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wenden. Dles Privileg führte zu häufigen Konflikten mit den Flössern; auch beabsichtigte die Stadt, an Stelle
der Holzbrücke elne steinerne zu erbauen; nach dem Eingehen der Holzbrücke würde selbstoerständlich das Privileg
minder einträglich gewesen sein. Aus diesen Gründen erbat die Stadt von dem Landesherrn die Umwandlung
des Konfiskationsrechts in einen festen Floß-Geldzoll, um von dessen Ertrage die Brücke zu bauen und zu er-
halten. Der Landesherr bewilligte diese Bitte; er gestaltete also das Privileg um. Wie die Stadt vordem
„befreit“ war, mit den Naturalleistungen der Flösser, nämlich mit ihrem konfiszirten Floßholz die Brücke zu
erhalten, so ward sie nun privilegirt, von dem Geldzoll der Flösser die Brücke herzurichten und zu repariren.
Dem Kerne nach wurde also das Prioileg der Stadt nicht genommen, sondern erhalten und nur im Interesse
der Stadt den neueren Bedürfnissen entsprechend umgewandelt. Sowohl dem Ursprung als dem Zwecke
nach war mithin die Privilegirung mit dem Floßzoll eine liberale Zuwendung; nirgends ward ein Anrecht
der Zollpflichtigen auf Errichtung oder Erhaltung der Brücke oder des Seils konslituirt; vielmehr wurde der
Brückenbau der Klägerin erlaubt, die Seilhaltung im polizeilichen Interesse vorgeschrieben, und solchergestalt
bildeten diese Leistungen rücksichtlich des Verleihers eine der Zuwendung im Interesse der Klägerin hinzugefügte
beschränkende Auflage (modus).
Wird diese Auffassung von dem Inhalt der Urkunde von 1561 festgehalten — und dies muß für die
piihtsgkasista geschehen —, so zeigt sich, daß die Nichtigkeitsbeschwerde fehlgeht, wenn sie ihr den Satz ent-
gegenstellt:
selbst das Aufgeben eines Privilegs zur Erlangung eines andern sei Entgelt. — Denn war
der Inhalt des alten Privilegs, wie die Nichtigkeitsbeschwerde selbst hervorhebt, wesentlich der, auf
Kosten Anderer eine Brücke zu haben und zu halten, so hat eben deshalb der Appell-Richter,
wie gezeigt, angenommen, daß dies Wesentliche des Privilegs 1561 revera nicht aufgehoben, sondern
nur betreffs der fremden Mittel reformirt sei. Er hat also weder den rechtlichen Charakter der
alten Prioilegirung von 1369 verkannt, noch jenen Satz anwenden können. Fügt aber die Nichtig-
keitsbeschwerde, um die Onerosität des Titels von 1561 zu konstruiren, hinzu,
die Stadt sei zur Herstellung einer Steinbrücke verpflichtet worden; von dieser Vorleistung sei
die Zollpflicht der Flösser rechtlich bedingt gewesen; und für die Onerosität sei gleichgültig, daß
Rücksichten auf das eigene Interesse der Klägerin bestimmend gewesen,
so wendete sie sich in für die Nichtigkeitsbeschwerde unzulässiger Weise gegen die Feststellung des Appell-
Nichters. daß der Brückenbau der Klägerin nicht als vertragsmäßige Gegenleistung zur Pflicht gemacht ist, und
sie verkennt rechtlich, daß die einer liberalen Zuwen dung im Interesse des Bedachten beigefügte Auflage über
186, Verwendung der Zuwendung den Charakter der Liberalität nicht entzieht, sondern nur ihren Genuß
eschränkt.
Verglelche Windscheid, Pandekten, 3. Aufl. I. S. 249—251. Arndt's Pandekten, 6. Aufl. S. 98.
Savigny, System 1II.. 230. Feoerster, Theorie 2c., 2. Aufl. S. 176. (Preuß. Allgem. Land-
Recht §§. 152 ff., Th. 1. Tit. 4; Heydemann, Einleitung r2c. 1. S. 189.)
Endlich ist auch die Behauptung ungutreffend,
ein oneroses Rechtsgeschäft sei ein solches, bel welchem die Partei nicht nur Vortheile erlange,
sondern auch Opfer bringe.
Ein Bedachter, welcher Unkosten aufwendet, um einer liberalen Vermögenszuwendung gehörig genußhaft
zu werden, „bringt Opfer,“ verwandelt aber dadurch seinen Erwerbstitel nicht in einen „lästigen.“ Onerosität
erfordert eine Gegenleistung, d. h. eine auf Grund desselben Rechtsgeschästs, welches den Erwerb des Einen
begründet, dem Gegner, oder einem von ihm bestimmten Dritten als Widerlage gebührende Prästation. Daß
eine solche Widerlage, die allerdings auch in dem Aufgeben eines Rechts bestehen kann, durch die Verleihung
von 1561 der Klägerin nicht aufgelegt und von ihr nicht prästlrt ist, hat, wie dargelegt, das Appellationsurtheil
aus der Urkunde entnommen.
Es erglebt sich, daß dem Appell-Nichter für die Anwendung des angeblichen, eben erwähnten
Rechtssatzes, sowie der vermeintlichen beiden andern:
dle Klagbarkeit oder ein selbstständiges Recht des Gegners auf das Opfer ist für den Begriff
der Onerosität nicht wesentlich;
die Qualität des Motivs ist nicht maßgebend,