Anspruch genommen wird, ehe der Verfasser das
Universalinstrument und seine Fehlertheorie sowie die
einzelnen Methoden zur Bestimmung der Zeit, der
geographischen Breite und Länge behandelt. Daß
von den Reflexionsinstrumenten in dem Buch ganz
abgesehen ist, mag hier besonders anerkennend hervor-
gehoben sein, denn tatsächlich ist das Universalmstru-
ment, namentlich in der kompendiösen Form, in welcher
es die moderne Mechanikerkunst zu gestalten ver-
standen hat, das einzige auf wissenschaftlichen Reisen
für alle Fälle brauchbare Beobachtungsinstrument,
gegenüber dem Sextanten, Prismenkreise 2c. unbedingt
zurücktreten müssen. So bildet das vorliegende Werk
in seinem wohlüberlegten, systematischen Aufbau, in
dem überall hervortretenden Streben nach möglichster
Klarheit des Ausdruckes und des Ideenganges ein
Lehrbuch, von dem man sagen darf, daß es geeignet
ist, nicht nur in die Disziplin der astronomisch-
geographischen Ortsbestimmungen, sondern auch in
das Studium irgend eines anderen exakten Wissen-
schaftszweiges, welcher auf mathematischer Grundlage
beruht, einzuführen. Immerhin haben zahlreiche
Erfahrungen seit dem Bestehen der deutschen Kolontal-
geschichte es praktisch erwiesen, daß für die Gewinnung
zuverlässiger und für das praktische Bedürfnis kolonialer
Kartographie vollkommen ausreichender Breiten= und
Zeitbestimmungen — von Längenbestimmungen ab-
gesehen — auch noch ein anderer Weg gangbar ist,
wenn es sich darum handelt, mathematisch nicht be-
sonders veranlagten Forschungsreisenden oder solchen,
denen es beim besten Willen infolge des Mangels
an genügender Vorbereitungszeit nicht möglich ist,
sich im Sinne des in Rede stehenden Lehrbuches die
mathematischen Grundlagen anzueignen, in ihren Be-
strebungen, trotzdem der Kartographie der Schutz-
gebiete zu dienen, förderlich zu sein. Auf dem Wege
der mehr oder weniger von theoretischen Erörterungen
absehenden praktischen Einübung im Gebrauch des
Reisetheodoliten durch Fachleute, welchen allerdings
eine hervorragende Befähigung für diesen nicht leichten,
eigenartigen Lehrberuf zur Seite stand, sind im Laufe
des letzten Jahrzehntes auf diesem Gebiete recht an-
nehmbare Erfolge erzielt worden, welche für die
koloniale Kartographie von unschätzbarem Nutzen ge-
worden sind. Wir erinnern nur an die Tatsache,
daß die Breite der Station Langenburg am Nyassasee
von einem um die Kartographie unserer afrikanischen
Kolonien hochverdienten Offizier, Hauptmann Ramsay,
welcher ursprünglich nur diese kurze Schulung in
bezug auf astronomische Ortsbestimmungen genossen
hatte, bis auf die Bogensekunde genau übereinstimmend
beobachtet wurde, wie sie später durch einen astrono-
mischen Fachmann mit viel besseren Hilfsmitteln er-
mittelt worden ist. Daß auch andere Nationen diesen
Weg nicht für verfehlt erachten, zeigt die Geschichte
der englischen Asienforschung in Gestalt der erfolg-
reichen Verwendung indischer Punditen für die Fest-
stellung der geographischen Lage von europälischen
Forschern unzugänglichen Orten Innerasiens. In
162
vielen Fällen werden freilich derartig ausgebildete
Reisende nicht in der Lage sein, ihre Beobachtungen
zu ihrer eigenen Kontrolle selbst berechnen zu können.
Dieser Mangel, so fühlbar er unter Umständen
werden kann, darf jedoch nicht dazu führen, daß das
Bessere des Guten Feind wird, und wird nicht ver-
hindern anzuerkennen, daß auch in diesem Fall ver-
schiedene Wege nach Rom führen. Je geebneter
durch Erfassung der mathematischen Grundlagen dieser
Weg ist, desto besser für den Reisenden, aber unter
besonderen Verhältnissen wird es auch „so“ gehen.
Daß unter Umständen auch einem vielleicht durch
klimatische Einflüsse hart mitgenommenen Fachastro-
nomen in bezug auf astronomische Breitenbestimmungen
ein wundersamer Lapsus unterlausen kann, bezeugt
der Fall von Dikoa in Adamaua, dessen durch Eduard
Vogel 1855 bestimmte Lage um volle sechs Bogen-
minuten von der neuerdings in einwandfreier Weise
ermittelten Breite abweicht.
Im Auswärtigen Amt ist soeben das neue dies-
jährige Verzeichnis der Kaiserlich Deutschen
Konsulate bearbeitet worden, aus welchem sich die
zahlreichen Neubesetzungen der Konsulatsstellen, wie
sie die ausgedehnte Vertretung unserer Interessen im
Auslande bewirkt, ergeben. Das Verzeichnis ist von
der Königlichen Hofbuchhandlung von E. S. Mittler
& Sohn in Berlin für Mk. 1,25 zu beziehen. Gleich-
zeitig erschien ebenda und in derselben Weise redigiert
ein Verzeichnis der Konsuln des Auslandes im
Deutschen Reich (Preis 80 Pf..
Prof. Dr. Dietrich Schäfer: Kolonialgeschichte.
80 Pf. J. G. Göschensche Buchhandlung, Leipzig.
Was Kolonisationstätigkeit bedeutet, wie sie
durchzuführen ist, zu welchen Ergebnissen sie führen
kann und soll, das kann nicht richtig beurteilt wer-
den ohne einen Blick in die Geschichte. Einen solchen
sucht dieses Büchlein zu tun. Es kann gegenüber
der ungeheuren Fülle des Stoffes nur andeuten;
aber es zeigt trotzdem die Wege, die zu Größe und
Niedergang der Völker geführt haben, und gibt da-
mit einen Fingerzeig für die Beurteilung der Gegen-
wart und insbesondere für die Aufgaben, die unserem
Volke gestellt sind, wenn es bestehen will.
Dr. W. Kundt: Brasilien und seine Bedeutung für
Deutschlands Handel und Industrie. Mk. 2,50.
F. Siemenroth, Berlin.
Das Buch gibt auf gedrängtem Raume ein
anschauliches Bud Brasiliens sowie der sozialen und
politischen Verhältnisse daselbst. Der Verfasser, der
Brasilien im vergangenen Jahre bereist hat, bespricht
ferner die Art und Weise, wie sich die Warenein-
und -zausfuhr vollzieht, macht Preisangaben für alle
wichtigen Bedarfsgegenstände und gibt Vorschläge,
um unseren Warenexport nach Brasilien zu heben
und unseren Handelsverkehr mit diesem von der