Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Kirchenvisitation in Sachsen. 489 
gemäß für die Ausstattung der neuen Kirche zu verwenden und 
der Ruhe und Wohlleben liebende Kurfürst trat solchem Ge- 
bahren nicht mit dem Nachdruck entgegen, wie Luther gewünscht 
hätte, so daß seine Befehle nur zu oft unwirksam blieben. Um 
wenigstens Gleichförmigkeit des Gottesdienstes zu erreichen, schrieb 
Luther 1526 seine deutsche Messe oder Ordnung des Gottes- 
dienstes, und gerade daß er allen Zwang bei ihrer Einführung 
entfernt wissen wollte, machte vielleicht, daß sie fast von allen 
sächsischen Kirchen augenommen wurde. Doch war dies eben 
immer nur Ein Stein zum Wiederaufban des zertrümmerten 
Gebäudes. Selbst zu einem Katechismus wurde nur erst eine 
Probe von Luther gegeben, wie nöthig er auch damals ganz 
gewesen wäre. Doch ein Grund war wenigstens gelegt, und 
das war schon etwas werth, und da nun für die nächste Zeit 
nichts zu befürchten war, die politische Stellung Karls gegen 
die Franzosen und den Papst, von dem schwerlich jetzt ein 
Concilium zu erwarten stand, und Ferdinands in seinen neuen 
Königreichen Ungarn und Böhmen und den andrängenden Türken 
gegenüber der Sache der Reformation nur günstig sein konnte, 
so wurde endlich in Kursachsen die Hand au das lang ver- 
schobene Visitationswerk gelegt. Melauchthon entwarf einen 
Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherren, welcher vor 
Allem eine im ganzen Lande einzuführende Lehr-, Kirchen= und 
Schul-Ordnung enthielt. Denn gerade Gleichförmigkeit der 
Lehre that am meisten Noth, und so entstand eigentlich die erste 
symbolische Schrift im engsten Verstande. Wie verständig allem 
Polemisiren möglichst ausweichend hatte hier Melauchthon ge- 
arbeitet! eine unabänderliche, für alle Zeiten bindende Lehr- 
formel sollte es nach seinem Plane nicht sein. Luther, dem 
sie der Kurfürst schickte, billigte sie vollkommen. Die übrige 
Instruction war gemeinschaftlich von einigen Räthen des Kur- 
fürsten und seinen Theologen entworfen worden. Leben und 
Lehre der Diener der Kirche war Hauptgegenstand der Visitation; 
dann sollten die Einkünfte der Kirchen, Stiftungen, besetzten 
und unbesetzten Klöster ausgenommen werden, um die Besol- 
dungen der Prediger und Schullehrer darnach zu bestimmen. 
Den lberfluß gedachte man zur Unterstützung ärmerer Kirchen-
	        
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