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Die Sozialdemokraten hatten am Tage vorher ihrerseits eine
Vertrauensmännerversammlung abgehalten, in der sie nicht nur
genau über die Pläne der linksradikalen Kreise unterrichtet worden
waren, sondern auch ihrerseits ihre Anhänger auf die Ereignisse des
kommenden Tages aufmerksam machten. Sie waren entschlossen,
genau dasselbe zu tun, wie ihre Gegner von links. Das
geht aus den verbürgten Worten Eberts hervor, die er am
Schluß der Aussprache mit den Unabhängigen im Reichstag sagte:
„Ja, wir halten unsere Leute noch bis 12 Uhr zurück.“
Wie immer ließen die Mehrheitssozialdemokraten aus edler Selbst-
losigkeit anderen den gefährlichen Vortritt, und kennzeichnend für
die ganze Feigheit ihrer Politik ist die Tatsache, daß sie selbst in diesem
entscheidenden Moment sich nach beiden Seiten sicherten, indem sie
einerseits die Ernennung Eberts zum Reichskanzler zu-
ließen, andererseits den revolutionären Führern anboten,
mit ihnen Halbpart zu machen.
Die Revolution siegte in erster Linie, weil die parla-
mentarische Regierung des Prinzen Max von Baden nichts
unternahm, das von ihr vertretene Kaiserreich zu ver-
teidigen, sondern vor Meuterern und Aufrührern bedin-
gungslos kapitulierte. Sie siegte in zweiter Linie, weil
niemand in Deutschland rechtzeitig das frivole Doppel-
spiel der internationalen Sozialdemokratie durchschaut
hatte.
Der Giftmord der Revolution am deutschen Volk hatte
sein Opfer gefordert, und triumphierend konnte die Sozial-
demokratie der staunenden Welt verkünden: