V. Abschnitt.
Das Auswanderungswesen.
J Gebiet des Auswanderungswesens, welches ebenfalls durch
Reichs-Verfassung Art. 4 Ziff. 1 der Beaufsichtigung seitens des
Reiches und der Gesetzgebung desselben unterliegt, wurde erst durch
das Gesetz vom 9. Juni 1897, S. 463 und die Bekanntmachung vom
14. März 1898, S. 19 und 57 umfassend geregelt. Dieses Gesetz
bezweckt die Erhaltung des Deutschtums unter den Ausländern, um die
Auswanderung für das Interesse des Mutterlandes dienstbar zu machen.
Im übrigen steht dasselbe auf dem Standpunkt der Auswanderungs-
Freiheit, als eines wesentlichen Ausflusses des Freizügigkeitsrechts.
Unter Auswanderern versteht man die Leute, die freiwillig das
deutsche Reichsgebiet verlassen, um sich im Ausland ständig niederzu-
lassen und zwar ist die Auswanderung zulässig ohne Aufgabe der
Staatsangehörigkeit wie mit dem Verlust derselben (§ 15 und 17 des Ge-
setzes vom 1. Juni 1870). Nach diesem Gesetz bedarf derjenige, welcher
die Beförderung (zu Wasser oder zu Land) von Auswanderern von
Deutschland aus (die Kolonien gelten hier nicht als Deutschland) nach
außerdeutschen Ländern mit eigenen oder fremden Beförderungsmitteln
betreiben will Unternehmer) der Erlaubnis des Reichskanzlers, der
vorher den Beirat zu hören und die Zustimmung des Bundesrats ein-
zuholen hat; und dessen Agenten, d. h. diejenigen, welche bei dem
Unternehmen durch Vorbereitung, Vermittlung oder Abschluß des Be-
förderungsvertrages gewerbemäßig mitwirken wollen, der Erlaubnis der
höheren Verwaltungsbehörde. (§ 1, 2, 11 und 12.)
Vor Erteilung der Erlaubnis haben die Unternehmer 50 000 Mk.
und die Agenten 1500 Mk. Sicherheit zu leisten. Die Sicherheiten
haften für Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten, etwaiger Strafen und
Kosten. Im Falle überseeischer Beförderung muß ersterer auch noch
den Nachweis führen, daß er Rheder ist. [§ 5, 14 und 20.] (Sten. Be-
richt 1897, S. 5093, 5105, 5750, 5753.)
Die Erlaubnis für den Unternehmer wird nur für bestimmte
Länder,, Teile von solchen oder bestimmte Orte und im Falle überseeischer
Beförderung nur für bestimmte Einschiffungshäfen erteilt. G 6.)