V. Von den Kirchen und anderen Anstalten. 55
Organ der katholischen Kirche in Hessen; ihm zur Seite
steht als geistlicher Beirat, zugleich mit dem Rechte
der Bischofswahl, das aus einer Anzahl geistlicher
Würdenträger bestehende Domkapitel; als oberste geist-
liche Verwaltungsbehörde dient dem Bischof das bischöf-
liche Ordinariat; als Organe der Bezirksverwaltung
und der Lokalverwaltung der Kirche funktionieren die
Dekane, bezw. die Pfarrer und die Kirchenvorstände.
Der Landesbischof leitet seine Befugnisse weder vom
Staate noch vom Landesherrn, sondern von der Kirche
ab; jedoch steht der Staatsregierung ein Mitwirkungs-
recht bei der Besetzung des bischöflichen Stuhles zu;
dasselbe besteht darin, daß dem Großherzog zum Zwecke
der Erhebung eines etwaigen Einspruches vor Vor-
nahme der Bischofswahl ein Verzeichnis der zum Bischof
geeigneten Personen vorzulegen ist.
0) Das Verhältnis der Altkatholiken zum Staat
und zur katholischen Kirche entbehrt einer klaren Rege-
lung. Die Altkatholiken werden auf der einen Seite
als Mitglieder der katholischen Kirche betrachtet, inso-
ferne als nämlich durch Großherzogliche Entschließung
vom 15. Dezember 18731 der von ihnen damals zum
Bischof gewählte Dr. Reinkens ausdrücklich als „katho-
lischer Bischof“ der Altkatholiken anerkannt wurde;
auf der anderen Seite aber werden sie als besondere
Religionsgenossenschaft behandelt; insbesondere wird
ihnen beispielsweise der volle Schutz zugesichert, der im
1 Vgl. Schmidt a. a. O. S. 76.
* Vgl. auch ME. vom 23. Dezember 1873, betr. die Landes-
herrliche Anerkennung des Bischofs Dr. Josef Hubert Reinkens
als katholischen Bischof, welche die näheren Folgen dieser An-
erkennung bestimmt; Schmid a. a. O. S. 76.