Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

1. Kapitel. Begriff, Arten und Bedeutung der Straben. 149 
vermittelt werden soll. Ein Teil der Landstraben dient dazu, die Haupt- 
punkte des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens 
imnerhalb des Landes zu verbinden und gleichzeitig den Verkehr mit 
anderen Ländern zu vermitteln. Diese Straben — in manchen Gesetzen 
als „Heerstraßen“ bezeichnet — werden jetzt in der Regel Hauptstraben 
genannt. 
Eine andere Gruppe von Straben dient dazu, den Ortschaften, die 
nicht an Hauptstraßen liegen, den Zugang zu diesen zu eröffnen. Sie 
heißen Nebenstraben. Bei dem heutigen Zustande des Verkehrswesens 
muß man auch diejenigen Straßen hierher rechnen, die eine Ver- 
bindung zwischen den abseits gelegenen Ortschaften und den Schienen- 
oder Wasserstraßen vermitteln. 
Eine dritte Gruppe von Strahen dient ausschlieblich dem Nachbar- 
schaftsverkehr, also dem örtlichen Verkehr innerhalb kleiner Gebietc. 
Diese heißen Nachbarschaftsstraßen („Vizinalstraßen"). Die französische 
Einteilung in routes nationales, routes départementales und routes vicinales. 
kommt im wesentlichen auf dasselbe hinaus. 
Die Grenzlinie zwischen diesen Hauptarten ist flüssig, und die- 
einzelnen Arten gehen vielfach in einander über. Eine ausschließliche 
Beschränkung jeder Art auf den ihr an sich zukommenden Verkehr 
lindet überhaupt nicht statt und kann auch nicht stattfinden. Gleichwohl- 
ist die genannte Unterscheidung aufrechtzuerhalten, weil sie am ehesten 
erkennen läht, wie weit allgemeine oder örtlich beschränkte Interessen 
bei den einzelnen Strabenarten in Frage kommen. 
§ 2. Die Becdet#tteng der S#ralßen. Die Ortsstraßen sind die un- 
entbehrliche Unterlage des Zusammenlebens der Menschen in bestimmten 
Orten. lhre gegenseitigen persönlichen, religiösen, politischen, gesell- 
schaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen sind ohne begehbare und be- 
fahrbare Wege nicht durchzuführen. In den großen Städten zumal 
hat der Strabenverkehr einen überaus starken Umfang angenommen. Dabei 
wirkt der Verkehr ortsfremder Personen beträchtlich mit, aber im wesent- 
lichen sind es doch die Verkehrsbedürfnisse der Ortseingesessenen, die- 
hier in Frage kommen. Die verschiedensten Verkehrsmittel müssen 
herangezogen werden, um diesen Bedürfnissen zu genügen: Hoch- und 
Untergrundbahnen und Ring- und Stadtbahnen, die den Strabenkörper- 
nicht benutzen, ferner Omnibusse, Strabenbahnen, Kraftwagen, Droschken, 
usw., die alle auf dem Strabenkörper selbst bewegt werden, dazu an 
manchen Orten Wasserstraßen. In den großen Städten ist der Verkehr 
weit schneller als die Bevölkerung gewachsen. Die innerstädtischen 
Verkehrseinrichtungen in Neuyork sind jetzt auf die Beförderung von 
mehr als drei Milliarden Fahrgästen eingerichtet, vor wenigen Jahren 
rechnete man auf 1 ½ Milliarde. Die Strabßenbahnen in Mailand be- 
fördern jährlich viermal so viel Menschen, als in ganz ltalien wohnen,
	        
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