Full text: Volksvergiftung 1914-1918.

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Am 4. November hielt Ledebour in der Weberstraße in Berlin 
eine große Versammlung ab, in der er trotz Einspruch der Polizei 
über die Vorgänge in Kiel berichtete und zum Schluß die Anwesenden 
aufforderte « 
„zu einem dreifachen Hoch auf unsere Brüder, die tapferen 
Seeleute von der Kriegsmarine, die Vorkämpfer der deutschen 
Revolution “. 
Am 5. November 1918 sah sich die Regierung veranlaßt, den russi- 
schen Botschafter Joffe auszuweisen, da einwandfrei feststand, daß 
er die revolutionäre Bewegung in Deutschland mit Propaganda- 
material und mit Geld unterstützt hatte (Faksimile 28). Diese Aus- 
weisung vier Tage vor dem Ausbruch der Revolution beweist die 
ganze Groteske der Politik der parlamentarischen Regierung des 
Prinzen Max von Baden. Der Gesandte Joffe fand vor seiner Ab- 
reise noch Zeit, dem unabhängigen Reichstagsabgeordneten Cohn 
vier Millionen Rubel für die weitere Propagierung der Revolution 
zu Üübergeben. 
Inzwischen hatte der Umsturz in Kiel in Norddeutschland sein 
Echo gefunden und am 6. November vollzog sich in Hamburg und 
Bremen die Revolution. 
Am gleichen Tage wurde Erzberger zum Führer der Waffen- 
stillstandskommission ernannt. Diese Ernennung Erzbergers erfolgte 
hinter dem Rücken der Obersten Heeresleitung, die ihrerseits den 
General von Gündel mit der Führung beauftragt hatte. Kenn- 
zeichnend für den Charakter Erzbergers ist die Tatsache, daß 
er sich in Spaa von General von Gündel noch als Mitglied der 
Waffenstillstandskommission begrüßen ließ, ohne den Mut zu finden, 
ihm zu erklären, daß die Regierung ihn mit der Führung der Waffen- 
stillstandskommission beauftragt hatte 2. Daß Erzberger, der sich, 
wie alle späteren Minister des neuen Deutschland, durch eine hervor- 
ragende Unkenntnis fremder Weltsprachen auszeichnete, für diese 
schwierigen Verhandlungen nicht der geeignete Mann war, dürfte 
heute wohl kaum noch ernsthaft bestritten werden. Er verfügte weder 
über die geistige noch über die moralische Uberlegenheit eines univer- 
1 „Bergische Arbeiterstimme“, 8. November 1918. 
# General v. Gündel im „Militärwochenblatt“ vom 5. Rovember 1921.
	        
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