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Denn die Stadt habe die steinerne Brlicke erbaut und erhalten, auch für das Seil stets gesorgt; die Flößer
aber hätten seitdem unweigerlich den Zoll bezahlt.
Offenbar bilde letzterer die Gegenlelstung der Floßleute für jene Prästationen der Stadt, namentlich
auch für präsumtive Beschädigungen der Brücke durch die Flößerei; jedenfalls sei er die Widerlage für das
aufgegebene Pfändungsrecht und für die nun weggefallene Pflicht der Flößer zum Ersatz von Beschädi-
gungen. — Das Erhebungsrecht der Klägerin beruhe also in der That auf einem onerosen Vertrage, wie denn
auch die älteren Kämmereirechnungen der Stadt verschiedene Ausgaben für das Seil, Wächterlohn für das
Erwarten der Flöße (um sie zu konfisziren) rc. nachwiesen.
Die Urkunde von 1561 ist nur in einer angeblich alten Abschrift vorhanden und in Kopie vorgelegt.
Angeblich hat sich das Orlginal bis 1852 im Stadtarchiv besunden, ist damals der Herzoglichen Regierung
eingesendet und seitdem verschwunden, nicht ohne vorher zuverlässig kopirt zu sein. Der wesentliche Inhalt der
Kopie ist dieser:
Der Herzog beurkundet, es sei ihm von dem Nath zu Kahla eine „Befreiung“ (Privileg) von 1369,
enthaltend jenes Pfändungsrecht, vorgelegt; seither seien bisweilen Flöße mit Noth und Gefahr an der Brücke
bestanden, die Bürgerschaft habe das Aufhalten (Konfisziren) geübt und daraus sei Unrath und Beschädigung
zwischen ihr und den Floßleuten erwachsen. Deshalb und weil die Stadt im Fürhaben sei, die Holz-
brücke abzuthun und eine steinerne zu erbauen, habe sie den Herzog gebeten, der Stadt „gegen (anstatt)
solcher Befreiung des Aufhaltens auf jedes wurögehende Floß einen namhaften Zoll zu seen.“ Nach
geschehener Erkundigung und vielfach gepflogener Unterhandlung einiger der Unfren (herzoglichen Kommissare)
habe er befunden, daß den Floßleuten ein leidlicher Geldzoll fast träglicher als das Aufhalten,
„in welcher Handlung es umsomehr dahin gerichtet, daß die Floßleute, außer= und innerhalb
Landes gesessen, für sich und ihre Nachkommen gewllliget, für jedes Floß, es berühre die
Kahlaer Brücke oder nicht, bleibe liegen oder gehe durch, dem Nath von wegen der
Brücken und Hospital daselbst jedesmal besondere zween Groschen zu entrichten.“
Demnach habe er des Naths Bitte gnädiglich angesehen, auch der Stadt jenen „Brückenzoll von
jedem Floß, es möge durchgehen, an der Kucke belelen (bleiben) oder nicht, zween Groschen einzunehmen
und zu dem Brückenbau und Oospitals linterhaltung "4 gebrauchen, anstatt obgemeldeten Aufhaltens und
Pfändens, welches gänzlich abgethan sein soll, gnädiglich bewilligt."
· „Es soll auch, heißt es nach voraufgegangenen Straffestsetzungen weiter, der Rath auf seine Kosten
jeder Zer bei „Floßwasser ein Seil an der Brücken halten, damit sich die Floßleute leichter in den Eispforten
retten können.
Nachdem sodann bestimmt worden, die Aemter sollten die nächst-ankommenden Floßleute „von dieser
Befreiung“ unterrichten und sich danach zu richten sie anweisen, schließt die Urkunde:
„Privilegiren, befreien und bewilligen demnach unsrer Stadt Kahla von wegen der Brücken
und Hospitals gemeldeten Zoll hlermit und in Kraft dieses Briefs, sich dessen hinfüro und zu
ewigen Zeiten anstatt des Hemmens und Pfändens zu halten.“ 2c.
Der Beklagte, welcher die jetzge, resp. frühere Existenz der beiden Urkunden von 1369 und 1561,
sowie des Pfändungs= und Zollrechts bestritt, fand in dem Brief von 1561, wenn etwas darauf ankommen
sollte, Nichts von einem Vertrage, sondern eins der nicht seltenen Zollprivileglen. Schon die Vermuthung
streite gegen die Entstehung eines Zollrechts durch Vertrag mit den Pflichtigen; hier sollten die kontrahirenden
Zollpflichtigen „Floßleute“ sein; es fehle also an bestimmten Personen. Die Urkunde zeige nur, daß die
landesherrlichen Kommissare bel den Flößern Information eingezogen und deren Bereitschaft zur Zoll=
erlegung dem Herzog berichtet hätten; von einem Vertrage mit der Stadt bestehe nirgends eine Andeutung.
Der einfache Hergang sei wohl der gewesen:
Die häufigen Inkonvenienzen mit den Flößern hätten das Festhalten des alten Privilegs unräthlich
gemacht; bei dem Beschluß, eine Steinbrücke zu bauen, sei auch die Fortdauer seiner Einträglichkeit nicht zu
erwarten gewesen; deshalb habe die Stadt den Herzog gebeten, das alte Privileg in einen Geldzoll umzu-
wandeln. Und dies sei im Interesse des Baues und der Erhaltung einer steinernen Brücke und des
städtischen Hospitals geschehen. Von einer Gegenleistung sei keine Rede. Namentlich für die Flößerei sei eine
Brücke kein Vortheil, sondern ein Hinderniß; und Nichts spreche dafür, daß mit dem Zoll das Recht auf Ersatz
künftiger Beschädigungen etwa abgekauft sei. Sonach fehle es überall an einem lästigen Erwerbstitel.
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