Full text: Volksvergiftung 1914-1918.

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politik des Ultramontanismus bedeutet also in keiner Weise einen 
Kampf gegen den Glauben der Katholiken. 
Die Verbindung zwischen dem Zentrum und der Sozialdemokratie 
ist vom religiösen Standpunkt des Katholizismus aus geradezu ein 
Verrat an der Kirche. In diesem Zusammenhang darf man wohl an 
die Ausführungen Erzbergers erinnern, der einst schrieb!: 
„Eine religionsfeindliche Politik führt die Völker in Elend 
und Zerrüttung, religionsfreundliche Politik gibt den Staaten 
Stärke, Gedeihen und Wachstum in den sonnigen Tagen des 
Friedens und den schmerzensreichen Nächten nationalen Un- 
glücks. Die Religion veredelt und adelt die Politik, die ohne 
Religion nur zu einem Streit um die besseren Futterplätze herab- 
sinkt. Der Sieg im politischen Kampfe wird daher auch trotz 
aller Erschwernisse zufallen der christlichen Staatspolitik.“ 
Trotz dieser Erkenntnis scheute sich Erzberger nicht, sich zum 
Handlanger der Revolution für die Sozialdemokratie, die er einst 
„eine Krankheit des Herzens und eine Verirrung des Willens“ nannte, 
zu machen. Die Politik von Erzberger über den ehemaligen 
Reichskanzler Wirth, der das meuchelmörderische Wort „Der Feind 
steht rechts“ prägte, bis zum letzten ultramontanen Kanzler Marr, 
der in seiner berühmten Kölner Wahlrede dem deutschen Volk die 
Franzosen auf den Hals hetzte, um es seinem politischen Erziehungs- 
werk gefügiger zu machen, ist eine ununterbrochene Kette der 
Preisgabe der nationalen Selbstbehauptung und Ehre des 
deutschen Volkes. 
Der letzte Kanzler des Deutschen Kaiserreichs, Prinz Max von 
Baden, hat die Friedensresolution des 19. Juli „ein scheußliches 
Kind der Angst und der Berliner Hundstage“ genannt. Das mag 
sie gewesen sein. Ihre geschichtliche Bedeutung liegt aber wesentlich 
tiefer und wird von keinem treffender gekennzeichnet als von Erz- 
berger, dem Vater dieser Resolution, der schrieb?: 
„Die Friedensresolution wurde der Ausgangspunkt und das 
feste Band für eine sietige Mehrheit im Reichstage und so der 
Anfang des „Parlamentarischen Systems“.“ 
1 Erzberger, „Politik und Völkerleben“, 1914. 
2 Erzberger, „Erlebnisse im Weltkrieg“, S. 269.
	        
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