Il. KAPITEL
Die Marokko- Angelegenheit » Königin Marie Christine von Spanien + Frübere Berichte
Metternichs über Marokko » Prinz Reuß VII. über Petersburger Zustände »- Admirul
Tirpitz in Petersburg » Die Reichstagswablen von 1903: weiteres Anschwellen der
Sozialdemokratie » Redekämpfe mit Bebel » Der Abbau des Jesuitengesetzes - Wil-
helm Il. und die Jesuiten - Widerstände bei Hofe, Briefe des Kardinals Kopp und des
Zentrumsabgeordneten Franz Arenberg »- Mittelmeerreise Wilhelms Il. im Mürz 1904
Professor Theodor Schiemann » Sehnaucht des Kaisers nach einer Begegnung mit dem
Prüsidenten Loubet » Rückreise über Karlsruhe » Eckardstein in Karlsruhe - Auto-
rennen in Homburg
eit Jahr und Tag hatte ich Marokko nicht aus den Augen verloren noch die
Möglichkeit, daß sich Frankreich und England durch ein Tauschgeschäft
zwischen diesem Lande und Ägypten immer näher aneinanderschließen
könnten. In Wien, während des Kaiserbesuchs, hatteich Gelegenheit gehabt,
in dieser Richtung Neues zu hören. Ich war von der Königin-Mutter Maria
Christine von Spanien empfangen worden, einer charaktervollen und einsich-
tigen Frau, deren Klugheit und würdiger Lebensführung es zu danken war,
wenn die spanische Dynastie den unglücklichen Ausgang des Spanisch-Ameri-
kanischen Krieges überstanden hatte. Sie erzählte mir vertraulich, daß
Frankreich seit längerem Spanien ein Schutz- und Trutzbündnis anbiete.
Spanien sei trotz starkem Drängen der Franzosen bisher nicht darauf ein-
gegangen. Gleichzeitig mit einer Allianz proponiere Frankreich eine Teilung
von Marokko auf der Basis, daß Frankreich den Norden, Spanien den Süden
erhalte. Die Königin gab der Vermutung Ausdruck, daß sich die Franzosen
unter Vermittlung des Königs Eduard der Zustimmung Englands zu diesem
Plan versichert hätten. Für Spanien komme es im wesentlichen nur darauf
an, daß es nicht ganz leer ausgehe, da dies bei den traditionellen spanischen
Ansprüchen auf Marokko und mit Rücksicht auf die geographische Lage
von Marokko den Sturz der spanischen Dynastie herbeiführen könne.
Nach meinem Wiedereintreffen in Berlin forderte ich den Botschafter in
London zu einer brieflichen Äußerung auf. Graf Metternich ging in seiner
Antwort von dem Artikel eines großen englischen Blattes aus, in dem aus-
geführt wurde, daß während des Burenkrieges die Haltung der deutschen
Regierung, insbesondere des Reichskanzlers und des Staatssekretärs des
1.
Marokko und
die Mächte
Berichte des
Grafen
Metternich