Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

140 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
und Beschaffenheit gegen einander abgewogen, sondern gezählt. Die 
Unterschiede flachen sich ab, sie gleichen sich aus, alles strebt nach 
Vernachlässigung der Sondereigentümlichkeiten, nach Vereinheitlichung. 
Diese Vereinbeitlichung bedeutet aber auch zugleich eine Verein- 
fachung und Verbilligung. Es ist immer bequemer und einfacher, wenn 
man mit Durchschnittsgröben rechnen kann. Nirgends zeigt sich das 
klarer als im Verkehrswesen. Welche Unsumme von Mühe und Arbeit 
und Zeit und Kosten würde nötig sein, wollte man die Millionen und 
Aillionen von Verkehrsleistungen, die heute von der Schiffahrt, den 
Eiscenbahnen, den Posten, dem elektrischen Nachrichtenverkehr usw. be- 
wältigt werden, besonders behandeln und für jede die besonderen Kosten 
und die in Betracht Kkommenden besonderen Verhältnisse aus der groben 
Gesamtmasse herausschälen. Selbst wenn das möglich wäre, so würde 
es doch ein Gebot der Klugheit sein, sich die Arbeit zu erlassen. Eine 
Unzahl von Arbeitskräften wird dadurch gespart, eine Unzahl von lrr- 
tümern wird vermieden, die ganze Verkehrsverwaltung wird einfacher 
und billiger. 
Der Bevölkerung wird dadurch ebenfalls eine große Arbeit erspart 
und die Möglichkeit verschafft, sich ohne nennenswerte Mühe und Kosten 
selbst über die Höhe der Beförderungspreise zu unterrichten. 
Die Vereinheitlichungsrichtung wirkt zunächst räumlich, da die ein- 
zelnen Teile des Verkehrsgebiets nach gleichen Grundsätzen behandelt 
werden und in immer höherem Mabe die Verschiedenheit der Entfer- 
nungen auber Acht bleibt. Sie wirkt auch zeitlich, da die fortwähren- 
den Verschiebungen, wie sie selbst in kürzeren Zeiträumen eintreten, 
nicht beachtet werden. Wie wichtig das für die Stetigkeit der Be- 
förderungspreise ist, braucht nicht erst erörtert zu werden. Die Rich- 
tung auf Vereinheitlichung legt aber auch mehr und mehr die 
Schranken nieder, die zwischen den einzelnen Arten der Beförderungs- 
gegenstände bestehen. Auch die Gewichtsunterschiede verlieren ihre 
frühere Bedeutung. 
Der höchste Grad der Verheitlichung wäre die Auberachtlassung 
jedweden Unterschieds, also ein einheitlicher Beförderungspreis für alle 
Verkehrsleistungen der gleichen Gruppe ohne Rücksicht auf Entfernung, 
Gewicht, Art der Güter, Schnelligkeit, Bequemlichkeit usw. Dieser 
höchste Grad ist zur Zeit nirgends erreicht, wenn man ihm auch auf 
manchen Gebieten schon nahe gekommen ist. In einer so vollständigen 
Einheitlichkeit würde freilich ebenfalls eine starke Willkürlichken liegen. 
Willkürlichkeit ist aber stets auch Ungerechtigkeit. So lange diese Un- 
gerechtigkeit noch als solche von der Bevölkerung empfunden wird, 
würde schon deshalb die vollkommene Vereinheitlichung nicht zu billigen 
sein. Wo aber die Bevölkerung sich der Ungerechtigkeit nicht mehr 
bewuht ist, die in vollkommen gleichen Preisen für nicht vollkommen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.