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mittag fand eine Vorbesprechung zu dieser Sitzung in einem engeren Kreise statt.
Es wurde auf meinen und meiner Freunde Antrag beschlossen, am 4. November
einen revolutionaͤren Aufstand gegen die bestehende Regierung herbeizufuühren,
einen Aufstand, der mit einem allgemeinen Massenstreik und dem Zuge der Ar-
beiter in die Stadt beginnen sollte. In dieser Sitzung am Vormittage des
2. November wurde unser Antrag gegen eine einzige Stimme angenommen.
Der Beschluß ging dahin, eine von den Leitern der revolutionären Bewegung
und von den Reichstagsabgeordneten der U. S. P. D. unterzeichnete Aufforderung
zur Erhebung hinauszuwerfen, am Morgen des 5. Novembeer
(Eigene Anmerkung: Da sich die revolutionären Obleute der Betriebe in
der Sitzung am 2. November abends mit 21 gegen 19 gegen die Aktion ent-
schieden, unterblieb sie.)
Es war auf Veranlassung eines Teilnehmers beschlossen worden, daß die
definitive Entscheidung am Mittwoch den 6. November bei einer neuen Zusam-
menkunft fallen sollte, um zu sehen, ob bis dahin die Sache reif war. Nun hatte,
da eine so große Anzahl von Personen über die Sache unterrichtet war, die Re-
gierung, die selbstverständlich überall ihre Spitzel hat, von diesen Beschlüssen
und den Vorbesprechungen sofort Kenntnis erhalten, sie traf ihre Vorbereitungen.
Am Montag morgen begannen die Verhaftungen. Ein Offizier, der Ober-
leutnant Walz, wurde verhaftet. Es hat sich nachher herausgestellt, daß ihm
nach seiner Verhaftung das Herz in die Hosen gefallen ist. Er hat dem Unter-
suchungsrichter alles erzählt, was er bei Konferenzen in meiner Wohnung bei
mir gehört hatte. Um seinen eigenen Hals zu retten, gab er seine Freunde preis.
Unter anderen nannte er neben mir auch Däumig. Ich war damals Reichs-
tagsabgeordneter und die damalige Regierung hatte noch Respekt vor der Im-
munität des Abgeordneten. Die Regierung unter der Ara Scheidemann hat
diesen Respekt ja nicht. Däumig wurde am 8. November verhaftet, als er an
der Seite der Frau Luise JZietz von unserem Parteibureau nach dem Reichs-
tag kommen wollte.
Meine Herren! Die Verhaftung Däumigs war für uns das Signal, daß
wir uns sagten, jetzt darf keinen Augenblick länger gewartet werden. Ich trom-
melte alle Freunde zusammen. Es erschienen aber weder Liebknecht noch Emil
Barth. Wir glaubten annehmen zu müssen, daß auch sie verhaftet worden seien.
Wir beschlossen nunmehr einstimmig, am 9. November
morgens die Arbeiterschaft Berlins zum Losschlagen
aufzufordern. Mein Freund Emil Barth, der durch irgendeinen unglück-
lichen Zufall über unseren Versammlungsort falsch unterrichtet worden war
und deshalb anderswo hinging, glaubte seinerseits, wir seien verhaftet und gab
gleichzeitig auf eigene Faust die nämliche Parole zum Losschlagen aus. Außer-
dem haben unsere Freunde vom Spartakusbund, Dr. Ernst Meyer, der an der
Besprechung mit mir teilgenommen hatte, und Karl Liebknecht später auch eine
besondere Aufforderung hinauzsgeschickt, so daß also infolge der Verhaftungen
in unseren Reihen drei Aufforderungen zur Erhebung zum 9. November ver-
breitet wurden.