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tarische Internationale in Trümmer geschlagen, während die Kämpferscharen
des völkerbefreienden Sozialismus als widerstandsloses Kanonenfutter des
Imperialismus einander abschlachten.
Die sozialistische Internationale liegt seit zwei Jahren darnieder, und was
haben die Arbeiter aller Länder, was haben die Völker gewonnen? Millionen
von Männern haben bereits ihr Leben gelassen auf Geheiß der Bourgeotsie.
Millionen sind für Lebzeiten zu elenden Krüppeln geschlagen. Millionen von
Frauen sind zu Witwen, ihre Kinder zu Waisen gemacht worden, in Millionen
Familien sind unstillbares Leid und Trauer eingezogen. Nicht genug! Not und
Elend, Teuerung und Hungersnot herrschen in Deutschland, Frankreich, Ruß-
land, Belgien, Polen und Serbien, die von dem Vampir des deutschen Mili-
tarismus bis aufs Blut und bis aufs Mark der Knochen ausgesogen werden,
gleichen großen Friedhöfen und Trümmerhaufen. Die ganze Welt, die viel-
gerühmte europäische Kultur, gehen zugrunde in der entfesselten Anarchie des
Weltkrieges.
Und zu wessen Nutz und Frommen, zu welchem Zweck all diese Schrecken
und Bestialitäten? Damit die ostelbischen Junker und die mit ihnen versippten
kapitalistischen Profitmacher durch Unterjochung und Ausbeutung neuer Länder
ihre Taschen füllen können. Damit die Scharfmacher von der schweren Industrie,
die Heereslieferanten von den blutigen Leichenfeldern goldene Ernten in ihre
Scheunen schleppen. Damit Börsenjobber mit Kriegsanleihen Wuchergeschäfte
treiben. Damit Lebensmittelspekulanten sich auf Kosten des hungernden Volkes
mästen. Damit der Militarismus, die Monarchie, die schwärzeste Reaktion in
Deutschland zur nie dagewesenen Macht, zur ungeteilten Herrschaft empor-
steigen.
Um ihre stärksten Feinde stark und Übermütig zu machen, läßt sich die Ar-
beiterklasse wie eine Herde Schafe zur Schlachtbank treiben. Und die blutige
Orgie findet gar kein Ende, ja, sie dehnt sich immer weiter aus! Morgen viel-
leicht wird sich der Völkermord auf neue Länder und Weltteile erstrecken. Die
deutschen Kriegshetzer treiben mit Macht zum Kriege mit den Vereinigten Staa-
ten. Morgen vielleicht sollen wir das Mordeisen gegen neue Bruderscharen,
gegen die Brust unserer amerikanischen Arbeits= und Kampfgenossen zücken!
Arbeiter! Parteigenossen! Ihr Frauen des Volks! Wie lange wollt ihr
dem Spuk der Hölle ruhig und gelassen zusehen? Wie lange wollt ihr stumm
das Verbrechen der Menschenmetzelei, die Not und den Hunger ertragen? Be-
denkt, so lange sich das Volk nicht rührt, um seinen Willen kundzutun, wird
der Völkermord nicht aufhören. Oder aber, er hört erst dann auf, wenn alle
Länder an den Bettelstab gebracht, wenn alle Völker zugrunde gerichtet sind,
wenn von der sogenannten Kultur nicht ein Stein mehr auf dem anderen ge-
blieben ist. Die Reichen können noch lange den Krieg „durchhalten"“. Sie leiden
keinen Hunger, sie haben üppige Vorräte eingehamstert, sie machen ja die schönsten
Geschäfte bei der Metzelei, sie stärken ihre politische Herrschaft durch den Selbst-
mord der Arbeiterklasse. Aber wir, aber das arbeitende Volk aller Länder, wollen
wir noch länger mit eigenen Händen unsere Ketten fester schmieden?