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Endlich wirkt die Legitimität des zeitweise depossedirten
Souveräns auch nicht etwa bestimmend auf die Gestaltung des
staats= oder völkerrechtlichen Postliminiums ein. Vielmehr
treffen die Lehren desselben in ganz gleicher Weise den illegi-
timen Herrscher, welcher eine Zeit lang depossedirt war und
dann restaurirt wird, sofern nur diese Restauration nicht etwa-
blos wie die Rückkehr Napoleon's von Elba eine vorüber-
gehende Besitzstörung ist. Das Postliminium bestimmt über-
haupt nur das Verhältniß eines restaurirten Staatsherrschers
— mag derselbe legitim oder illegitim sein — zu demjenigen
Herrscher, welcher nach der Vertreibung des erstern regierte.
Die einzelnen Sätze, welche das jus postlimint enthält, sind
daher nur Bestimmungen über das Rechtsverhältniß zweier
Souveräne, von welchen erst der eine dem andern, dann der
andere dem einen in der Regierung folgte, ohne der nach der
Verfassung berufene Nachfolger seines Vorgängers zu sein.
Gesetzt, die Orleans verdrängten einen Bonaparte und dieser
würde später wieder restaurirt, so ist für ihn trotz seiner fort-
dauernden Illegitimität das jus postliminlti ebenso berechti-
gend, beziehentlich verpflichtend, wie für einen Bourbon, der
jetzt restaurirt würde.
Demnach steht Folgendes fest: Weder auf dem Wege
privatrechtlicher noch auf dem völkerrechtlicher Rechtsmittel
noch auch durch die Berufung auf die rechtliche Fortdauer des
Unterthanenverhältnisses kann ein legitimer Prätendent seine
Ansprüche geltend machen, d. h. mit andern Worten: er kann
sie überhaupt gar nicht geltend machen. Seine Legitimität ist
der bloßen Thatsache gegenüber, daß ein anderer den Thron
innehat, vollständig indifferent und ist auch bisher so von
den europäischen Staaten betrachtet worden. Daraus ergibt
sich weiter die vollständige juristische Irrelevanz der Illegiti-