2 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven.
Erstes Kapitel.
Die neuen germanischen Reiche.
Das vandalische Reich in Afrika (439—533).
Die Vandalen gehörten zu dem großen suevischen Volksstamme und
saßen als Nachbarn der Burgunder um 100 n. Chr. an den Küsten des
nordöstlichen Germaniens, später in Schlesien und der Oberlausitz; sie
nahmen an dem Markomannenkriege Antheil und rückten im 4. Jahr-
hundert hinter den Burgundern an den Main vor, während ein Theil
von ihnen in Dacien unter gothischer Oberberrschaft wohnte. 406 brachen
sie unter ihrem König Godegistl mit andern barbarischen Völkern in
Gallien ein, zogen von Alanen und Sueven begleitet verheerend nach
Spanien, in dessen südwestlichem Theile sie sich unter Gundarich gegen
die Angriffe der Westgothen und Römer behaupteten. Als Gundarich
427 starb, tödtete sein Bruder Genserich dessen ganze Familie, setzte 429
von dem römischen Statthalter Bonifacius gerufen nach Afrika über
(Thl. 1 S. 401) und eroberte bis 439 die ganze Provinz Afrika von
den Säulen des Herkules bis zur großen Sprte.
Unter allen germanischen Stämmen zeigten sich die Vandalen als
der wildeste; die Vernichtung der Kunstschätze bei der Plünderung Roms,
wodurch sie sprüchwörtlich geworden sind (Vandalismus), müßte man
ihnen als Barbaren verzeihen, aber sie zerstörten selbst in Afrika, dem
Lande ihrer Eroberung, muthwillig ganze Städte oder die schönsten
Gebäude in denselben, verbrannten Getreidefelder und Obstgärten, mar-
terten die Geistlichen, um sie zur Angabe versteckter Kirchenschätze zu
zwingen, bepackten Männer und Weiber mit geraubtem Gute und trieben
sie wie Lastthiere vor sich her, schmetterten Kinder gegen Steine u. dgl.
Sie waren Artaner und wurden in ihrer Wuth gegen die katholischen
römischen Afrikaner durch die Donatisten und andere Sektirer bestärkt,
welche sich übrigens dadurch keineswegs selbst vor Beraubung und Miß-
handlung schützen konnten. Genserich war auch dadurch das Vordbild
der türkischen Eroberer, die sich später auf den afrikanischen Küsten fest-
setzten, daß er eine Seemacht schuf, mit der er die Küstenländer des
Mittelmeeres verheerte, die Balearen und einen Theil Siciliens eroberte
und sich auf Korsika und Sardinien festsetzte. Seinen Sohn Honerich
vermählte er mit einer Tochter des Westgothenkönigs Theodorich, schickte
dieselbe aber bald mit abgeschnittenen Ohren und Nase ihrem Vater
zurück, weil er sie in Verdacht hatte, sie habe ihn vergiften wollen.
Die Rache des Westgothen fürchtend, bewog er den Attila zu seinen
Zuge in das Abendland (Thl. 1. S. 401) und fand später Gelegenbeit,
Rom zu plündern (Thl. I. S. 403).