76 II. Teil. Die Grundlagen des hess. Verfassungsrechis.
sehen, grundsätzlich gleichwertig. Die angedeutete Aus-
nahme besteht darin, daß — während die Regierungspro-
positionen im allgemeinen beliebig einer oder der anderen
der beiden Kammern zuerst oder auch beiden gleichzeitig
vorgelegt werden können — der Finanzgesetzentwurf
stets bei der II. Kammer einzubringen ist, welche dar-
über, nach einer vorherigen vertraulichen Besprechung
mit der I. Kammer durch die Ausschüsse, ihre Beschlüsse
zu fassen hat; auch ist die verfassungsmäßige Mitwirkung
der I. Kammer bezüglich des Erlasses des Finanzgesetzes
des weiteren insofern beschränkt, als sie die Beschlüsse
der II. Kammer nur im ganzen annehmen oder ver-
werfen, nicht aber — wie bei sonstigen Vorlagen —
auch im einzelnen modifizieren kann. (Art. 89, 67 Abs.2.)
2. Die budgetrechtlichen Befugnisse der
Landstände.
a) Das hessische Budgetrecht hat seine geschichtliche
Wurzel in dem Steuerbewilligungsrecht der vorkonstitu-
tionellen Landstände. Ahnlich wie in Bayern, Württem-
berg und Baden, deren Verfassungsurkunden die
hessische Verfassung in dieser Richtung unverkennbar
stark beeinflußt haben, beruht auch nach der hessischen Ver-
fassung das Schwergewicht der Mitwirkung der Stände
bei der Feststellung des Staatshaushaltsetats auf dem
den alten Ständen einst unbestritten zustehenden Rechte
der Steuerbewilligung. Das „Finanzgesetz“, welches
nach Art. 67 HV. der Volksvertretung vorgelegt werden
soll, ist sowohl seinem historischen Ursprung wie auch
seinem heutigen Inhalte nach im wesentlichen ein Auf-
lagengesetz, d. h. eine Vorschrift über die zu erhebenden
Steuern, während das eigentliche Staatsbudget
nicht als eine selbständige Vorlage, sondern nur als eine