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innerhalb vier Wochen nach diesem Termine eingereicht werden. Daß dies der Sinn der Vorschrift
ist, ergiebt sich unzweifelhaft aus §. 47, wonach die Gegenerklärung des Appellaten innerhalb vier
Wochen einzureichen ist, also eingereicht werden muß, da der Appellat doch offenbar nicht schlechter
gestellt werden sollte, als der Appellant. Ganz abgesehen davon, liegt aber schon in der Bestimmung
der Präklusiofrist an sich, daß innerhalb derselben die Rechtfertigung der Verufung eingereicht werden
muß, nach Ablauf derselben also nicht mehr eingereicht werden kann.
Hat nun die Versäumung der Präklusiofrist nicht die Folge, daß das Rechtsmittel desert wird,
und muß dieselbe doch irgend eine rechtliche Bedeutung haben, so kann diese Bedeutung nur
darin gesunden werden, daß nach Ablauf der Frist die Berufung nicht mehr durch Anführung neuer
Thatsachen oder Beweise, welche innerhalb der Frist geltend gemacht werden konnten, aber nicht
geltend gemacht worden sind, gerechtfertigt werden darf. Unmöglich läßt sich annehmen, daß der
Gesetzgeber eine solche Präklusivfrist angeordnet hat, nicht um an die Versäumung präjudizielle,
materielle Wirkungen zu knüpsen, sondern nur wegen des Geschäftsganges, damit vielleicht die Akten
nicht zu lange bei dem Gerichte erster Instanz liegen bleiben oder damit wenigstens der Regel nach
überhaupt Schriftsätze bei den Akten sind, wenn solche dem Verufungsrichter eingereicht werden.
Die gegentheilige Ansicht würde aber noch zu anderen Konsequenzen führen, welche das Gesetz
nicht gewollt haben kann.
Die 8§. 46 ff. ergeben unzweideutig, daß die Instruktion des Rechtsmittels bei dem Gerichte
erster Instanz und zwar durch Szeist und Gegenschrift erfolgen soll. Wollte man nur annehmen,
daß die Berufung auch noch nach Ablauf der Präklusivfrist durch Anführung neuer Thatsachen oder
Beweise gerechtfertigt merden könnte, so würde die Instruktion des Rechtsmittels in die zweite
Instanz, und zwar, da in letzterer ein Schriftwechsel nicht stattsindet, in die mündliche Verhand-
lung derselben verlegt werden. Das Resultat würde alsdann dies sein, daß Appellant in allen
Fällen die Einreichung einer Verufungsrechtfertigung in erster Instanz unterlassen und erst in der
mündlichen Verhandlung zweiter Instanz das Rechtsmittel durch Anführung neuer Thatsachen und
Beweise rechtfertigen dürste, daß alsdann, da Appellat auf diese Anführungen nicht vorbereitet sein
kann, stets ein neuer Audienztermin zur Beantwortung der Verufung anberaumt werden müßte,
und im günstigsten Falle dann erst erkannt werden könnte. Dieses Resultat läuft aber entschieden
gegen das Gesetz. Denn nach den §§. 48 bis 50 soll das Bundesamt das Rechtsmittel nicht
instruiren, sondern nach Einreichung der Akten soll die Entscheidung des Bundesamtes in münd-
licher Verhandlung, nach Befinden nach vorgänbiger Beweisaufnahme, erfolgen.
Was von dem Falle gilt, wenn innerhalb der Präklusivfrist keine Rechtfertigung eingereicht
ist, muß selbstredend auch von dem Falle gelten, wenn innerhalb der Frist nur eine unvollständige
RNechtfertigung eingereicht ist, denn soweit letztere unvollständig ist, liegt eben keine Rechtfertigung
innerhalb der Frist vor. Ebenso ist es selbstverständlich, daß vom Appellaten dasselbe, wie vom
Appellanten gelten muß.
Aus Vorslehendem ergiebt sich, daß beide Theile nach Ablauf der gesetzlichen Fristen neue
Thatsachen oder Beweise zur Rechtfertigung oder Beantwortung der Berufung, welche sie schon
innerhalb der Frist anführen konnten, nicht mehr anführen dürfen.
Daß diese Beschränkung auf Nova nicht auszudehnen ist, welche nur in einer Erwiderung ai
rechtzeitig vorgebrachte Nova des Gegners bestehen, oder welche erst nach Ablauf der Frist erweisli
zur Kenntniß der betreffenden Partei gelangt find, versteht sich von selbst. «
5.Post-Wefen.
Behandlung der mit dem Vermerk „Sofort zum Protest“ versehenen Postmandate.
Nach S 21, XIV. des Postreglements soll bei Postmandaten der Vermerk „Sofort an N. in N.“, welcher den
Zweck hat, bei Wechseln die rechtzeitige Aufnahme des Wechselprotestes zu ermöglichen, die volle Adresse des-
jenigen Gerichtsvollziehers oder Notars 2c. angeben, an den das Mandat nach einmaliger vergeblicher Vor-
zeigung weiter gesandt werden soll. Da den Absendern die Namen der an dem Wohnort des Wechselschuldners
zur Protestaufnahme befugten Personen nicht immer bekannt sind, so sollen, versuchsweise und mit Vorbehalt
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