Full text: Volksvergiftung 1914-1918.

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„Waͤhler, Waͤhlerinnen! 
.. Die soztaldemokratische Partei war stets revolutionär in dem Sinne, 
daß sie die vollständige Umwälzung des Staates zur Demokratie, der Wirt- 
schaft zum Sozialismus anstrebte.“ 
#3. (Erklärung der „Vorwärts“-Redakteure vom 3. August 1914.) 
„Die sozlaldemokratische Reichstagsfraktion hat heute, nachdem gestern in 
einer Fraktionssitzung gegen 14 Stimmen der Beschluß gefaßt worden war, der 
Regierung die geforderten Kriegskredite zu bewilligen, nicht nur für die Gesetz- 
entwürfe betreffend die Anderung des Bank= und Münzgesetzes, das Darlehn= 
gesetz, die Zahlungsfristverlängerung für Wechsel und Schecks gestimmt, sondern 
auch für die von der Regierung zum Zwecke der Kriegführung verlangten 5 Mil- 
liarden Kredite. Begründet wird diese Haltung damit, daß jetzt, nachdem nun 
einmal der Krieg erklärt sei, es sich nicht mehr um die Entscheidung für oder gegen 
den Krieg handele, sondern um die Frage der für die Verteidigung des Landes 
erforderlichen Mittel. 
Ausschließlich die Röücksicht auf die jetzige gefährliche 
Lage unserer Partes und die Erhaltung unserer Presse 
Hindert uns,, diese Bewilligung der Kreditforderungen im „Vorwärts“ 
einer öffentlichen Kritik zu unterziehen; doch können wir nicht darauf verzichten, 
dem Parteivorstand und der Pressekommission wissen zu lassen, daß wir die 
Haltung der Fraktion für inkonsequent und in ihren Folgen für parteischädigend 
halten. 
Mit derselben Argumentation, mit der die Fraktionserklärung die Zustim- 
mung zu den 5-Milliardenkrediten motiviert, können fast alle Militärforderungen 
begründet werden. Fast immer kann gesagt werden, daß, nachdem nun einmal 
von den anderen Parteien neue Heeres= und Flottenverstärkungen bewilligt sind, 
also nichts mehr an der Vermehrung zu ändern sei, unbedingt die Sicherheit des 
Vaterlandes und das Eigeninteresse der Mannschaften erfordere, daß sie mög- 
lichst gut ausgerüstet und nicht mit unzulänglichen Monturen, Gewehren, Ka- 
nonen usw. gegen den Feind geschickt würden. Dazu kommt, daß die Zustimmung 
einen schweren Schlag für die Internationale bedeutet, daß er eine Lockerung des 
Zusammenhanges zwischen den verschiedenen Zweigen der internationalen Ar- 
betterbewegung bewirken muß, und daß er die Stellung der deutschen Sozial- 
demokratie innerhalb dieser Bewegung schädigt; vor allem aber, daß mit der Be- 
willigung der Kriegskredite die deutsche Sozialdemokratie trotz der Ablehnung 
solcher Folgerung in der Fraktionserklärung eine gewisse Mitverantwortlichkeit 
für den Krieg und die sich aus ihm ergebenden Folgen übernimmt; eine Ver- 
antwortlichkeit, die sich in Zukunft schwer rächen kann. 
Berlin, den 4. August 1914. 
Die Redaktion des „Vorwärts“. 
Cunow, Hilferding, Leid, John, Däumig, Ströbel, Weber, Wermuth, Scholz. 
Die unterzeichneten Redakteure des „Vorwärts“ können sich der Erklärung 
ihrer Kollegen nicht anschließen, da sie eine Ablehnung der Kriegskredite nicht 
Hätten gutheißen können. Dagegen finden sie, daß durch die bedingungslose 
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