Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

MAPLES SCHWIEGERSOHN 421 
Grundgedanke richtig ist, so bitte ich, daß der Staatssekretär mir seine 
Zustimmung zu erkennen gibt, damit ich die etwaigen weiteren Besprechun- 
gen zwischen Eckardstein und Chamberlain, Balfour usw. (ich selbst darf 
dabei noch nicht in den Vordergrund treten) in diesem Sinne leiten kann. 
Namentlich von Balfour nehme ich an, daß er Verständnis für die Situation 
haben und uns daher nützlich sein wird. Chamberlain ist, wie ich Ihnen 
immer gesagt habe, unberechenbar. In bezug auf Salisbury habe ich ein 
intuitives Gefühl, mehr ist es vorläufig nicht, daß er heute schon wieder 
daran denkt, sich den Russen und Franzosen zu nähern, sie durch Freund- 
lichkeit und Entgegenkommen auf anderen Gebieten, nötigenfalls auch 
durch wirkliche Konzessionen zu beruhigen und von einem gemeinschaft- 
lichen Vorgehen gegen England abzuleiten. Gelingt es ihm, nur in Peters- 
burg einer feindlichen Aktion vorzubeugen, so fürchtet man sich hier be- 
kanntlich vor Frankreich allein keinen Augenblick, und es gibt Leute 
genug, wie Chamberlain, die sich über die Gelegenheit, die französische 
Flotte zu vernichten und einige französische Häfen zusammenzuschießen, 
ganz’ besonders freuen würden. Die Münsterschen Nachrichten über fran- 
zösische feindliche Absichten gegen England halte ich für sehr phan- 
tastisch. Wenn alles, was unser Botschafter in Paris von französischen Bc- 
wegungen sagt, richtig ist, so beweist es noch lange nicht, daß die Fran- 
zosen im entscheidenden Moment beißen und nicht, wie bei Faschoda, den 
Schwanz zwischen die Beine nehmen. Ich halte dies sogar für sicher, wenn 
die Russen sich nicht zum gleichzeitigen feindlichen Losgehen ausdrücklich 
verpflichtet haben, was ich stark bezweifle.“ 
Im Juni 1900 hatte mir Holstein gemeldet, Botschaftsrat von Eckard- 
stein habe ihm geschrieben, daß sich die Engländer ein territoriales Fest- 
setzen der Deutschen im Jangtse-Tal nicht gefallenlassen würden. Schon 
der Verdacht, daß Deutschland politische Erwerbungen im Jangtse-Gebiet 
ins Auge fassen könne, sei geeignet, die Engländer zu den allergrößten 
Anstrengungen anzuspornen behufs Verständigung mit Rußland. Eckard- 
stein entwickelte sich immer mehr zum Sprachrohr namentlich von 
Mr. Chamberlain, der den eitlen, wenig charaktervollen und schon aus 
finanziellen Erwägungen ganz zum Engländer gewordenen Schwiegersohn 
von Sir John Blundell Maple benutzte, um die Deutschen einzuschüchtern. 
Ich hatte übrigens niemals an eine territoriale Festsetzung im Jangtse-Tal 
gedacht, geschweige denn im Gegensatz zu England und im Widerspruch 
mit England. Eckardstein schrieb auch an Holstein, daß Lord Salisbury zu 
einer Verständigung mit jeder anderen Macht eher als mit Deutschland 
bereit wäre. Jede positive Politik sei dem Premierminister unangenehm, 
und es werde eines starken Drucks seiner Ministerkollegen bedürfen, um den 
kranken alten Herrn zu einer Entscheidung zu bringen. Das ganze übrige 
Die Rolle des 
Herrn 
v. Eckardstein
	        
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