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mehr beschränkt wurde, wie in Deutschland vor allem die Ge—
walt des Kaisers durch eine ganze Reihe gewohnheitsrechtlicher
Bildungen beinahe inhaltlos geworden ist — die monarchische
Institution selbst aber ist bestehen geblieben. Den weiten
Sprung von der Monarchie in die Republik hinein hat das
Gewohnheitsrecht noch nirgends machen können; hierzu wird
immer ein ausdrücklicher Willensact der Nation gehören, der
widerrechtlich bleibt, wenn auch das Gewohnheitsrecht ihm auf
das umfassendste vorgearbeitet haben sollte. Mag auch die
monarchische Institution ein Product nationaler Rechtsüber-
zeugung, mag der Satz, daß dieser und dieser Staat eine
Monarchie sein müsse, nur durch das Gewohnheitsrecht erzeugt
und festgestellt worden sein, deshalb lebt die monarchische In-
stitution doch nicht blos von der ununterbrochenen Fortdauer
dieser Ueberzeugung, sondern sie besteht durch die Lebenskraft
ihrer Träger, durch den Geist der Dynastie selbst, welcher
dieser letztern häufig auch dann noch die Herrschaft gerettet
hat, wenn die nationale Rechtsanschauung sich energisch gegen
die Monarchie im allgemeinen oder gegen die Herrschaft dieser
Dynastie im besondern erklärte.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich zunächst, daß das Ge-
wohnheitsrecht selbst dann, wenn es dem bestehenden Rechte
derogirt, nicht in einen widerrechtlichen Gegensatz gegen dasselbe
tritt: vielmehr wird in einem solchen Falle das ältere Recht
durch das neuere Recht ersetzt, ohne daß zwischen dem Auf-
hören der Herrschaft des ältern und dem Beginn der Herr-
schaft des neuern Rechts ein Zeitraum liegt, in welchem über-
haupt kein Recht besteht. Dann aber lehrt die vorstehende
Erörterung, daß gewisse Institutionen des Staats dem Ein-
flusse des Gewohnheitsrechts entweder ganz entzogen oder doch
nur in sehr geringem Maße unterworfen sind, daß vor allem