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ihres recht kapitalistischen Privatlebens mit der Theorie des „Klassen-
kampfes“ in Einklang zu bringen.
In diesem Frühjahr 1915 machte sich auch unter der Studenten-
schaft eine gewisse oppositionelle Bewegung bemerkbar. Die hier
auftauchende Opposition wurzelte zunächst mehr in der Utopie ro-
mantischer Menschheitsideale, die im Kreise intellektueller Debattier-
klubs harmlos waren, in der Hand demagogischer Agitatoren aber von
jeher die Völker in die größten Katastrophen getrieben haben. Einer
der Führer der damaligen akademischen Jugendbewegung, Max
Hodann, schrieb später darüber 1:
„Es gab einige Zentren, die sich gegen die politische Ver-
dunklung während des Krieges aufbäumten. Zeugnisse sind in
der Arbeit der „Berliner Freien Studentenschaft 1915 nieder-
gelegt, die zum Protest gegen die Kriegsmakulatur „Flugblätter
an die deutsche Jugend“ erscheinen ließ Die gleiche Studen-
tengruppe ließ 1915 die Zeitschrift „Der Aufbruch erscheinen,
deren radikale Stellungnahme zu den Zeitereignissen und zu
der geistigen Verrottung der Hochschulen den Jorn der Behörde
im höchsten Maße erregte. Die Folge war, daß der Herausgeber
von der Universität verwiesen wurde. Die Zeitschrift fiel der
Zensur zum Opfer. In der Folge erschien in Königsberg die
„Neue Hochschule“, die in gewisser Weise die Tradition des „Auf-
bruch" aufnahm und fortführte .. In Jena, in München, in
Heidelberg waren es wenige Menschen, die versuchten, gegen den
Strom nationaler Verhetzung zu schwimmen ..“
Charakteristisch ist auch hier wieder, daß der „Aufbruch“ jene
eigenartige Verbindung von intellektueller Romantik und sozialistischer
Programmatik in der Zusammensetzung seiner Herausgeber zeigte,
indem die eine Seite von dem Freistudenten Joel, die andere von dem
Sozialisten Gustav Landauer, die gemeinsam als Herausgeber zeich-
neten, vertreten wurde.
Inzwischen hatte der „Bund Neues Vaterland“ die Mission seiner
Mitglieder Professor Schücking und des Herrn von Tepper-Laski
im Haag zur Grundlage einer eifrigen Tätigkeit gemacht, von der
Fried in der Friedenswarte begeistert schrieb:
1 „The Word“ Nr. 6, 6. September 1919.