DER SCHÜTZENHERZOG VON KOBURG 65
unendlich höflicher, feiner Hofmann, dem man jene Feuerprobe nicht an-
sah. Er erinnerte ein wenig an die Figur des Aramis in dem berühmten Buch
von Dumas pere: „Les trois mousquetaires‘“‘, das in meiner Jugend das
Entzücken aller der französischen Sprache mächtigen Knaben war. Bei
jenem Angriff auf St-Privat waren die Verluste für die damalige Auf-
fassung unverhältnismäßig groß gewesen, die „Kreuzzeitung“ schrieb, daß
Preußens Adel ein Jabr lang in Trauer gehen werde, und der „Kladdera-
datsch“ brachte aus der Feder von Ernst Dohm ein herrliches Gedicht auf
die Ernte, die der Tod mit mähender Sichel unter der Blüte des Heeres
gehalten habe. Seitdem haben wir uns an noch ganz andere, viel schwerere
Blutopfer gewöhnen müssen, und die Prophezeiung des Fürsten Bismarck,
daß auf den nächsten Krieg die französische Wendung von dem „saigner ä
blanc“ zutreffen würde, fand eine nur zu furchtbare Bestätigung. Am
18. August 1870 hatte bei St-Privat die preußische Infanterie ihren größten
Ehrentag seit Leuthen gehabt. Wie bei Leuthen war alles niedergebrochen,
als sie vorrückte mit voller Wucht.
„Als ging durch alle Glieder der Front ein eisern Niet,
Trat sie vernichtend nieder in Staub, was nicht entflieht.“
Der alte Russe Suwarow hatte bekanntlich gesagt, die Kugel wäre eine
Närrin, das Bajonett aber ein braver Kerl. Ähnlich dachten von oben bis
unten vor dem Weltkrieg viele im preußischen Heere und namentlich in der
Garde. Vom taktischen, strategischen und Nützlichkeits-Standpunkt aus
betrachtet, gewiß mit Unrecht. Aber zum ewigen Ruhme derer, die damals
wie jetzt im Weltkrieg das höchste Heldentum betätigten, das die Welt
seit Marathon und Platää gesehen hat.
General von Hahnke hatte auch im bürgerlichen Leben stets den
Kopf hoch getragen. Er war längere Jahre Adjutant des Herzogs Ernst
von Koburg gewesen, von dem König Friedrich Wilhelm IV. spöttisch
behauptete, er trage sich mit dem Ehrgeiz, in Mitteldeutschland ein
Königreich Ostfalen zu gründen, und der in der ersten Hälfte der
sechziger Jahre als „Schützen-Ernst“ eine gewisse Popularität besaß.
Damals hieß es vielfach, Ernst IJ. wolle auf dem Wege der Volkswahl
Deutscher Kaiser werden. Das Jahr 1866 machte allen solchen Velleitäten
ein Ende. Der Herzog schloß sich mit Elan an Preußen an, nahm
an der Schlacht von Langensalza, wenn auch mehr im Hintergrunde,
teil und machte seinen Frieden mit Bismarck. Einen Augenblick soll
Ernst II. gehofft haben, an die Stelle der Albertiner in Dresden treten
und so für die ernestinische Linie des Hauses Wettin eine wenn auch
späte Rache an den Albertinern für ihren Verrat von 1547 nehmen zu
können.
5 BulowI