132 III. Teil. Verfassungsurkunde. Artikel 68.
Das Finanzgesetz, welches immer auf ein Jahr
gegeben wird, soll zuerst der 2ten Kammer vorgelegt
werden, welche darüber, nach einer vorherigen vertrau-
lichen Besprechung mit der ersten Kammer durch die
Ausschüsse,: ihre Beschlüsse zu fassen hat. Die Beschlüsse
der 2ten Kammer kann die erste nur im Ganzen an-
nehmen oder verwerfen.
Geschieht das Letztere, so wird das Finanzgesetz in
einer Versammlung der vereinigten beiden Kammern,
unter dem Vorsitze des Präsidenten der ersten, discutirt
und der Beschluß nach absoluter Stimmenmehrheit
gefaßt. «
Artikel 68.
Die Bewilligungen dürfen von keiner Kammer an
die Bedingung der Erfüllung bestimmter Desiderien
geknüpft werden.
Beide Kammern sind jedoch befugt, nicht nur eine
vollständige Uebersicht und Nachweisung der Staats-
„Den Ständen . . kann das Recht wohl nicht bestritten werden
auch für Gegenstände, zu welchen die Regierung keine Forderung
gemacht hat, eine Summe zu bewilligen.“) Uber die Verpflichtung
der Stände, die unbedingt notwendigen Einnahmen zu bewilligen,
vgl. LV. II. 1820, B. 2 H. 6 S. 26 ff. (besonders S. 32). Vgl.
auch bezüglich der budgetrechtlichen Bedeutung der Frage der sog.
festen Etats die Anmerkung 3 zu Art. 73 und oben S. 79.
1 Der Wortlaut „ein Jahr“ statt des früheren „3 Jahre“ be-
ruht auf dem zu Art. 64 alleg. Gesetze vom 27. Juni 1900.
2 Vgl. Gesetz v. 17. Juni 1874 Abschn. VII, besonders
Art. 26 Absk. 3.
s Vgl. z. B. L V. II. 1821, B. 1 H. 11 S. 102 f. — Bezüglich
der grundsätzlichen Bedeutung dieser Bestimmung s. oben S. 78f.
Vgl. auch die Bundesbeschlüsse, vom 28. Juni 1832 und die
anonym erschienene Broschüre „Uber den Bundestagsbeschluß vom
28. Juni 1832 in besonderer Beziehung auf das Großherzogthum“,
Darmstadt 1832, sowie Beobachter 1833 S. 226.