Russischer Feldzug von 1812. 95
worden, aber auch so giengen sie jenseits Dorogobusch im Tumult
eines plötzlichen Aufbruchs verloren. Zu den Schrecken des
Hungers gesellte sich die Kälte. In Smolensk, 9. November,
fand Thielmann das Freiherrndiplom und das Commandeur-
kreuz des Heinrichsordens für sich vor, sowie die königliche
Bestätigung aller von ihm vorgeschlagenen Belohnungen und
Auszeichnungen, deren Empfänger derselben zum größten Theil
nicht mehr bedurften 1). Aber das die Armee mit gänzlicher
Umzingelung bedrohende Vordringen Wittgensteins von Norden,
Tschitschagoffs von Süden gestattete nicht die ersehnte Rast.
Kurz hinter Smolensk mußte trotz Thielmanns dringender
Gegenvorstellungen die sächsische Brigade acht Offiziere und
fünf Unterofflziere, das polnische Regiment drei Offiziere und
zehn Mann zu einer unter Latours Befehl aus den noch
brauchbaren Resten des 4. Reitercorps zu bildenden Truppe
abgeben, die hauptsächlich den Vorpostendienst versehen sollte.
Ebenso rergeblich suchte er beim Kaiser persönlich den Befehl
auszuwirken, mit den bei diesem Corps nicht eingetheilten
Offizieren behufs der Reorganisation der sächsischen Reiterei in
die Heimat geschickt zu werden; vielmehr stellte dieser dieselben
1) Thielmann an den König, Smolensk, 9. November: „Was ich
Ew. Moj. über die uns bevorstehende traurige Aussicht einer gänglichen
Auflösung befürchten lassen mußte, ist nunmehr leider eingetreten, und die
beiren Regimenter sind nicht allein zu Fuß, sondern wegen Mangel an
Verpflegung, wegen der Unmsglichkeit, daß die zu Fuß seienden gänglich
erschöpften Mannschaften den noch mit dem 4. Corps der Kavalerie
marschierenden Offizieren solgen können, als gänzlich ausfgelöst zu betrach-
ten, und mein einziger Trost ist, daß ich dieses Schicksal mit aller Ubrigen
Kavalerie theile, indem dieses 4te anfänglich 6500 Mann starke Corps
heute aus ungefähr 50 Pferden besteht. Die Arrtillerie mar-
schiert mit anderer zusammen aber nicht unter meinen Befehlen. Ich
sehe selbige bereits als verloren an, da jedes Canon nur noch mit zwei
Pierden bespannt ist und alle Pulverwagen bis auf einen läugst verbronnt
oder in die Luft gesprengt worden sind. Die Pferde der Osffiziere fallen
nunmehr gleich denen der Gemeinen. Ich selbst habe bereits meine besten
verloren und sange an für das Fortkommen meiner eigenen Person be-
sorgt zu werden.“ (Acten des königl. sächs. Kriegsministeriums.)