Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Erster Jahrgang. 1873. (1)

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innerhalb vier Wochen nach diesem Termine eingereicht werden. Daß dies der Sinn der Vorschrift 
ist, ergiebt sich unzweifelhaft aus §. 47, wonach die Gegenerklärung des Appellaten innerhalb vier 
Wochen einzureichen ist, also eingereicht werden muß, da der Appellat doch offenbar nicht schlechter 
gestellt werden sollte, als der Appellant. Ganz abgesehen davon, liegt aber schon in der Bestimmung 
der Präklusiofrist an sich, daß innerhalb derselben die Rechtfertigung der Verufung eingereicht werden 
muß, nach Ablauf derselben also nicht mehr eingereicht werden kann. 
Hat nun die Versäumung der Präklusiofrist nicht die Folge, daß das Rechtsmittel desert wird, 
und muß dieselbe doch irgend eine rechtliche Bedeutung haben, so kann diese Bedeutung nur 
darin gesunden werden, daß nach Ablauf der Frist die Berufung nicht mehr durch Anführung neuer 
Thatsachen oder Beweise, welche innerhalb der Frist geltend gemacht werden konnten, aber nicht 
geltend gemacht worden sind, gerechtfertigt werden darf. Unmöglich läßt sich annehmen, daß der 
Gesetzgeber eine solche Präklusivfrist angeordnet hat, nicht um an die Versäumung präjudizielle, 
materielle Wirkungen zu knüpsen, sondern nur wegen des Geschäftsganges, damit vielleicht die Akten 
nicht zu lange bei dem Gerichte erster Instanz liegen bleiben oder damit wenigstens der Regel nach 
überhaupt Schriftsätze bei den Akten sind, wenn solche dem Verufungsrichter eingereicht werden. 
Die gegentheilige Ansicht würde aber noch zu anderen Konsequenzen führen, welche das Gesetz 
nicht gewollt haben kann. 
Die 8§. 46 ff. ergeben unzweideutig, daß die Instruktion des Rechtsmittels bei dem Gerichte 
erster Instanz und zwar durch Szeist und Gegenschrift erfolgen soll. Wollte man nur annehmen, 
daß die Berufung auch noch nach Ablauf der Präklusivfrist durch Anführung neuer Thatsachen oder 
Beweise gerechtfertigt merden könnte, so würde die Instruktion des Rechtsmittels in die zweite 
Instanz, und zwar, da in letzterer ein Schriftwechsel nicht stattsindet, in die mündliche Verhand- 
lung derselben verlegt werden. Das Resultat würde alsdann dies sein, daß Appellant in allen 
Fällen die Einreichung einer Verufungsrechtfertigung in erster Instanz unterlassen und erst in der 
mündlichen Verhandlung zweiter Instanz das Rechtsmittel durch Anführung neuer Thatsachen und 
Beweise rechtfertigen dürste, daß alsdann, da Appellat auf diese Anführungen nicht vorbereitet sein 
kann, stets ein neuer Audienztermin zur Beantwortung der Verufung anberaumt werden müßte, 
und im günstigsten Falle dann erst erkannt werden könnte. Dieses Resultat läuft aber entschieden 
gegen das Gesetz. Denn nach den §§. 48 bis 50 soll das Bundesamt das Rechtsmittel nicht 
instruiren, sondern nach Einreichung der Akten soll die Entscheidung des Bundesamtes in münd- 
licher Verhandlung, nach Befinden nach vorgänbiger Beweisaufnahme, erfolgen. 
Was von dem Falle gilt, wenn innerhalb der Präklusivfrist keine Rechtfertigung eingereicht 
ist, muß selbstredend auch von dem Falle gelten, wenn innerhalb der Frist nur eine unvollständige 
RNechtfertigung eingereicht ist, denn soweit letztere unvollständig ist, liegt eben keine Rechtfertigung 
innerhalb der Frist vor. Ebenso ist es selbstverständlich, daß vom Appellaten dasselbe, wie vom 
Appellanten gelten muß. 
Aus Vorslehendem ergiebt sich, daß beide Theile nach Ablauf der gesetzlichen Fristen neue 
Thatsachen oder Beweise zur Rechtfertigung oder Beantwortung der Berufung, welche sie schon 
innerhalb der Frist anführen konnten, nicht mehr anführen dürfen. 
Daß diese Beschränkung auf Nova nicht auszudehnen ist, welche nur in einer Erwiderung ai 
rechtzeitig vorgebrachte Nova des Gegners bestehen, oder welche erst nach Ablauf der Frist erweisli 
zur Kenntniß der betreffenden Partei gelangt find, versteht sich von selbst. « 
5.Post-Wefen. 
Behandlung der mit dem Vermerk „Sofort zum Protest“ versehenen Postmandate. 
Nach S 21, XIV. des Postreglements soll bei Postmandaten der Vermerk „Sofort an N. in N.“, welcher den 
Zweck hat, bei Wechseln die rechtzeitige Aufnahme des Wechselprotestes zu ermöglichen, die volle Adresse des- 
jenigen Gerichtsvollziehers oder Notars 2c. angeben, an den das Mandat nach einmaliger vergeblicher Vor- 
zeigung weiter gesandt werden soll. Da den Absendern die Namen der an dem Wohnort des Wechselschuldners 
zur Protestaufnahme befugten Personen nicht immer bekannt sind, so sollen, versuchsweise und mit Vorbehalt 
14°
	        
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