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Unser Hauptkampf war gegen die Militarisierung der
Jugend und dem aus diesem Gedanken entsprungenen Reichs-
jugendwehrgesetz gerichtet. Wir beabsichtigten die Herausgabe
einer Broschüre gegen das Reichsjugendwehrgesetz und schickten un-
seren Mitarbeiter Jakob Feldner auf eine Reise durch Deutschland,
um die Stellungnahme der Jugend zu dem Gesetz zu erfahren und
um Mitarbeiter für die Broschüre, so auch Professor F. W. Foerster
zu gewinnen. Das Geld zu dieser Reise hatte Feldner vom Grafen
Arco erhalten.
Feldner ging später nach der Schweiz. Das Oberkommando
in den Marken hatte seine Ausreise verboten, aber durch Beziehungen
zum Auswärtigen Amt und gestützt auf ärztliche Atteste gelang
ihm dennoch die Au:sreise, und er war von diesem Zeitpunkt ab einer
unserer wichtigsten Nachrichtenleute im Ausland. Er fand Anschluß
an den Kreis um Romain Rolland und Henri Guilbeaurx, an Pro-
fessor Forel und Professor Foerster, an den Prinzen Hohenlohe-
Schillingsfürst und an die Mitarbeiter der „Freien Zeitung“. Wir
erhielten von ihm alle bedeutungsvollen Nachrichten und auch ver-
schiedene Broschüren und Zeitschriften, deren Versand nach Deutsch-
land verboten war. Interessant ist das uns von ihm zugesandte Heft 10
der französischen Zeitschrift „Demain“, in dem sich ein Artikel
der Korrespondentin des „Vorwärts“ Ida Csell über die
militärische Jugendpflege in Deutschland befindet, der charakteristisch
ist für die zweideutige Haltung der Sozialdemokratie.
Wir unsererseits versuchten wiederum Feldner alles interessante
Material aus Deutschland zukommen zu lassen, was nicht ganz ein-
fach war, weil das meiste von der Zensurbehörde angehalten wurde.
Verzweifelt darüber schrieb uns Feldner am 9. Dezember 1916 aus
Genf (Faksimile 11):
Wir haben damals dem Wunsch Feldners entsprochen und tat-
sächlich ist wiederholt von uns Material über das Auswärtige Amt
an ihn abgegangen. Wir konnten sogar auf diesem Wege seinem
Wunsch entsprechen und ihm von den „Schriften zur Jugendbewe-
gung“, die wir herausgaben, eine ganze Ladung als Lektüre für die
Austauschgefangenenlager in der Schweiz senden.
Inzwischen ging die Arbeit der Verständigung zwischen bürgerlicher
und proletarischer Jugend in Deutschland nur langsam vorwärts.