elsaß-Lothringen zustehen, einem Statt-
halter übertragen. Der Statthalter wird vom Kaiser ernannt und ab-
berufen. Er residiert in Straßburg.
Der Umfang der dem Statthalter zu übertragenden landesherrlichen
Befugnisse wird durch Kaiserliche Verordnung bestimmt.
§ 2. Auf den Statthalter gehen zugleich die durch Gesetze und
Verordnungen dem Reichskanzler in elsaß-lothringischen Landesangelegen-
heiten überwiesenen Befugnisse und Obliegenheiten (Gesetz vom 18. Juni 1902,
S. 231) über.
§ 4. Die Anordnungen und Verfügungen, welche der Statthalter
kraft des ihm nach § 1 erteilten Auftrags trifft, bedürfen zu ihrer Gültig-
keit der Gegenzeichnung des Staatssekretärs, welcher dadurch die Ver-
antwortlichkeit übernimmt.