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ihren Widerhall in dem Flugblatt „Die Kosaken in Hamburg“
(Faksimile 10) fanden.
In der radikalen Jugendbewegung während des Krieges ver-
körpert sich wohl das interessanteste Stück der Revolutionsgeschichte
Deutschlands, zumal sich bei der klaren Zielsetzung der oppositionellen
Jugend die revolutionäre Entwicklung bildhaft am deutlichsten fest-
halten läßt.
Ein Urteil über die revolutionäre Jugendbewegung in Deutsch-
land steht mir um so eher zu, als ich in den Jahren 1915 bis 1917
unmittelbar in ihr gewirkt und gearbeitet habe.
Die Gründung der „Central-Arbeits-Stätte für Jugendbewegung“
im Dezember 1915 hatte in weiten Kreisen ein lebhaftes Echo ge-
funden. Als einer der Mitbegründer, war ich vom ersten Tage an
in der Lage, die Entwicklung genau zu verfolgen und sie auch in ganz
bestimmte Bahnen zu lenken. Meine ersten Mitarbeiter waren von
der bürgerlichen Jugend die Studenten Mar Hodann, Jakob Feld-
ner, Hans Sacharias, Claus Albrecht und von der Arbeiterjugend
Karl Vetter. An einer der ersten Besprechungen nahm auch der
damalige Student und heutige Kommunist Scholem teil. Der
Kreis der Mitglieder der „C.A. S.“ in Berlin wuchs sehr schnell und
zu ihm gehörten später auch die beiden Söhne Karl Liebknechts.
Bevor wir uns unserer eigentlichen Arbeit, dem Zusammenschluß
der bürgerlichen und proletarischen Jugend, zuwenden konnten, gab
es erst einen sehr heftigen Kompetenzstreit um die „Führerschaft der
Jugend“, der von Gustav Wyneken mit maßloser Gehässigkeit gegen
uns geführt wurde, wobei ihm Hans Blüher würdig sekundierte.
Diese Auseinandersetzung war kennzeichnend für die ganze intellek-
tuelle Bewegung in Deutschland, in der niemals ernsthaft versucht
wurde, produktive Arbeit zu leisten, sondern nur Programme und Pro-
bleme aufgestellt wurden, die für die Eitelkeit und Renommiersucht ein-
zelner Personen den notwendigen dekorativen Hintergrund abgaben.
Der unfruchtbare Streit mit Wyneken fand ein Echo bis weit
hinein in die uns verbündete österreichische Jugendbewegung. Nach-
dem ungezählte Briefe und Proteste wertvolle Zeit verschlungen hatten,
wurde auf Vorstellung von Karl Vetter und mir schließlich über diesen
Streit zur Tagesordnung Üübergegangen, so daß wir uns nunmehr
der praktischen Arbeit zuwenden konnten.
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