246 Anhang. Anlage Nr. 12.
Reichstages über die parallel gehende Frage von der Form der „Auf-
nahmeurkunden“, für welche schließlich auch die Ausfertigung einer
förmlichen Urkunde als notwendig anerkannt wurde, damit bei Akten
dieser Art formell und endgültig der Erwerb der staatsbürgerlichen Rechte
konstatiert werde.
Es knüpfen sich an die Erteilung der Staatsangehörigkeit so weit-
tragende Folgen für den rechtlichen status des Beteiligten, so zahlreiche
Begründungen von Rechtsverhältnissen im öffentlichen, Familien= und
Vermögensrecht, daß für den Erwerb wie für den Verlust die legis-
latorische Forderung überall hervortrat, durch einen Formalakt den Ein-
tritt des neuen status zu konstatieren und demgemäß durch das Gesetz
eine schriftliche Form, die zum Erlaß kompetente Behörde und den Zeit-
punkt des Eintritts definitiv zu bestimmen. Wenn in dem Reichsgesetz
diese Funktion der „oberen Verwaltungsbehörde“ übertragen ist, so läßt
sich nicht verkennen, daß bei der Ausübung derselben auch durch höhere
Behörden sich Irrtümer, Mißgriffe und Mißbräuche einschleichen können.
Zur Verhütung letzterer liegt es unzweifelhaft in den Befugnissen der
Aufsichtsbehörden, den untergeordneten Amtsstellen besondere Vorsichts-
maßregeln — die persönliche Vernehmung des Antragstellers, die be-
sondere Prüfung der Atteste usw. — zur Pflicht zu machen, auch wohl
nach Umständen die Aufnahme ganzer Kategorien lästiger Ausländer in
den Staatsverband zu untersagen, wie dies beispielsweise in Preußen
wiederholt, u. a. in der Zirkularverfügung des preußischen Ministers des
Innern vom 4. Mai 1853 (MBl. S. 118), geschehen ist. Einer anderen
Beurteilung dagegen unterliegt die Frage, ob wegen eines etwaigen
Irrtums oder Mißgriffs in der Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse
die Aufsichtsinstanz nachträglich zum Einschreiten befugt und zur Auf-
hebung einer einmal erteilten und gesetzmäßig zugestellten Naturali-
sationsakte noch für befugt zu erachten ist. Ist dies schon nach der vor-
stehend wiedergegebenen Wortfassung des Reichsgesetzes sehr zweifelhaft,
so erscheint es unzweifelhaft unzulässig nach dem Zweck und der demselben
entsprechenden ganzen Konstruktion des Gesetzes. Denn die Beurteilung
der konkreten tatsächlichen Voraussetzungen einer Naturalisation unter-
liegt nach Zeit, Ort, Person und Umständen so variablen Gesichtspunkten,
daß der rechtliche status aller naturalisierten Untertanen in einen völlig
unsicheren und prekären Zustand geraten würde, wenn auf ungemessene
Zeit hinaus durch eine nachträgliche Korrektur der Ausfsichtsbehörde die
Staatsangehörigkeit lästig gewordener Personen wieder aufgehoben
werden könnte. Die Folge wäre, daß dadurch eine Verwirrung in alle
inzwischen begründeten Rechtsverhältnisse des Beteiligten wie dritter
Personen gebracht werden würde. Eben diese unvermeidlichen Konse-
quenzen sind es, welche die Reichsgesetzgebung bestimmt haben, die