478 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr.
lagekapitalien, während in der Seefahrt noch nicht die Hälfte der un-
veränderlichen Selbstkosten entsprechenden Zwecken dient.
Bei lebhafteem Wettbewerbe können die Beförderungspreise an die
Selbstkostengrenze heran oder auch unter sie gedrängt werden. Im
übrigen aber treten sie in den Fracht- und Fahrpreisen in merkbarer
Weise wenig in die Erscheinung. Die Einheitssätze, die sich für die
Beförderungs- und Streckeneinheit im Seeverkehr aus den tatsächlichen
Preisen ergeben, sind durchaus ungleich und werden offenbar zunächst
von Gesichtspunkten beeinflußt, die mit der Gestaltung der Selbstkosten
wenig oder gar nicht zusammenbängen. Vielmehr zeigt sich dabei deut-
lich das Streben, nach Mabßgabe der allgemeinen Markt- und Wett-
bewerbsverhältnisse eine möglichst vorteilbafte Gesamtnutzung aus den
Fahrzeugen zu erzielen.
Auf die Höhe der Beförderungspreise im Seeverkehr hat die Ent-
fernung einen viel geringeren Einfluß als im Eisenbahnverkehr. Die
Preise werden überhaupt nicht nach bestimmten Entfernungseinbheiten,
sondern für die ganze Reise vereinbart. Bei längeren Fahrten werden
dabei Unterschiede von mehreren 100 km auber acht gelassen und die
Wahl unter verschiedenen Abgangs- oder Bestimmungshäfen freigestellt,
die in demselben Gebiete liegen. Selbstverständlich machen sich aber die
groben Unterschiede in der Reiselänge fühlbar, und im ganzen mul für eine
wesentlich längere Reise auch ein höherer Preis angelegt werden, aller-
dings derart, daß die Entfernungseinheit auf längeren Strecken billiger
ist als auf kürzeren. Dagegen ist die Schnelligkeit der regelmähbßigen
Fahrtdauer auf die Höhe der Preise von Einfluß bei allen Fahrzeugen,
die zur Erhöhung der Geschwindigkeit gesteigerte Anlage- und Betriebs-
kosten aufwenden müssen, also inbesondere bei den Dampfern. Für
den Empfänger der Betriebsleistung liegt in der Zeitersparnis eine wesent-
liche Erhöhung des Wertes der Leistung, für die er auch von seinem
Standpunkt aus einen höheren Preis gerechtfertigt finden muß. Der
Unterschied der Fahrgeschwindigkeit und Reisedauer tritt namentlich im
Personenverkehr hervor. In ihm haben die Schnelldampfer mit ibren
groben Reiseausgaben — bei der „Deutschland“ 30 000 bis 40 000 M.
täglich — höhere Preise als die sonstigen Personendampfer.
Im Personenverkehr wird außerdem der Unterschied in der Raum-
zumessung und in der Ausstattung der Räume berücksichtigt. Er führt
zu einer Klassenabstufung, bei der das Zwischendeck die geringern, die
Kajüten die höhere Stufe darstellen. Die Kajüten selbst sind nicht
selten wieder in I. und II. Kajüte geschieden. Der Kajütenverkehr war
bis in die 50 er Jabre binein der mabßgebende Teil des Personenverkehrs.
Dann trat der Zwischendecksverkehr (hauptsächlich Auswanderer- und
Rückwandererverkehr) in den Vordergrund. Er ist auch heute noch
von großber Bedeutung, hat aber in den Schnelldampfern seit den