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Proletarier kommen, so wäre es die heilige Pflicht aller deutschen
Proletarier, alle Machtmittel aufzuwenden, um ein solches Ver-
brechen zu verhindern. Kein deutscher Proletarier dürfte durch
Herstellung von Munition die helfende Hand zu solchem Ver-
brechen bieten. Die deutschen Proletarier aller Richtungen
müßten wir dann zur Revolution aufrufen
Am 13. Juli 1918 rief der Abgeordnete Geyer im Reichstag aus:
„Wer ehrlich den Frieden will, darf nicht für die Kredite
stimmen. Wir lehnen sie ab und wissen uns eins mit den Völker-
massen aller Länder in dem Rufe: Proletarier aller Länder,
vereinigt euch! Nieder mit dem Krieg!“
Am 18. Juli 1918 tagte in Amsterdam der Holländische Gewerk-
schaftskongreß, an dem deutscherseits Sassenbach teilnahm. An dem-
selben Tage hielt Scheidemann eine große Versammlung in Solingen
ab, an die sich eine Massendemonstration anschloß.
Am 17. August 1918 veröffentlichte der „Vorwärts“ einen „Of-
fenen Brief“ an den Herzog von Sachsen-Meiningen von dem sozial-
demokratischen Landtagsabgeordneten Hofmann-Saalfeld, in dem es
heißt:
„Machen Sie sich frei von Ratgebern, die das Schicksal eine
Weltrevolution erleben ließ, deren Auffassung aber in einer
Zeit wurzelt, in der es noch Fürsten von Gottes Gnaden und
Untertanen gab. Beide Begriffe aber sind inzwischen unter-
gegangen im Blutstrom des Weltkrieges "
Die Sozialdemokratie vollzog, wie man sieht, in immer größerer
Eile ihren innerpolitischen Frontwechsel. Wenn Scheidemann später
behauptet hat, er habe den Rücktritt des Kaisers gefordert, um die
Monarchie zu retten, so ist das angesichts der ganzen Entwicklung
der Sozialdemokratie während des Weltkrieges das Eingeständnis
einer Untertänigkeit, für die sich in der Praxis leider keine Beispiele
finden lassen.
Inzwischen waren auch die linksradikalen Kreise nicht untätig
geblieben. Unter Führung von Emil Barth fing man Anfang dieses
Monats August an, in Berlin die ersten revolutionären Stoßtrupps
zu bilden 1
1 Barth, „Aus der Werkstatt der Revolution“, S. 33.
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